Die Linksfraktion setzt für die Haushaltsdebatte einen Schwerpunkt beim ÖPNV. Der Etat soll drei kurz- bis langfristige Maßnahmenpakete ermöglichen, die alle Menschen im Freistaat mobil machen. Der mobilitätspolitische Sprecher Marco Böhme erklärt zum Forderungspapier:
„Nur etwa die Hälfte der Sächsinnen und Sachsen sind an ein ÖPNV-System angebunden. Vielerorts existieren außer dem Schulbus keine öffentlichen Verkehrsmittel. Die Landesregierung wälzt die Verantwortung auf die Verkehrsverbünde ab, die mehr oder weniger nur den Mangel verwalten können. Wir wollen den Haushalt nutzen, um den ÖPNV gezielt auszubauen. Das soll eine kommunale Pflichtaufgabe werden, die der Freistaat auskömmlich finanziert.
In jeder Gemeinde mit mehr als 800 Einwohnerinnen und Einwohnern sollen Busse im 2-Stundentakt, ab 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern im 1-Stundentakt und ab 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Halbstundentakt fahren, auch als Zubringer zum Bahnverkehr. Wenn wir das Ziel erreichen wollen, dass mehr Menschen regelmäßig den ÖPNV nutzen, sind massive Investitionen in die Infrastruktur nötig – schon jetzt sind aber gerade in den Großstädten und im Berufsverkehr die Fahrzeuge oft zu voll. Helfen sollen gezielte Zusatzinvestitionen in alle ÖPNV-Zugänge sowie in moderne, emissionsarme und barrierefreie Fahrzeugflotten. Auch schlagen wir ein Modellprojekt zur Nutzung von Wasserstoffbussen im Großstadtbetrieb vor.
Mittelfristig sollen alle Kinder und Jugendlichen unter 27 Jahren in Sachsen entgeltfrei öffentliche Verkehrsmittel nutzen können. Bis dahin sollte das geplante Bildungsticket der Koalition komplett vom Freistaat finanziert werden. Zielvereinbarungen mit den Kammern sollen auch Auszubildenden (in Vollzeit) den Kauf eines sachsenweit gültigen und günstigen Tickets ermöglichen, unabhängig vom Alter. In Thüringen startet das Azubiticket am 1. Oktober.
Um das Tarif-Dickicht zu lichten, vor allem an den Grenzen der Verkehrsverbünde, schlagen wir eine Dachgesellschaft vor, die Tarifstrukturen harmonisiert. Mittelfristig wollen wir einen Tarifverbund für ganz Sachsen, in dem einheitliche Ticketpreise und -konditionen gelten und der langfristig in Kooperation mit Sachsen-Anhalt und Thüringen ausgedehnt wird.
Damit Mobilität für alle bezahlbar ist, sollte ein Tarifmoratorium gelten. Kommunen, die Sozialtickets finanzieren, sollten vom Freistaat gefördert werden. Zudem streben wir zudem ein Modellprojekt „Entgeltfreier ÖPNV“ in einem Mittelzentrum an. Dort soll ein solidarisches Finanzierungskonzept schrittweise umgesetzt werden und in einen Bürgerentscheid münden.
Außerdem soll ein ÖPNV-Beteiligungsgesetz, das wir nach der Sommerpause vorlegen werden, aufsuchende Beteiligungsverfahren festschreiben, kommunale Beteiligungskonzepte für die ÖPNV-Planung ermöglichen und Fahrgastbeiräte unterstützen. Dazu gehört auch die Stärkung der Fahrgastrechte, z. B. die Festlegung von Entschädigungen im Nahverkehr und die Einführung einer Schlichtungsstelle. Die Bedürfnisse und Erfahrungen der Bürgerinnen und Bürger sollen in die Ausgestaltung des ÖPNV einfließen. Denn die Gefahr ist groß, dass in Zeiten voller Kassen die Investitionen an den Bedürfnissen der eigentlichen Zielgruppe vorbeigehen.
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