Günstiger, verlässlicher und barrierefreier ÖPNV für alle – auf dem Land und in der Stadt

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Heute debattierte der Landtag über einen Antrag der AfD-Fraktion, der eine kostenlose ÖPNV-Nutzung für Schüler*innen und Senior*innen in Sachsen fordert (Drucksache 6/13769). In meiner Rede begründe ich, warum das Ziel eines kostengrünstigen ÖPNV für alle zwar richtig ist, die AfD mit ihrem Antrag aber nichts dafür tut, dass dies auch wirklich umgesetzt werden kann:

Marco Böhme, DIE LINKE:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um es vorwegzunehmen: Auch wir wollen, dass der ÖPNV in Sachsen günstiger wird. Unsere Kommunalfraktionen haben beispielsweise in Leipzig und Dresden Sozialtickets durchgesetzt, die es bereits seit einigen Jahren gibt. In Chemnitz sind wir ebenso dabei, dies zu erreichen. Ich hoffe, dass diesbezüglich auch die SPD etwas mit bewegt, aber ich bin zuversichtlich.

Sie sehen, da ich es gerade anspreche: Die Preisgestaltung des ÖPNV ist ein kommunales Thema, und die Preise machen die kommunalen Zweckverbände. Das müssten Sie eigentlich in den letzten vier Jahren hier im Landtag und auch in der Strategiekommission gelernt haben. Dennoch –das fordern wir auch –sollte der Freistaat ein Interesse daran haben, dass es einen guten und kostengünstigen ÖPNV in Sachsen gibt. Deswegen sollte der Freistaat über Maßnahmen nachdenken, wie man Mobilität für alle bezahlbar machen kann.

Meine Fraktion führt dazu beispielsweise in zwei Wochen, am 18.09., eine öffentliche Gesprächsrunde zum ÖPNV in Leipzig durch, unter anderem mit dem Geschäftsführer des MDV, Steffen Lehmann, sowie mit anderen Vertretern. Wir wollten dort über kommunale und landesspezifische Möglichkeiten debattieren, wie man eine Erweiterung der Finanzierung für den ÖPNV erreichen und schließlich die Fahrpreise stabilisieren und langfristig senken kann. Wir werden dazu im Doppelhaushalt entsprechende Vorschläge einbringen, wie man die Qualität verbessert und die Preise stabilisiert.

Es hilft jedoch nicht –so wie Sie von der AfD es hier machen –, einfach nur unter Überschriften zu fordern –die einzelnen Punkte bieten nichts Konkretes –, dass es ein kostenloses Ticket für Azubis, Auszubildende und Schüler gibt. Das hier ist kein Parteitag oder Wahlprogramm, das Sie hier beschließen, sondern es sind Anträge an ein Parlament. Diese müssen fundiert sein, woher Sie das Geld nehmen bzw. wie Sie das rechtlich lösen wollen.

Also müssen Sie konkret sagen, wie Sie das umsetzen wollen. Das fehlt, und Sie verfügen nun einmal nicht über die Zweckverbände oder die kommunalen Gebietskörperschaften. Wenn Sie so etwas wie ein Schülerticket for-dern, dann müssen Sie den Kommunen auch Angebote machen. Das macht die Staatsregierung. Wir finden, dabei könnte mehr Druck aufgebaut bzw. es könnten mehr Angebote gemacht werden. Dazu sagen Sie allerdings gar nichts.

Sie könnten zum Beispiel auch ein Gesetz einbringen, mit dem entsprechende Regelungen geändert werden. Auch das tun Sie nicht. Sie kommen nur mit einem Antrag mit Überschriften, und dem kann man letztendlich nicht zustimmen.

Genau das Gleiche gilt beim Thema Senioren, bei dem Sie eine Vergünstigung oder sogar eine Entlastung der Preise vorschlagen. Es ist das gleiche Problem wie bei den Schülern: Sie liefern dazu kein konkretes Konzept. Strengen Sie sich doch einfach einmal an und legen Sie einen entsprechenden Gesetzentwurf vor, oder behandeln Sie im Haushaltsausschuss oder im Doppelhaushalt entsprechende Anträge.

Wir werden das machen und können deshalb Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Ein kostengünstiger oder gar kostenloser ÖPNV, wie Sie es ebenfalls fordern, nützt vor allem dann nichts, wenn es überhaupt keinen gibt, also wenn beispielsweise der Bus in dem Dorf gar nicht existiert, nur einmal am Tag fährt oder nicht barrierefrei ist. Was nützt es den Leuten, wenn er zwar kostenlos, aber gar nicht nutzbar ist? Was nützt es den Senioren, wenn sie nicht in den Bus hineinkommen, weil er Stufen hat, oder die Haltestelle nur aus einem Haltestellenschild besteht? Ich denke, es gibt andere Probleme, die wir viel dringender lösen müssen, damit ÖPNV überhaupt für alle Menschen nutzbar ist, bevor wir ihn kostenfrei machen.

Ich fasse also zusammen: Zuerst sollte man das Angebot verbessern, damit der ÖPNV überhaupt genutzt werden kann und im Zweifelsfall auch nicht überrannt wird, wenn er von heute auf morgen kostenlos ist. Wir brauchen mehr Angebote, mehr Infrastruktur, mehr Fahrzeuge und mehr Personal.

Das zweite große Problem ist die Barrierefreiheit. Ich finde, die Staatsregierung hat versagt, um dieses bundes-und europaweit geforderte Ziel bis 2021 umzusetzen. Dort könnte man beginnen und Vorschläge machen, wie man das noch schneller und nicht erst im Jahr 2030 –so wie es jetzt die Strategiekommission fordert –erreichen kann. Man könnte als dritten Schritt Konzepte entwickeln, wie Fahrpreise konkret gesenkt werden können, zum Beispiel durch Nutznießer-Finanzierung, wie es der MDV bereits angesprochen hat, oder durch staatliche Beteiligung bzw. durch die Industrie.

Wir werden dazu noch in dieser Legislatur entsprechende Gesetzentwürfe vorlegen und lehnen daher diesen oberflächlichen Antrag ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Katja Meier, GRÜNE)

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