Die große Koalition verspricht moderne Zugverbindungen und es passiert wieder nichts.

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In der aktuellen Debatte des sächsischen Landtags ging es heute um den Nahverkehr in Sachsen. Wieder einmal verspricht die große Koaliton Verbesserung und selbstverständlich soll sich einiges in der Zukunft ändern. Doch diese Versprechen gab es in den letzten Jahren schon oft genug und nichts hat sich diesbezüglich geändert. Doch am Ende nicht nur reden, sondern auch handeln. Wieder einmal nutze ich die Möglichkeit im Landtag und mach auf die Versäumnisse der aktuellen Regierung aufmerksam.

Marco Böhme, DIE LINKE: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben jetzt wieder  eine Menge gehört, was im ÖPNV getan wird bzw. was sich irgendwann einmal ändern wird. Wir haben auch wieder viele Ankündigungen gehört, dass sich irgendwann das und das und dies und das ändern wird. Mein Problem dabei ist, dass wir immer nur davon hören und das eben seit Jahren. Das Problem ist, dass es bei der konkreten Umsetzung daran scheitert, dass real noch nichts umgesetzt oder passiert ist. Der Abschlussbericht der ÖPNV-Strategiekommission kommt mittlerweile aus dem Jahr 2017. Ich frage mich: Was wurde bisher umgesetzt? Was hat sich für die Menschen real verändert? Selbst die Anträge, die wir hier im Landtag besprechen und beschließen, werden am Ende nicht umgesetzt. Ich nenne ein Beispiel aus dem Jahr 2018: Im Februar hat die Staatsregierung von der Legislative, also von uns allen hier im Raum, den Auftrag bekommen, einen Sachsentarif umzusetzen und damit eine Tarifharmonisierung zwischen den Verkehrsverbünden zu schaffen und davon nicht nur zu erzählen, sondern es auch real umzusetzen. Das war ein Antrag der SPD/CDUKoalition, also Ihr Antrag, der hier vor einem Jahr beschlossen wurde. Aber es ist nach einem Jahr nichts passiert, und wir reden nicht erst seit einem Jahr darüber, sondern schon seit vier Jahren und noch viel länger, Herr Nowak. Dafür braucht es keine Abschlussberichte oder anderes. Auf meine Nachfrage im Mai mit einer Kleinen Anfrage, was aus dem Antrag, der hier beschlossen wurde, geworden ist, war die Antwort, dass zum Thema Sachsentarif natürlich die kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger dafür zuständig sind und die Staatsregierung das nicht umsetzen kann. Das ist übrigens die Antwort auf fast alle Fragen, Anregungen, Anträge und Kleinen Anfragen, wenn es um das Thema ÖPNV geht. Formal haben Sie damit auch recht, dass die kommunalen Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer und Auftraggeberinnen und Auftraggeber dafür zuständig sind. Da frage ich mich, warum wir hier in dem Hohen Haus überhaupt über ÖPNV reden, wenn doch die ÖPNV-Planung scheinbar nicht auf Landesebene stattfindet. Genau das ist auch das Grundproblem.

Wir haben als Parlament anscheinend nicht begriffen, dass wir die Gesetzgeberinnen und Gesetzgeber sind. Wenn wir hier das System ändern wollen würden, dann könnte man auch etwas tun, aber das wollen wir nicht, das heißt, Sie wollen das nicht. Das ist eben das Problem. Dabei ist es doch so dringend nötig. Wenn die Aufgabenträger alles alleine entscheiden können und es am Ende bei den vielen Themen, die wir hier besprochen haben, nicht funktioniert, dann muss man dazu kommen, dass man das ÖPNV-Gesetz ändert, meine Damen und Herren.

Dafür ist es höchste Zeit. Sonst ist alles, was wir hier besprechen, nur Schall und Rauch. Herr Nowak, in Ihrer Rede von damals, als Sie zu dem Sachsentarif den Antrag eingebracht haben, haben Sie richtigerweise festgestellt, dass man zum Beispiel im VMS, also im Raum Chemnitz, Tickets im Zug kaufen kann, beim VVO aber nicht. Das haben Sie damals richtig festgestellt, und jetzt verrate ich Ihnen ein Geheimnis: Das ist heute immer noch so, nach über einem Jahr. Ich habe es am Montag erst geprüft. Das ist ein Jahr nach der Debatte immer noch so: Es hat sich nichts geändert. Genauso ist es beim Thema Handyticketsystem. Es gibt unterschiedliche Systeme in jeder Kommune, unterschiedliche Fahrradmitnahmeregeln, unterschiedliche Kinderregelungen, Kurzstreckentickets, Koffertarife, also ganz unterschiedliche Dinge – in jedem Ort etwas anderes. Das ist seit Jahren bekannt und identifiziert. Es steht auch seit vier Jahren im Koalitionsvertrag, dass es eine Tarifharmonisierung geben soll. Die Antwort der Staatsregierung auf unsere Große Anfrage im Jahr 2017 war, dass das Thema Tarifharmonisierung beispielsweise im Jahr 2017 bereits umgesetzt wird. Jetzt haben wir das Jahr 2019 und noch immer ist nichts passiert. Ich frage mich: Warum kontrollieren Sie Ihre eigene Regierung nicht und reden ihr nur nach dem Mund? Warum kommen wir nicht dazu, das ÖPNVGesetz endlich zu ändern? Darüber muss endlich einmal geredet, nachgedacht und entsprechend gehandelt werden, meine Damen und Herren. Ich kann auch mit anderen Beispielen weitermachen. Wo ist die Koordinierungsstelle zur Bündelung der Aufgaben im ÖPNV? Was ist damit passiert? Ich habe seitdem nichts mehr davon gehört. In der Legislatur ist das anscheinend auch verspielt worden. Sie handelt nicht, sie ist nicht da, sie existiert noch nicht in der Phase.

Was ist seitdem passiert? Oder das Thema Barrierefreiheit: Bis 2022 sollte eigentlich laut UN-Behindertenrechtskonvention die vollständige Barrierefreiheit im ÖPNV durchgestellt werden. Das muss auch durch das ÖPNV-Personenbeförderungsgesetz eingehalten werden. Das wird hier komplett verschlafen und verfehlt. Auch das „Landeskompetenzzentrum Barrierefreiheit“ wird es nicht geben. Oder das Thema Sachsentarif: Was ist da in den letzten vier Jahren passiert? Noch immer stehen die Chemnitzer, wenn sie nach Berlin wollen, eine Dreiviertelstunde im Leipziger Hauptbahnhof herum, weil die Verbindungen nicht klappen. Man braucht drei Stunden mit dem Auto, könnte aber mit dem Zug in zwei Stunden, 15 Minuten schon in Berlin sein, wenn man diese Wartezeiten nicht hätte. Hier muss harmonisiert werden. Es gibt ganz viele andere Beispiele dafür, dass die Verbindungen und die Harmonisierung einfach nicht klappen. Wir müssen endlich auch vom Rückbau des ÖPNV wegkommen, der in den letzten 15, 20 Jahren passiert ist. Das haben Sie gestoppt. Das erkenne ich an, werte SPD. Aber seit 1992 sind über 800 Kilometer Personenstrecken abgebaut worden – das ist doch das Problem. Wir brauchen hier wieder einen Aufwuchs, und dazu werde ich in der zweiten Rederunde fortführen, Herr Präsident.

Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

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