Zur heutigen Eröffnung der Neubaustrecke Leipzig-Erfurt als Teil des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr. 8 erklärt Marco Böhme, Sprecher für Klimaschutz und Mobilität der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag:
Nach langer Verzögerung wird ab 13.12.2015 die 120 km lange ICE-Neubaustrecke Leipzig-Erfurt in Betrieb gehen und damit die Fahrtzeit um eine halbe Stunde auf nur noch 43 Minuten verkürzt. Dies ist ein Gewinn für die Region und bietet eine Alternative zum Auto, das rund 100 Minuten benötigt. Dennoch bleiben viele Wermutstropfen übrig. So sollte die Strecke bereits zur Fußball-WM 2006 fertig gestellt sein und bringt eben erst jetzt die genannten Verbesserungen.
Weiterhin wurden nicht alle Potenziale ausgenutzt, um Autofahrer oder Flugpendler auf die Schiene zu lenken und damit CO2 einzusparen. Der einzigen relevante Vorteil für diese Zielgruppen ist die Geschwindigkeit! Wenn man aber nur jede Stunde einsteigen kann, ist man im Zweifel leider trotzdem schneller und flexibler mit dem Auto als mit dem ICE. Daher wurde die Neubaustrecke für Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h ausgebaut, doch die nötigen Züge fehlen! Die Deutsche Bahn hat keine entsprechenden ICE- Züge bestellt, wie sie beispielsweise zwischen Köln und Frankfurt verkehren, und hat dies für den Osten auch nicht vorgesehen.
Hochgeschwindigkeitsverkehr im 21. Jahrhundert sieht anders aus! So verkehren die ICE-Züge mit nur maximal 230 km/h durch wenige Streckenabschnitte im Osten. In Sachsen verbessert sich im Grunde gar nichts. Hier braucht der ICE weiterhin über eine Stunde zwischen Dresden und Leipzig und verkehrt nur alle 2 Stunden (vor 6 Jahren gab es da noch einen regelmäßigen Stundentakt nach Frankfurt). Im Gegenteil: Der für Pendler wichtige und sehr gut ausgelastete 06:26 Uhr-Montags-ICE von Leipzig nach Dresden wurde zum Beispiel eingestellt und fährt das erste Mal erst wieder 08:31 Uhr.
Zusammen mit den drohenden Kürzungen im Regionalverkehr für den Osten, der die kommenden Jahre mit erheblich weniger Regionalisierungsmitteln auskommen muss (siehe Pressemeldung 515/2015), sieht das Bild für den Bahnverkehr im Osten nicht mehr rosig aus. Bis zu 30 % der Regionalverkehrsverbindungen stehen zur Disposition! Und auch andere Fernverkehrsprojekte wie der Ausbau von Dresden nach Berlin könnten zwar erhebliche Fahrtzeitverbesserungen mit sich bringen, doch die Bahn hat für 2018 lediglich eine Fahrtzeitverkürzung von 18 Minuten auf 1h 45min angekündigt. Diesen Zustand hatten wir bereits zum Anfang der 90er Jahre erreicht. Hochgeschwindigkeitsverkehr sieht anders aus und braucht regelmäßige Verbindungen zu allen Großstädten sowie eine attraktive Anbindung an die Region – gerade letzteres steht auf dem Abstellgleis und passt zum stiefmütterlichen Umgang mit dem Osten.
09.12.2015
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