„Auch auf Sachsen kommt es an. Konsequenzen aus dem UN-Klimagipfel 2014 ziehen“ war der Titel einer Aktuellen Debatte am 18.12.2014, die von der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN beantragt wurde. Anlässlich der UN-Klimakonferenz in Lima im Dezember 2014 wurde gefordert, auch in Sachsen mehr Anstrengungen zu unternehmen, um die UN-Klimaziele noch zu erreichen.
Ich meine zu dem Thema:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Neben den vielen Krisen und Konflikten unserer Zeit, die menschenfeindlichen Tendenzen im Zuge der Asyldiskussion, die hier in Sachsen herrscht und vorhin im Gespräch war, der welt-weiten Finanzkrise und Kriegen und Konflikten und damit einhergehenden Wirtschaftssanktionen, die auch Sachsen betreffen, usw. bin ich sehr dankbar, dass wir heute als aktuelles Thema über die Klima-und Energie-krise sprechen, die man nicht vernachlässigen darf. Denn auch hier in Sachsen besteht dafür ein dringender Handlungsbedarf.
Die gerade von mir genannten Konflikte werden in der Zukunft dazu führen, dass sie größer und zu einem der größten Probleme in Sachsen werden, wenn wir weiterhin zulassen, dass wir einer der größten CO2-Emittenten bleiben.
19 Jahre nach dem Klimagipfel, dem sogenannten COP1 in Berlin, ist heute so viel CO2in der Luft wie noch nie in der Menschheitsgeschichte. Der weltweite Kohlenstoff-ausstoß ist auf einem historischen Allzeithoch. 2013 war das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnung.
Herr Krauß, wenn Sie den GRÜNEN vorwerfen, Deutschland habe beim Klimaschutz schon genug gemacht, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass Deutschland auf Platz6 der Top-Ten-Länder mit dem größten Ausstoß an CO2im Jahr 2013 liegt. Eigentlich stimmt das nicht; denn wenn man sich die Zahlen genauer anschaut und auf die Einwohner herunterrechnet, sieht es noch viel schlimmer aus.
Momentan ist China beim Gesamtverbrauch zwar immer noch auf Platz1 mit 9977Millionen Tonnen CO2pro Jahr, gefolgt von den Vereinigten Staaten mit 5233 Millionen Tonnen, Indien mit 2400Millionen Tonnen, Russland mit 1800Millionen Tonnen und Japan mit 1244Millionen Tonnen. Deutschland liegt nur auf Platz6 mit 780Millionen Tonnen CO2. Rechnet man die Einwohner hinzu, sieht das ganz anders aus. Da überholen wir China sehr deutlich und sind auf Platz 4 mit 9,4 Tonnen pro Kopf CO2-Verbrauch im Jahr. Deutschland ist also der viertgrößte Verursacher der anthropogenen CO2-Emissionen auf diesem Planeten und hat damit eine Hauptverantwortung, wenn es darum geht, den Klima-wandel nicht zu verschärfen.
Schaut man auf Sachsen, ist der CO2-Verbrauch durch unsere Kohlekraftwerke noch sehr viel deutlich höher als im Bundesdurchschnitt mit 11,2Tonnen.
Nun gebe ich zu, dass solche Rechnungen auch verschiebbar sind. Wenn man Brandenburg betrachtet, stellt man fest, dass das ein weiterer Spitzenreiter mit 22Tonnen pro Kopf ist. Man muss sicherlich bedenken, dass die hier verbrauchten oder erzeugten Energiemengen auch für andere Regionen genutzt werden und sich des-wegen das Bild etwas verzerrt. Doch dann stelle ich die Frage: Entbindet uns das von der Verantwortung? –Ich denke nicht. Es ermöglicht uns meiner Meinung nach, hier einen Entscheidungsspielraum einzuführen, der dringend nötig ist.
Die Abschlussberatungen des Klimagipfels in Lima haben auch gezeigt, dass leider nur ein Minimalkonsens erbracht wurde und es kaum Auswirkungen auf die Reduzierung von CO2weltweit geben kann bzw. wird. Darüber kann man wütend sein –vor allem auf die Staaten, die notwendige Veränderungen blockieren. Doch die Konsequenz kann doch dann nicht lauten, dass wir hier vor Ort in ebenso kleinen Schritten weitermachen und nicht die großen Probleme angehen, wie einen Strukturwandel in der Lausitz, worauf ich nachher noch zu sprechen komme.
Wir müssen uns also jetzt anstrengen, mehr CO2zu reduzieren als geplant. Das heißt zum Beispiel, CO2als Umweltschadstoff zu definieren und auch die Betriebszeiten von Kohlekraftwerken zu begrenzen. Wenn andere Staaten da nicht mithelfen wollen oder können, muss das thematisiert werden, und es müssen auch Konsequenzen in der Zusammenarbeit gezogen werden. Aber wir dürfen uns dann nicht zurücklehnen. Wir müssen dieses Defizit ausgleichen. Wir in Sachsen haben viel Potenzial, viele Innovationen und die möglichen Instrumente, um das zu ermöglichen. Darüber werden wir in der zweiten und dritten Runde sicherlich noch sprechen.
Danke.
… und zum gleichen Tagesordnungspunkt durfte ich ein zweites mal reden:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Herrn Urban von der AfD sagen, dass ich mich dafür schäme,
(Lachendes Abg. Jörg Urban, AfD)
im Netzwerk der Grünen Liga rechtsbedingt Mitglied zu sein, weil ich im Vorstand des Ökolöwen bin, der diesen Landesverband braucht, um sachsenweit agieren zu können. Ich schäme mich dafür, dass Sie als Klimawandelleugner dort tätig sind und gerade geleugnet haben, dass es seit 200Jahren einen massiven Anstieg von anthropogenem CO2gibt. Er ist in der Menschheitsgeschichte geologisch nachweisbar. Es ist vor allem auch nachweisbar, dass jetzt ein Steigen der Temperaturen beginnt. Da kann es nicht sein, dass Sie als Teil der Grünen Liga theoretisch gegen Braunkohlekraftwerke kämpfen –Sie tun das ja nicht, aber die Grüne Liga –und sich jetzt hier hinstellen und sagen, das sei alles Quatsch. Das ist für mich absurd.
(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)
Die Bundesregierung bewertet die Beschlüsse des UN-Klimagipfels in Lima als solide Basis für den geplanten Weltklimavertrag. Ich muss dem deutlich widersprechen. In Lima wurde außer vagen Formulierungen und freiwilligen Verpflichtungen leider nichts erreicht. Es ist vor allen Dingen jetzt die Verantwortung hier in Sachsen–das habe ich vorhin schon angesprochen, wir sind einer der größten Pro-Kopf-Erzeuger von CO2–, die Dinge ernster zu nehmen und sich nicht aus der Verantwortung zu stehlen.
Wir haben im letzten Monat schon darüber gesprochen, dass sich Vattenfall nicht aus der Verantwortung stehlen, sondern den Konzern klimafreundlich umbauen will. Doch was bedeutet das? Ich war–wie einige Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Haus und wie Staatsminister Dulig –vor zwei Wochen bei der Barbarafeier von Vattenfall in Cottbus und habe dort die vielen Hundert Beschäftigten gesehen, die sich versammelt hatten, um der Bergarbeiterinnen und Bergarbeiter zu gedenken, die beim Rohstoffabbau zu Schaden gekommen sind, die aber auch über die politischen aktuellen Ereignisse gesprochen haben.
Der Tenor eigentlich aller Redner dort vor Ort war: Wir brauchen die Kohle und die Arbeitsplätze für die Wert-schöpfung in der Region, und Vattenfall als Arbeitgeber ist dabei sehr wichtig. Diese Haltung ist aus der Perspektive der Menschen, die dort leben und arbeiten, völlig verständlich.
Auch ich und meine Fraktion stehen nicht für einen sofortigen Ausstieg aus der Braunkohle, wie das vorhin angeklungen ist. Das haben wir nie gesagt. Wir wollen bis 2040 aussteigen. Dennoch konnte ich den Großteil der Betriebsräte und der bei der Barbarafeier in Cottbus Anwesenden und auch Ihre Rede, Herr Staatsminister Dulig, nicht unterstützen; denn es kam dort kaum ein Wort zum nötigen Strukturwandel in der Region, der aber jetzt bitter nötig ist.
Von einigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde sogar die Tatsache des anthropogenen Klimawandels geleugnet und weiter darauf beharrt, dass wir die Kohle in den nächsten 50, 60Jahren brauchen. Genau das darf nicht sein. Ich denke, wir dürfen uns als Politik nicht weiter hinstellen und den Menschen vor Ort sagen, dass alles so bleibt, wie es ist. Ein schneller Umbruch kann, wie wir gerade bei den Verkaufsplänen von Vattenfall sehen, schnell kommen, und dann steht die Region ohne Perspektive und natürlich mit einer massiven Ablehnung der industriepolitischen Entscheidungen da.
Deswegen ist es enorm wichtig, jetzt anzufangen und den Leuten zu sagen, dass wir einen Strukturwandel jetzt beginnen müssen. Bis 2040 ist noch ein Vierteljahrhundert Zeit, aber wenn wir erst in zehn Jahren anfangen, darüber zu diskutieren, ist es vielleicht zu spät.
Ich finde es auch bizarr, wenn Sie, Herr Dulig, sagen, dass es keinen Sinn machen würde, die Kraftwerke hier irgendwann abzustellen –das haben Sie bei der Barbara-feier so gesagt –, weil dann die hier verkauften CO2-Zertifikate eben nicht mehr hier verkauft werden, sondern verbilligt auf den Markt kommen und dann andere Kraftwerksbetreiber dieseCO2-Emissionen verbilligt kaufen können und damit mehr CO2produzieren. Daher sollten wir das in Sachsen nicht tun.
Ich finde, das ist genau der falsche Weg. Das darf auch nicht die Konsequenz daraus sein. Es ist eher eine Kritik am Emissionshandel nötig, der so etwas ermöglicht. Wir sollten dagegen kämpfen, dass wir in Europa keine Grenzwerte für CO2haben wie bei Stickoxiden, und nicht behaupten, dass der Markt sowieso alles regele und es keine Auswirkungen hätte, wenn wir in Sachsen aussteigen würden.
Deswegen wiederhole ich, dass wir jetzt mit dem Strukturwandel anfangen müssen und nicht erst in zehn Jahren. Es wird immer schwieriger, wenn wir erst später damit beginnen. Meine Fraktion hat in der Vergangenheit viele Projekte, Initiativen und auch Gesetzesvorlagen eingebracht und wird dies auch in Zukunft tun, um den Menschen in der Lausitz eine Perspektive zu geben, aber auch, um den Klimaschutz in Sachsenwirksam zu unterstützen.
Danke.
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