Mit einem Antrag der CDU- und SPD-Fraktion (Drucksache 6/1067) wurde am 11.03.2015 die Einsetzung der ÖPNV-Strategiekommission beschlossen. In meiner Rede und unserem Entschließungsantrag (Drucksache 6/1126) begrüßen wir dies grundsätzlich. Wir fordern jedoch, dass auch Umweltverbände sowie alle im Landtag vertretenen Fraktionen in der Kommission vertreten sind (letzteres wurde schlussendlich ermöglicht):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Abgeordnete, vor allem auch von der Regierungskoalition!
Eines gleich vorweg: Es ist ein grundsätzlich guter Antrag oder, anders gesagt, ein Schritt in die richtige Richtung, wie ich finde bzw. wie auch die Fraktion DIELINKE findet, gerade auch nach der morlokschen Herrschaft im Verkehrsministerium. Es ist aber auch nicht schwer, einen solchen Antrag für gut zu befinden. Vor allem hat es mich gewundert, Herr Nowak, warum Sie viele Probleme im Bereich Nahverkehr, die es in Sachsen und im Bund gibt, angesprochen haben, die ich ebenfalls noch ansprechen werde. Dabei frage ich mich schon: Wer regiert denn im Bund oder seit 25Jahren in Sachsen? Das sind doch Sie, und Sie haben die Probleme hier nicht beseitigt, sondern sie mit der FDP sogar noch verschlimmert.
Zur Strategiekommission, die nun eingeführt werden soll: Ich finde sie, wie gesagt, richtig. Allerdings hätte die Einberufung dieser Kommission schon vor Monaten passieren müssen; denn wenn man ehrlich ist, kann das anvisierte Ziel, uns bereits zum Jahresende erste Ergebnisse vorzulegen, überhaupt nicht erreicht werden. Ich halte das für sehr unrealistisch, zumindest wenn es relevante und authentische Zahlen sein sollen.
Zum einen würde die Kommission, wenn es überhaupt dazu käme, frühestens im Mai zum ersten Mal tagen. Danach ist Sommerpause, und danach sind es nur noch einige Monate bis zum Jahresende. Da hat man gerade einmal Zeit, sich kennenzulernen und erste Probleme zu sammeln. Hinzu kommen –dies wurde bereits angespro-chen –die verschiedensten Diskussionen im Bund über die Regionalisierungsmittel, die noch lange nicht geklärt sind und zu denen noch viele Fragezeichen im Raum stehen, zum Beispiel, ob sich die Kostensteigerungen, die es in der Infrastruktur gibt, auch in den Regionalisierungsmitteln widerspiegeln, ob diese also dynamisiert werden. Das ist alles noch nicht bekannt, und auch, welcher Schlüssel dort angelegt wird. Konkrete Hand-lungsempfehlungen, die Sie die Kommission bis zum 31.12.2015 ausarbeiten lassen wollen, müssten letztend-lich auch ein Finanzierungskonzept beinhalten, und das sehe ich in dieser kurzen Zeit einfach nicht als machbar an. Die Einberufung der Strategiekommission ist trotzdem wichtig und richtig. Dabei müssen vor allem der Dialog, das Miteinander und das gemeinsame Erarbeiten im Vordergrund stehen; denn es kann nicht sein, dass es so weitergeht, wie es früher beim FDP-Minister Morlok war: dass es einen ÖPNV-Beirat gab, dieser eingeladen hat und dann einfach nur seine Pläne für die Zukunft verkündet hat. Deswegen habe ich noch Hoffnung, dass es mit dieser Strategiekommission grundsätzlich anders wird. Ich würde auch im Beschlusstext noch einige Dinge ändern, zum Beispiel, dass wir im Landtag feststellen, dass der ÖPNV eine Grundversorgung braucht –in Punkt2 –, damit verlässliche Erreichbarkeiten sichergestellt werden können. Das ist doch selbstverständlich und das Mindeste.
Man sollte aber noch viel mehr feststellen, nämlich, dass die Nutzung des ÖPNV viel mehr ist: eine Daseinsvorsorge und ein wichtiger Baustein, um klimaschädliche Emissionen und Lärm zu senken und unsere Wohnquartiere damit attraktiver zu machen. Der öffentliche Nahverkehr hat Vorrang vor dem Auto zu haben; das sollten wir hier feststellen und es sollte auch im Beschlusstext stehen. Außerdem sollten wir im Punkt3 nicht nur feststellen, dass die Grundversorgung ausreichend finanziert werden muss, sondern sie muss auch für die Menschen bezahlbar sein. Was nützt es mir denn, wenn ich eine S-Bahn-Linie vor der Haustür habe, diese aber nicht benutzen kann, weil ich mir das Ticket nicht leisten kann? Das sind doch Realitäten und Probleme, die die Menschen haben und die ebenfalls benannt werden müssen.
(Beifall bei den LINKEN)
Wenn es so bleibt, wie es ist, und sich die Situation für die Zweckverbände finanziell nicht weiter ändert, dann wird sie sich letztendlich verschlechtern; denn die Kosten für die Bereitstellung der Infrastruktur werden weiter steigen. Dies hat auch etwas mit den bereits angesprochenen Stationsgebühren zu tun, die in Zukunft noch weiter steigen. Wenn man das nicht dynamisiert und das Geld weitergibt, wird es dort entweder zu Fahrpreissteigerun-gen kommen oder, wie es Herr Mietzsch in der Anhörung bestätigt hat, es werden Strecken stillgelegt, und das können wir doch alle nicht wollen.
Man kann natürlich auch andere Lösungen bevorzugen, zum Beispiel, sich im Bund für die Absenkung der Tras-senentgelte einzusetzen oder zumindest das neue Trassen-preissystem, das ab 2017 kommt, zu verhindern, mit dem die DB-Tochter DB-Netz ordentliche Gewinne erzielt und diese dann dem Mutterkonzern zuschiebt, der damit weltweit Firmen-und Infrastruktureinrichtungen kauft. Dass wir dort ein Transparenz-, Kontroll-und letztendlich ein Finanzierungsproblem haben, wird sicherlich das Erste sein, das die Strategiekommission feststellen wird, ebenso, dass es einen Wettbewerbsnachteil, wie eben angesprochen, gegenüber den Fernbussen gibt. Dies alles sind Dinge, die bekannt und klar sind, die jedoch auch Bundesangelegenheiten sind.
Wir in Sachsen müssen dafür sorgen, dass es weiterhin nicht nur einen Status quo gibt, sondern mehr an den Qualitäten gearbeitet und der Nahverkehr ordentlich ausgestattet wird, damit er attraktiv für die Menschen sein kann, übrigens auch für die Schülerinnen und Schüler sowie die Studierenden. Sie wollen ja ein kostenloses Bildungsticket einführen, was wir auch sehr begrüßen. Allerdings gibt es dazu noch nichts Konkretes, und dies sollte daher auch Thema der Strategiekommission sein. Das ist es aber eben noch nicht. Ebenso sollte auch die Ausgestaltung des Semestertickets für die Studierenden dort mitbehandelt werden.
Nun planen Sie glücklicherweise im aktuellen Haushalts-entwurf eine Erhöhung der auszugebenden Regionalisierungsmittel vom Bund. Sie geben diese aber immer noch nicht eins zu eins an die Zweckverbände weiter. Dazu wird es auch Änderungsanträge von uns zum Haushalt geben. Aber falls Sie letzte Woche hier in der Anhörung zum Haushaltsplan waren: Dort war auch Herr Oliver Mietzsch vom Zweckverband Nahverkehrsraum Leipzig. Er ist dort Geschäftsführer und hat uns mitgeteilt, dass er es begrüßt, dass die Koalition mehr Geld für die Zweck-verbände bereitstellt, dass es aber immer noch enorme Risiken geben wird und diese Mittel vor allem nicht ausreichend sind. Zum einen ist unklar, wie viele Regionalisierungsmittel Sachsen in Zukunft erhalten wird. Zum anderen hat er in einem Diagramm dargelegt, dass trotz der geplanten Haushaltsmittel die Schere zwischen den tatsächlichen Kosten und den Einnahmen, die sie vom Land und von den Fahrkartenpreisen erhalten, weiterhin auseinandergeht, da die Mittel nicht ausreichen und letztendlich 2018/2019 nicht mehr vertretbar und verkraftbar sind und es dadurch nach seinen Worten zu Streckenstilllegungen kommen könnte. Ich denke, das wollen wir alle nicht. Diese Fragen muss sich die Strate-giekommission stellen.
Damit diese aber besser und vor allem demokratischer arbeiten kann, haben wir einen Änderungsantrag zur Besetzung der Strategiekommission gestellt, der Ihnen in der Drucksache 6/1126 vorliegt. Dazu möchte ich noch kurz etwas sagen. Es geht darum, dass wir weitere Personen in die Strategiekommission einberufen möchten. Es geht zum einen nicht nur um die ÖPNV-und SPNV-Zweckverbände, sondern wir möchten auch, dass jeweils zwei Verbandsräte der Zweckverbände, also Vertreterinnen und Vertreter der Landkreise bzw. der Städte, die sich vor Ort auskennen und demokratisch legitimiert sind, in die Strategiekommission einberufen werden können.
Außerdem sollten neben den Fahrgast-und Unternehmensverbänden, die dort eine wichtige Funktion erfüllen, auch Umwelt-und Verkehrsverbände in der Strategie-kommission eingeplant werden, um einen zusätzlichen und übergreifenden Blick in die Diskussion einzubringen, insbesondere nach Kinder-Gesichtspunkten, Fahrrad-freundlichkeit im ÖPNV, alternativen Finanzierungsmöglichkeiten sowie Taktzeitverbesserungen. Ich denke, es wäre ein Gewinn, wenn diese Gruppen ebenfalls in der Strategiekommission vertreten wären. Außerdem –das sollte uns als demokratisch gewählte Vertreter(innen) des Freistaates vor allem interessieren –sollte es nicht nur ein einziges Mitglied des Landtags in dieser Strategiekommission geben. Wer soll denn das sein? Eine(r) aus der größten Fraktion, der CDU? Oder eine(r) aus der einbringenden SPD-Fraktion? Ich denke, jede Fraktion sollte hier einen Sitz bekommen, allein schon, da es sehr viele unterschiedliche Auffassungen und politische Vorstellungen darüber gibt, wie die Mittel besser bereitgestellt werden können und der Nahverkehr in Sachsen besser organisiert werden kann. Deswegen meine Bitte, diesem Änderungsantrag zuzustimmen. Dann können wir Ihrer Strategiekommission auch wohlwollend zustimmen.
Danke schön.
Schreibe einen Kommentar