Die Aktuelle Debatte am 04.02.2016 unter dem Titel „Naturschutz in Sachsen vor dem Aus? Fördermittelproblematik sofort lösen!“, die von der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen beantragt wurde, fordere ich, die Fördermittel für den Naturschutz nicht nur zu erhöhen, sondern die Förderkriterien so zu ändern, dass die Arbeit von ehrenamtlichen Umweltverbänden gestärkt wird:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Der Titel der Aktuellen Stunde lautet: „Naturschutz in Sachsenvor dem Aus? Förderproblematik sofort lösen!“ Wie ich finde, ist das ein allumfassender Titel, weshalb ich in meinem ersten Redebeitrag auch etwas allumfassender zum Thema Naturschutz sprechen und im zweiten Teil auf Beispiele zur Fördermittelproblematik eingehen möchte.
Am Anfang meiner Überlegungen habe ich mir unsere Sächsische Verfassung in Erinnerung gerufen. Dort heißt es unter anderem im Artikel10 –ich zitiere –: „Der Schutz der Umwelt als Lebensgrundlage ist … Pflicht des Landes und Verpflichtung aller im Land. Das Land hat insbesondere den Boden, die Luft und das Wasser, Tiere und Pflanzen … zu schützen.“ Boden, Luft, Wasser, Tiere, Pflanzen –all das ist Natur und letztendlich die Lebensgrundlage für uns Menschen. Daher ist deren Schutz besonders wichtig, nicht zuletzt, um sich gesund ernähren zu können, Luft zum Atmen zu haben, aber auch um Krankheiten vorzubeugen. Damit die letztgenannten Punkte nicht gefährdet werden, ist es wichtig, eine hohe Biodiversivität, also eine hohe biologi-sche Vielfalt, in Sachsen zu haben. Damit sieht es meiner Meinung nach nicht so gut aus.
Zwar haben wir Schutzgebiete, sogenannte FFH-Gebiete; aber in der Vergangenheit hat die Staatsregierung bei den Gebietsvorschlägen eher gekleckert als geklotzt. So gab es am Anfang der Debatten darüber, wo und wann FFH-Schutzgebiete eingerichtet werden müssen, gerade einmal 64Vorschläge. Das sind 2,6% der Fläche. Nur durch viel Mühe und viel Druck von Umweltverbänden und Initiativen sind es heute um die 300 und damit knapp 10% der Fläche. Das ist ein Erfolg. Dennoch bleibt festzuhalten, dass viele dieser FFH-Gebiete nicht zusammenhängend, sondern zerschnitten sind und nicht alle ausreichend Wanderkorridore für verschiedene Arten zur Verfügung stellen.
So sind –Herr Günther hat es angesprochen –mindestens 25% der Arten in Sachsen vom Aussterben bedroht. Weitere Arten sind anderweitig gefährdet. Das ist aus meiner Sicht auf keinen Fall zufriedenstellend, auch wenn es in der Vergangenheit Verbesserungen gegeben hat.
Um die Natur und damit die Lebensgrundlage von uns Menschen zu schützen, müssen wir es schaffen, den Flächenverbrauch in Sachsen zu reduzieren, und zwar drastisch. Heute werden immer noch pro Tag um die fünf Hektar, das sind 50000Quadratmeter, versiegelt, zerschnitten oder auf irgendeine Art und Weise in Sachsenbebaut.
Das sind mehr als fünf Fußballfelder täglich, die der Natur genommen werden, und dies ist immer noch be-sorgniserregend, auch wenn es dort im Vergleich zu den letzten Jahren und Jahrzehnten Verbesserungen gab.
Hinzu kommt, dass in Sachsen der Baumbestand immer weiter bzw. wieder abnimmt, und das ohne Not, weil 2010 eine gute Regel von Schwarz-Gelb abgeschafft wurde: Wer einen Baum fällt, braucht dafür eine Genehmigung. Wenn er diese hat, muss er zumindest die Blattmasse des zu fällenden Baumes ersetzen. Heute braucht man keine Genehmigung mehr, und so kommt es, dass man willkürlich Bäume auf eigenen Grundstücken oder überall fällen kann. Das ist nicht in Ordnung und führt dazu, dass der Baumbestand in Sachsen weiter abnimmt.
Weitere Probleme kommen hinzu. Es gibt Überlegungen, die Elbe auszubaggern, auch wenn sich der Koalitionsvertrag eindeutig dazu bekennt, dies nicht zu tun. Ich hoffe, das bleibt so; denn bei verschiedenen Lobbyveranstaltungen haben gerade die CDU-Vertreter leuchtende Augen bekommen, wenn dort besprochen wurde, welche großen Vorteile dies bringen würde, obwohl eigentlich jeder wissen müsste, dass die Elbe ein Niedrigwasserfluss ist und es sich auch wirtschaftlich nicht lohnen würde, diesen Fluss auszubaggern, zumal dies erhebliche Einschnitte für Natur und Umwelt bedeuten würde und in der Zukunft noch Probleme durch Trockenheit aufgrund des Klima-wandels hinzukommen werden.
Man könnte noch viele andere Probleme nennen; ich nenne nur einige Stichworte: TTIP, TISA, CETA, bei denen ich gespannt bin, wie der Landtag bzw. wir in Sachsen beim Thema Naturschutz damit umgehen und wie wir das meistern wollen. Auch zu hohe Grenzwerte bei Pestiziden: Wir hatten vor zwei Wochen eine Anhörung im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft, in der es um Glyphosat ging. Der Monsanto-Vertreter beteuerte immer wieder und stellte für sich klar, dass dies doch ein Pflanzenschutzmittel sei. Bei der CDU konnte man dazu Kopfnicken sehen.
All das macht mich nicht glücklich, und es fällt mir schwer zu glauben, dass in Sachsen alles gut sei und dass es vor allem meine Generation sei, die diese hohe Biodiversität brauche, um die Auswirkungen des Klimawandels meistern zu können. Deshalb werden wir weiter dafür kämpfen und streiten, dass es dort Verbesserungen gibt; denn es sind am Ende die Ehrenamtlichen in diesem Land –ich weiß, meine Redezeit geht zu Ende –, die den Naturschutz betreiben. Obwohl im Artikel10 der Verfassung steht, dass das Land dafür zuständig ist, sind es doch in Wirklichkeit die Ehrenamtlichen. In meinem zweiten Redebeitrag möchte ich tiefer darauf eingehen, welche Probleme sie mit der Fördermittelproblematik in Sachsen haben.
Vielen Dank.
… weiter ging es in der Debatte mit meiner zweiten Rede zu diesem Tagesordnungspunkt:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Ich habe in meinem ersten Redebeitrag auf verschiedene Probleme zum Thema Naturschutz hingewiesen und darauf, dass es vor allem die ehrenamtlich tätigen Menschen sind, die hier Naturschutz aktiv betreiben. Ich würde dazu gern ein Beispiel aus der Praxis bringen, aber erst einmal voranstellen, dass es mich etwas wundert, dass wir zwar gerade zwei Anträge zum Thema Naturschutzstationen im Geschäftsgang haben –einen von den GRÜNEN und einen von der Koalition–, aber keiner darüber spricht.
Deshalb will ich auch nicht ausführlich darüber sprechen, aber anmerken, dass es mich freut, bei der Koalition zu lesen, dass zumindest im letzten Satz der Begründung ausgeführt ist –ich zitiere –, dass es als notwendig angesehen wird, dass die Arbeit der Naturschutzstationen in den kommenden Jahren einen höheren Stellenwert erhalten soll.
(Beifall des Abg. Dr. Stephan Meyer, CDU)
Deshalb hoffe ich, dass bei den Haushaltsverhandlungen konkrete Vorschläge eingebracht werden, die mit finanziellen Mitteln untersetzt sind, denn umsonst bekommt man das nicht.
(Vereinzelt Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)
Aber dazu sprechen wir anscheinend erst bei der Antragsdebatte, wenn die Anträge im Ausschuss behandelt werden.
Zu meinem Beispiel aus der Praxis: Ich habe noch vor wenigen Jahren selbst bei einem unentgeltlichen zwölfwöchigen Praktikum in einem Umweltverein Biotope gepflegt –es stand vor allem Wiesenmahd auf der Tagesordnung.
(Zurufe von der CDU)
Wir hatten vorhin das Thema Ehrenamt, und es ist auch alles in Ordnung, dass das so gehandhabt wird. Trotzdem ist Naturschutz nicht nur Freiwilligenarbeit. Man braucht auch professionelle und damit finanzielle Unterstützung. Die professionellen Menschen gibt es ja auch in den Umweltvereinen und -verbänden, und man braucht sie, um die Freiwilligenarbeit zu unterstützen und die Menschen anzulernen und zu entscheiden, welche Maßnahmen getroffen werden, aber auch, um sich mit den Behörden auszutauschen, was wo, wann und wie passieren soll.
Dafür gibt es verschiedene Fördertöpfe auf Bundes-, Landes-sowie kommunaler Ebene. Zumindest auf Landesebene bedarf es einiger Veränderungen; vieles wurde schon angesprochen. Konkret ist es so, dass ein Umwelt-verband einen Vertrag eingeht, wenn er zum Beispiel ein Biotop pflegt, und dort finanzielle Leistungen und entsprechende Maßnahmen, zum Beispiel Wiesenmahd, ausgemacht werden und der Fördermittelgeber dann natürlich Kriterien erfüllt sehen will, damit das Geld auch kommen kann.
Bei meinem damaligen Praktikum in der Wiesenmahd ging es um die Richtlinie Agrarumwelt-und Klimamaß-nahmen, eine sogenannte GL-1-Förderung, wobei ich mir habe sagen lassen –das haben wir vorhin schon in einem anderen Beispiel gehört –, dass es sehr kompliziert war, dies zu beantragen, dass sehr viel Zeit aufgewendet werden musste, um zu wissen, was man wie und wo beantragen kann, und dass die Zahlung dann auch erst jahresweise, nachdem die Maßnahme vollzogen wurde, erfolgte. Die Umweltvereine müssen also in Vorleistung gehen, was oft zu finanziellen Schwierigkeiten führt, zumal diese Verträge mit mindestens fünf Jahren Pflege abgeschlossen werden müssen –und das stellt ein Problem dar.
Bei den Kriterien, die ich vorhin angesprochen hatte, gibt der Fördermittelgeber verschiedene Schutzziele heraus, zum Beispiel, dass sich die und die Art in dem Biotop am Anfang der Pflegemaßnahme befindet und die und die Art am Ende dort entstanden sein oder eine höhere Population aufweisen oder dieselbe immer noch dort sein soll.
Das klingt erst einmal nicht problematisch, aber die Art der Prüfung, wie die Arten nach viereinhalb Jahren geprüft werden, ist schon ziemlich problematisch. Dann kommen also staatliche Prüfer, die sich zwei Wochen vorher ankündigen und mit ausgestrecktem Arm über das 10000Hektar große Feld laufen und die Arten zählen; und alles, was nicht gefunden wurde, aber zu finden sein müsste, weil es vor fünf Jahren dort gewesen ist, wird aufgeschrieben und führt dazu, dass der Umweltverein im Zweifelsfall die gesamte Förderung von fünf Jahren zurückzahlen muss.
Das kann nicht sein, denn natürlich gibt es verschiedenste Gründe, warum bei einer Begehung, die einmalig stattfindet, verschiedene Arten nicht auffindbar sind. Das kann der Frost im Frühling gewesen sein oder verspätete Blütezeiten verschiedener Arten oder aber auch die Tatsache, dass die Wiese zum Beispielneu entstanden ist oder anderweitige Umwelteinflüsse Einfluss genommen haben oder dass die Prüfer an dem Tag nichts gefunden haben. Ich finde es hoch problematisch, dass das für die Umweltvereine rückwirkend derartige Auswirkungen auf die Fördermittelvergabe hat –was dazu führt, dass immer weniger Umweltvereine dieses Risiko eingehen, solche Pflegemaßnahmen professionell umzusetzen. Damit werden immer weniger Flächen professionell gepflegt, und das muss sich ändern.
Zum Beispiel könnten sich die Prüfkriterien ändern, dass man also prüft, ob der Umweltverein bestimmte Leistungen und Maßnahmendurchgesetzt hat –neben der eigentlichen Artenprüfung. Dort kann man noch viel machen und das sollte man im Ausschuss diskutieren.
Das alles hätte ich gern mit Ihnen im Umweltbeirat besprochen.
(Beifall bei den LINKEN)
Präsident Dr. Matthias Rößler: Ihre Redezeit geht zu Ende.
Marco Böhme, DIE LINKE: Doch wenn Sie mich dazu nicht gewählt haben, ist das in diesem Sinne nicht möglich.
(Zurufe von der CDU)
In den verbleibenden fünf Sekunden möchte ich sagen, dass es dafür nicht nur den Umweltbeirat braucht, sondern man –zusammen mit den Umweltvereinen –auch weiter für eine hohe biologische Vielfalt in diesem Freistaatkämpfen kann.
Vielen Dank.
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