Gestern Nachmittag hörte der Ausschuss für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft Sachverständige zum Antrag der Linksfraktion „Klima- und Naturschutz zusammen denken – Weichenstellen für eine zukunftsfähige Entwicklung der Wasserkraft in Sachsen“ (Drucksache 7/7629). Dazu sagt der energiepolitische Sprecher Marco Böhme:
„Die Staatsregierung sieht die Potenziale der Wasserkraft in Sachsen als erschöpft an (siehe Stellungnahme zum Antrag). Angesichts der Energiekrise muss diese Sichtweise überprüft werden. Es wäre auch nicht zu verantworten, wenn weitere Wassermühlen stürben. Denn sofern genug Rücksicht auf Naturschutz genommen wird, ist Strom aus Wasserkraft eine wichtige Säule im Kampf gegen die Klimaerhitzung. Wir sollten prüfen, ob der Freistaat in dieser Hinsicht bereits alles erreicht hat, was möglich ist. Deshalb fordern wir eine umfassende, fachverbandlich abgestimmte Zustands- und Potenzialanalyse. Wir sollten schauen, welche Wasserkraft-Anlagen energetisch modernisiert und ökologisch optimiert werden können, und diesen Umbau gezielt fördern. Dafür gab es bei der Sachverständigenanhörung auch Zustimmung. Zudem sollten wir menschliche Eingriffe in Fließgewässer weiter zurücknehmen, wo immer das geht, dabei aber Wasserkraftwerke möglichst erhalten. Ferner schlagen wir vor, alte Wasserkraftwerke zu reaktivieren, wo immer das naturverträglich umsetzbar ist.
Der energiewirtschaftliche Nutzen sowie der Klimaschutzbeitrag müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Grad der ökologischen Beeinträchtigung stehen. Mit Stand 2019 wurden rund 185 Gigawattstunden pro Jahr an Elektroenergie aus Wasserkraft ins Netz eingespeist, das erschließbare Wasserkraftpotenzial in Sachsen wurde bisher auf bis zu 433 Gigawattstunden geschätzt. Der Übergang ins Zeitalter erneuerbarer Energieversorgung verlangt mehrere richtige Antworten. Die Versorgung eines Einfamilienhauses auf dem Land hat andere Voraussetzungen als die Beheizung einer Miethauskaserne mit hundert Mietparteien. Also müssen standortspezifische Besonderheiten berücksichtigt und angepasste Lösungen entwickelt werden. Die Energiepreis-Explosion zeigt, wie wichtig es ist, alle Potenziale sauberer, unabhängiger Energiegewinnung zu nutzen. Ist eine Gießerei in der Nähe, könnte die Abwärme genutzt werden. Ist ein Fluss in der Nähe, könnte Wasserkraft ein Baustein sein. In unserem Nachbarbundesland Sachsen-Anhalt lässt sich besichtigen, wie das aussehen kann. Auf der Mühleninsel in Merseburg liefert eine kleine Wasserkraftanlage in der alten Mühle sauberen Strom, mit dem eine Wärmepumpe betrieben wird. Für die Anwohnerinnen und Anwohner der Anlage ist die so produzierte Wärme kostenlos. Von solchen Lösungen träumen alle, vor allem diejenigen, die mit Gas heizen müssen. Aufgrund des historischen Standortes sind auch die Eingriffe in die Natur gering.“
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