Keine neuen Tagebaue! Mit weiterer Braunkohleverstromung können die Pariser Klimaziele nicht erreicht werden

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In einem Antrag (Drucksache 6/7213) fordert die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Erweiterungen von Braunkohletagebauen auszuschließen. DIE LINKE unterstützt den Antrag, denn spätestens mit den Pariser Klimabeschlüssen ist der Ausstieg aus der Braunkohle unumgänglich.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich sehe gerade, ich habe noch 16 Minuten Redezeit.

(Allgemeine Heiterkeit)

Mal schauen, ob wir die für diese Debatte brauchen.

(Georg-Ludwig von Breitenbuch, CDU:  Wir haben Zeit!)

Wir sprechen in dieser letzten Debatte über ein Thema, das das Jahr 2016 sehr geprägt hat: das internationale Klimaabkommen von Paris und seine Folgen. Eine Folge des Abkommens ist, über die Sinnhaftigkeit von Aufschlüssen neuer Tagebaue zu sprechen, was wir mit diesem Antrag machen wollen. Im Dezember – ziemlich genau vor einem Jahr – wurde das internationale Klimafolgeabkommen in Paris ausgehandelt. Es trat am 4. November 2016 in Kraft und wurde von nahezu allen Ländern der Erde unterzeichnet: darunter China, Russland, die USA, die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und damit auch Deutschland. Das Abkommen tritt damit vier Jahre eher in Kraft, als es geplant war, und ist damit jetzt schon eines der erfolgreichsten internationalen Verträge der Menschheit. Zum Vergleich: Allein die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls hat acht Jahre gedauert. Auch dieses Jahr gab es wieder einen Klimagipfel, diesmal in Marrakesch in Marokko. Dort wurden die Ziele von Paris konkretisiert und es sollten auch die Datengrundlagen, mit denen die Länder agieren, vereinheitlicht werden, damit alle die selben Datengrundlagen nutzen können. Vor allem sollten die Länder dort aufzeigen, wie die Klimaziele erreicht werden sollen. Barbara Hendricks, die Deutsche Umweltministerin, hat den Klimaschutzplan 2050 konkretisiert und im Bundeskabinett eingebracht. Da gab es ziemlichen Krach, wie Sie vielleicht auch wissen und sich erinnern. Denn auch Sachsen hat dort massiven Druck aufgebaut, um entsprechende Regelungen und Formulierungen zu verhindern, die einen Braunkohlenausstieg oder das Verbot von neuen Tagebauerweiterungen vorsahen. Am Ende der Verhandlungen wurden dem Ministerpräsidenten Tillich von allen möglichen Kohlevertretern auf die Schulter geklopft und gedankt, dass er und andere Kohleminister es erreicht hätten, bestimmte Passagen, wie die beiden genannten Punkte, gestrichen zu haben. Ich finde das gar nicht schlimm. Freuen Sie sich ruhig über diese zweifelhaften Erfolge. Ich habe auch nichts anderes von dieser Koalition und dieser Regierung erwartet. Dazu passt auch die Aussage des CDU-Abg. Heinz, immerhin Leiter des Arbeitskreises für Landwirtschaft und Umwelt, der in der Anhörung eines der letzten Umweltausschüsse sagte, dass aus seiner Sicht der Zusammenhang von Treibhausgasen und Klimaschutz völlig überbewertet werde.

(Zuruf von der CDU –  Lothar Bienst, CDU: Richtig! –  Zuruf von der CDU:  Wer hat das gesagt, dass das so ist?)

Das hätte Donald Trump nicht besser sagen können, zumindest im Wahlkampf. Denn mittlerweile schließt selbst er nicht mehr aus, dass die Menschheit eine Mitverantwortung für den Klimawandel und die Erderwärmung trägt.

  1. Vizepräsidentin Andrea Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Marco Böhme, DIE LINKE: – Gleich, Frau Präsidentin. – Da stellt sich mir nun die Frage, wer auf diesem Planeten eigentlich rückschrittlicher ist, die sächsische CDU oder Donald Trump.

  1. Vizepräsidentin Andrea Dombois: Herr Urban.

Jörg Urban, AfD: Herr Böhme, das war gerade eine ziemliche Aufwertung der sächsischen Regierung.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich habe eine Frage: Sie haben den Einfluss des CO2 auf das Weltklima angesprochen. Wissen Sie, wie groß der Anteil des CO2, was von Menschen emittiert wird, an dem emittierten CO2 insgesamt ist? Sie müssen mir keine konkrete Zahl nennen. Ich hätte aber gern zumindest eine Größenordnung vom Verhältnis natürliche CO2-Emissionen und von Menschen gemachte CO2-Emissionen.

Marco Böhme, DIE LINKE: Die genaue Zahl kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Aber ich kann Ihnen das Verhältnis benennen, nach dem Sie gerade gefragt haben. Es ist ein sehr geringes Verhältnis. Das wollten Sie wahrscheinlich jetzt hören. Vielleicht ein kleiner Vergleich: Wenn Sie in einer Badewanne liegen, die voller Wasser ist, und der Wasserhahn offen ist und dort Wasser einfließt und genauso viel Wasser aus dem Gully wieder abfließt, dann ist das dasselbe Gleichgewicht. Wenn Sie noch ein zwei Tropfen mehr in die Wanne tröpfeln lassen – das ist in etwa das Verhältnis der Menschheit, worauf Sie gerade ansprechen wollen oder was Sie gerade damit meinen, dass Sie doch keinen Einfluss hätten –, läuft irgendwann die Wanne über.

(Zuruf von der CDU: Oh, das ist ein Physiker! – Zuruf des Abg. Christian Hartmann, CDU)

Es ist wissenschaftlich belegt, dass der CO2-Ausstoß mittlerweile so hoch ist, dass irgendwann Effekte auftreten, die nicht mehr rückgängig zu machen sind. Daher gilt es, unter dem 2-Grad-Ziel zu bleiben. Da gilt es auch, dass Sachsen sich genauso wie die weltweite Staatengemeinschaft daran beteiligt.

(Beifall bei den LINKEN)

  1. Vizepräsidentin Andrea Dombois: Gestatten sie eine Zwischenfrage von Herrn Rohwer?

Marco Böhme, DIE LINKE: Ja.

Lars Rohwer, CDU: Herr Kollege, nachdem Sie selbst das Bild mit der vollen Badewanne gebracht haben, würde ich gern von Ihnen wissen, wie viel zu dieser vollen Badewanne China und die Vereinigten Staaten an CO2 beitragen und wie viel Deutschland.

Marco Böhme, DIE LINKE: Das hatte ich in einer meiner ersten Reden bereits einmal aufgeschlüsselt. Dazu können wir gern noch einmal in das Protokoll schauen. Das weiß ich jetzt aus dem Kopf auch nicht mehr, aber auf jeden Fall einen sehr hohen Anteil.

(Dr. Matthias Rößler, CDU: 6 %!)

Aber auch die USA, genauso wie China und Russland und eben auch Deutschland, haben den Klimavertrag von Paris unterzeichnet und sind bereit, ihre Emissionen zu reduzieren. Da müssen wir als Sachsen doch mitmachen, zumal wir mit 4 Millionen Einwohnern einen erheblich höheren Anteil an CO2 haben als China, das mit 1 Milliarde Einwohner einen viel geringeren CO2-Verbrauch hat als wir. Also sind wir in der besonderen Verantwortung, hier zu handeln.

(Beifall bei den LINKEN – Christian Hartmann, CDU: Können Sie  das bitte einmal für die Provinz berechnen!)

Liebe Damen und Herren Staatsminister und Herr Hirche! Der Kohleausstieg kommt, Herr Lippold hat es gerade erklärt, und das auch nicht nur in Sachsen oder in Deutschland, sondern international. Der Menschheit bleibt auch gar nichts anderes übrig, als das 2-Grad-Ziel erreichen zu wollen und damit Emissionen zu senken. Deswegen noch einmal zum Antrag:

(Zuruf von der CDU)

Die Reduktionsziele, die im Klimaschutzplan 2050 enthalten sind, führen praktisch dazu, dass keine Neuaufschlüsse für die bestehenden Kraftwerke in Sachsen notwendig sind, weil diese nicht mehr CO2 emittieren dürfen, als vereinbart ist. Deswegen ist die Zustimmung zu den Punkten 1 und 2 in I des Antrages eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Die politische Dimension ist eine andere, nämlich dass in der Vergangenheit – und wohl auch in der Zukunft, wenn es nach Ihnen geht – mehr Kohle aus den sächsischen Tagebauen abgebaggert und entnommen werden soll, als für die Kraftwerke verfeuert werden darf. Das ist das Problem. Deswegen stellt sich doch überhaupt erst die Frage und die Debatte, die wir hier führen, weil Geschäftsleute mehr Kohle mit der Kohle machen wollen und die Orte Pödelwitz, Oberlitz, Rohne, Mulkwitz, Schleife Süd, Mühlrose und Trebendorf nun auf dem Spiel stehen. Das darf nicht sein. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sich dafür auszusprechen und im Landtag klar zu sagen, dass es das so nicht gibt. Wir haben Vorgaben aus Berlin und Europa. Das wurde bereits angesprochen. Wir sind nun einmal Teil des internationalen Klimaabkommens. Da müssen nicht nur andere Länder ranklotzen, sondern auch wir. Wenn wir hier Geschäftsleuten erlauben wollen, Kohle aus Sachsen abzubaggern, um die dann zu verkaufen, und damit Menschen ihre Lebensgrundlage verlieren, ist das nicht verhandelbar und braucht eine klare Stellungnahme der Staatsregierung,

(Beifall bei den LINKEN)

noch dazu, wenn die Staatsregierung nicht mal eine Förder- oder Feldesabgabe für das Abbaggern dieser Kohle verlangt. Da sind dem Freistaat übrigens bisher mehrere Millionen Euro entgangen und werden wohl auch noch dem Freistaat entgehen, da Sie ja unseren Anträgen im Haushalt nicht zugestimmt haben. Was macht die MIBRAG? Die MIBRAG bietet gerade den Menschen in Pödelwitz und in Oberlitz bei Leipzig erhebliche Summen an, damit die Menschen dort freiwillig ihre Häuser verlassen, das heißt umziehen, obwohl diese teilweise aus Heuersdorf kommen, einem Ort, der gerade abgebaggert wird, und sie bereits nach Oberlitz und Pödelwitz umgesiedelt wurden. Das andere ist, dass praktisch damit Tatsachen geschaffen werden, um die Orte dann später räumen zu können, weil die vorhandenen Kohlemengen auf einmal nicht mehr reichen, um das Kraftwerk Lippendorf zu versorgen, und es einen Vertrag gibt, dass 10 Millionen Tonnen Kohle jedes Jahr an Lippendorf geliefert werden sollen. Die reichen deswegen nicht, weil in der Vergangenheit mehr Kohle abgebaut wurde, aber eben verkauft und nicht verfeuert. Deswegen kommt das Argument: Wir müssen weitere Orte erschließen. Demnächst wird es wohl so sein, dass in Pödelwitz die ersten Häuser abgerissen werden und das, obwohl weder der gültige Rahmenbetriebsplan vorliegt noch der Braunkohleplan ein Abbaggern des Ortes bisher vorsieht und noch nicht einmal der Entwurf für einen neuen Rahmenbetriebsplan vorhanden ist.  Daher ist es dringend nötig, den Menschen klarzustellen: Ihr braucht euch nicht verkaufen zu lassen, wir genehmigen keine Neuaufschlüsse. Genau das fordert der Antrag. Dem stimmen wir zu, und das sollten Sie auch tun.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

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