Dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Tagebauerweiterungen jetzt ausschließen – Fortbestand der Dörfer Pödelwitz und Obertitz sichern“ (Drucksache 6/14447) haben wir LINKE zugestimmt. In meinen beiden Redebeiträgen begründe ich, warum eine Tagebauerweiterung aus sozialen, ökologischen aber auch ökonomischen Gründen unsinnig ist und die beiden Dörfer daher unbedingt erhalten bleiben müssen:
Marco Böhme, DIE LINKE: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich ist alles gesagt, doch die CDU widerspricht hier und deshalb ein paar Anmerkungen.
Ich finde es schon ein bisschen paradox: Gerade haben Sie noch den Antrag für erneuerbare Energien –in diesem Fall Solarenergieanlagen zur Eigenstromerzeugung und -speicherung –abgelehnt, um jetzt zu sagen, dass erneuerbare Energien nicht ausgebaut genug seien und nichts bringen würden und noch Probleme machten. Das ist schon ziemlich paradox.
Ich spreche aber auch gern zum Antrag der GRÜNEN. Die Kraftwerksbetreiber von Lippendorf –damals war es noch Vattenfall und EnBW –haben damals das Kraftwerk bis 2040 konzipiert. Bis dahin ist es nicht nur abgeschrieben, sondern es war auch nur bis dahin im Betrieb geplant. Wir sind nun heute im dritten Jahr nach Paris, nach dem UN-Klimaabkommen, und auch der Deutsche Bundestag hat einstimmig beschlossen, dass wir diesen Zielen des UN-Klimabeschlusses folgen. Ihm wurde einstimmig im Bundestag zugestimmt und ich gehe davon aus, dass Ihre Kollegen aus den Bundestagsfraktionen Ihnen das mitgeteilt haben. Deshalb verstehe ich diese Verwunderung nicht.
Außerdem haben wir mittlerweile eine Kohleausstiegskommission und dort geht es ganz klar um ein Ausstiegsszenario aus der Kohle, und zwar im Zeitraum zwischen 2030 und 2040. Das ist das Ziel und der Auftrag der Kohlekommission. Auch hier sehen wir wieder das spätmöglichste Datum 2040; bis dahin ist das Kraftwerk auch konzipiert. Spätestens da müsste Ihnen doch klar sein, dass das Kraftwerk Lippendorf nicht länger als bis 2040 läuft.
Übrigens kommen noch einige andere Faktoren hinzu, wie zum Beispiel, dass die Stadt Leipzig gerade plant, aus der Fernwärme von Lippendorf bis 2030 auszusteigen –ähnlich, wie es Chemnitz bereits vollzogen hat. Auch Chemnitz bezieht seine Kohle aus der Region im mitteldeutschen Raum. Auch dort werden wieder Kapazitäten frei, um das vorhandene Tagebaugebiet Schleenhain zu nutzen, um die Kohle daraus zu fördern.
Kurzum: Es gibt eigentlich keinerlei Bedarf, einen weiteren Tagebau aufzuschließen. Das Vereinigte Schleenhain reicht aus. Dass die MIBRAG Pödelwitz nur abbaggern will, weil es einfacher und kostengünstiger ist, haben wir auch gehört. Aber das darf doch nicht die Grundlage unseres politischen Handelns sein. Deshalb lehnen wir das ab und stimmen den GRÜNEN zu, Pödelwitz zu retten.
Vielen Dank.
(Beifall bei den LINKEN)
Es folgt mein zweiter Redebeitrag zum Thema:
Marco Böhme, DIE LINKE: Herr Präsident, ich wollte noch etwas ergänzen, und zwar zum Thema Gift, Atmosphäre und CO2. Natürlich kann alles ein Gift sein. CO2kann auch ein Gift sein. Wir töten zum Beispiel auch immerhin Tiere bei der Schlachtung damit. Aber natürlich haben Sie recht, dass der Anteil an CO2in der Atmosphäre nicht so hoch ist, dass er giftig wirkt. Also die Menge macht immer das Auschlaggebende.
Trotzdem ist der Anteil von dem CO2-Ausstoß in Deutschland und in Sachsen nicht nur im 0,0000-irgendwas-Bereich von dem derzeitigen jährlichen auszustoßenden CO2weltweit, sondern wir sind auf Platz6 mit 2,2%. Vor uns sind Japan mit 3%, Russland mit 4%, Indien mit 6%, USA mit 16% und China mit 28%. Jetzt können Sie natürlich sagen, dass diese ganzen anderen Länder doch viel schlimmer sind als wir und es sich dann dennoch nicht lohnt, hier aus der Kohleverstromung oder aus anderen Emissionsquellen auszusteigen.
Dann sage ich Ihnen, dass es natürlich auch etwas macht, wenn wir über Gerechtigkeit reden, wie viel Menschen in einem Staat leben. Natürlich ist China allein von der Masse an Individuen und der Größe des Landes an der Spitze des CO2-Ausstoßes. Aber wenn man das pro Kopf herunterrechnet, ist es lange weit hinter Deutschland. Da sind wir mit 11 Tonnen, gerade hier in Sachsen, auf Platz 4 weltweit im CO2-Ausstoß. Das sollte uns zu denken geben. Und das muss uns zu denken geben, dass wir hier handeln müssen und in einer besonderen, vor allem historischen Verantwortung stehen. Immerhin stoßen wir seit über 150 Jahren enorme Mengen CO2 aus und das jedes Jahr. Diese verschwinden nicht jedes Jahr, sondern sie müssen aufgebaut auf die gesamte Rechnung des globalen CO2 betrachtet werden. Auch da sind die Entwicklungsländer und andere Länder lange nicht so schmutzig wie wir.
Herr Rohwer, Sie haben vorhin gesagt, nur weil das Unternehmen Tatsachen geschaffen habe –also in dem Fall Leute aufgekauft hat –, müssten wir als Freistaat entsprechend handeln. Das wurde eben gerade gesagt. Ich finde nicht, dass wir uns von einem Unternehmen erpressen lassen müssen und dann dahin gehend unsere Politik gestalten. Wenn das Unternehmen die Absicht hat, irgendwo Grundstücke zu kaufen, kann es das doch tun. Die können diese auch wieder verkaufen. Das heißt für uns aber nicht, dass wir denen eine Genehmigung geben müssen, dieses Dorf abzubaggern. Denn es geht um Menschen und es geht um Potenzial an Kultur und letzt-endlich im Zweifelsfall um neue Wohn- und Arbeitsplätze im Südraum von Leipzig. Dieser Wohnraum wird, wie bereits erwähnt, dringend gebraucht.
(Beifall bei den LINKEN und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)
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