Marco Böhme, energiepolitischer Sprecher der Linksfraktion, erklärt zu den Kabinettsbeschlüssen über den Windkraftausbau und die Wasserstoffstrategie:
„1.000 Meter Mindestabstand für Windenergielagen sind keine Lockerung der bisherigen Regeln, sondern eine zusätzliche Ausbau-Hürde. Es wird weniger Fläche zur Verfügung stehen – laut Umweltbundesamt reduziert ein Mindestabstand von 1.000 Metern die verfügbare Fläche für Windenergieanlagen um 20 bis 50 Prozent. Zudem wird der Aufwand für die Regionalen Planungsverbände erneut erhöht, weil sie nun zusätzlich die Zahl der Wohngebäude nachzählen müssen. Das dürfte den ohnehin schon viel zu langen Planungsprozess weiter verzögern.
Mit dieser Abstandsregel ist das Ziel des Koalitionsvertrags, bis 2024 circa 200 Windenergieanlagen zu errichten, nicht zu schaffen. Damit wird Sachsen die Pariser Klimaschutzziele verfehlen. Sachsen hat bereits den geringsten Ausbau aller Bundesländer – 2021 wurde nur ein einziges Windrad neu errichtet, elf wurden abgebaut. Die Akzeptanz für den Ausbau von Windenergieanlagen wird auch durch Mindestabstände nicht wachsen. Untersuchungen des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende zeigen, dass frühe Beteiligung und die finanzielle Teilhabe der Bevölkerung entscheidender sind. Die Linksfraktion hat dazu längst einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Die Misere bei der Windenergienutzung konterkariert auch Sachsens Wasserstoffstrategie, die heute mit vielen Monaten Verspätung beschlossen worden ist. Die Herstellung von ausreichend viel grünem Wasserstoff ist damit faktisch unmöglich. Wasserstoff gilt vielen als das ,Öl der Zukunft‘ – er verspricht, im Grunde weiter so zu produzieren und fahren zu können wie bisher. Derzeit werden aber mehr als 90 Prozent des Wasserstoffs unter Nutzung fossiler Energiequellen gewonnen, ,grüner Wasserstoff‘ aus erneuerbaren Energiequellen steht kurz- und mittelfristig nur sehr begrenzt zur Verfügung. Umso entschlossener müssen wir die Energie- und Verkehrswende vorantreiben, wozu auch und vor allem die stärkere Windenergie-Nutzung gehört. Dazu ist die amtierende Regierungskoalition aber nicht imstande. Es passt dazu, dass die Wasserstoffstrategie keine konkreten Förderprogramme oder Fördermittel enthält.
Der Einsatz von Wasserstoff ist dort sinnvoll, wo eine Elektrifizierung nicht oder nur sehr schwer möglich ist. Dies gilt vor allem für die Industrie sowie den Flug- und Seeverkehr. Hierauf sollte der Schwerpunkt der sächsischen Wasserstoffforschung und -anwendung liegen. Pläne, mit voller Kraft die Entwicklung eines Wasserstoffmarktes zu forcieren, müssen kritisch hinterfragt werden. Besser wäre es, auf Energieeinsparung und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger zu setzen und die Elektrifizierung, insbesondere im Verkehrsbereich, schneller voranzutreiben.“
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