Die AfD hat einen Stopp des Baus von Windenergieanlagen gefordert (Drucksache 06/2009). In der Debatte zu diesem Antrag am 09.07.2015 entgegne ich hysterischen Klimawandelleugnern:
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Die AfD fordert hier ein Moratorium für Windenergieanlagen. Es soll also der Bau von neuen Windrädern in Sachsen verboten werden, weil diese einen sogenannten Infraschall aussenden, der für das menschliche Ohr zwar nicht wahrnehmbar, aber doch gefährlich sei. Es ist ein sehr kurzer Antrag, und er ist aus meiner Sicht auch sehr dünn. Ich möchte zu dem Antrag drei Aspekte nennen:
Erstens. Der Antrag schürt aus meiner Sicht Hysterie und Ängste bei den Bürgerinnen und Bürgern. Weshalb? In Ihrer Begründung heißt es –Zitat –: „Angesichts sich häufender Berichte von Menschen über erhebliche Ein-schränkungen ihrer Lebensgewohnheiten und massive gesundheitliche Beeinträchtigungen, nachdem eine Windenergieanlage in Betrieb genommen wurde …“ usw.
Mich würde interessieren: Welche und wie viele Berichte kennen Sie bzw. meinen Sie konkret? Dazu haben Sie keine Quelle in Ihrem Antrag angegeben, obwohl Sie das bei anderen Themen schon getan haben.
Weiter heißt es, dass das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt würde und dass sich Menschen durch Windenergieanlagen unfreiwillig wissenschaftlicher oder anderer Experimente unterwerfen würden.
Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Sie suggerieren damit, dass Windräder eine Art Hexen-werk seien. Sie, die den menschengemachten Klimawandel anzweifeln und leugnen, wissenschaftliche Beweise dafür ignorieren, berufen sich jetzt auf die Wissenschaft, die noch keine Beweise geliefert hat, dass Infraschall durch Windkraftanlagen zu gesundheitlichen Einschränkungen führt. Das ist meiner Ansicht nach völlig absurd.
Was wäre denn Ihre Alternative? Windenergie abschaffen, die Windräder abschalten? Okay, das kann man machen. Doch Windenergie ist eine der wichtigsten erneuerbaren Energien, welche in Sachsen den meisten grünen Strom liefern.
(Gunter Wild, AfD: Das hat man früher von der Atomkraft auch behauptet!)
–Zur Atomkraft komme ich gleich, das gefällt Ihnen sicherlich auch.
Auf Windenergie zu verzichten würde unter anderem heißen, mehr auf Kohle zu setzen und damit mehr auf Feinstaub, Quecksilber, sinkende Trinkwasserspiegel, abgebaggerte Landstriche
(Zuruf von der AfD: Arbeitsplätze!)
und erhebliche Mengen an CO2. Das wäre Ihre Alternative, liebe Alternative für Deutschland, oder –wie Sie es sicherlich auch wollen–wieder mehr Atomkraft produzieren. Auch da bin ich auf Ihre Angaben zur gesundheit-lichen Unbedenklichkeit gespannt.
(Dr. Stefan Dreher, AfD: Brückentechnologie heißt das!)
Ich will das Problem nicht kleinreden. Ja, es gibt negative Eigenschaften von Windenergieanlagen. Sie sind nicht leise, sie machen hörbare Geräusche in unmittelbarer Nähe, sie werfen Schatten und sie geben auch Schwin-gungen ab. Aber keine Anlage wird heute direkt neben einem Wohnhaus gebaut. Es werden immer die Bun-desimmissionsvorschriften eingehalten, die Höchstwerte für Lärm und entsprechende Mindestabstände vorschreiben. Ja, Windenergieanlagen emittieren auch nicht hörbaren Infraschall, der in unmittelbarer Nähe sogar von einigen wenigen Menschen –unter 2% der Bevölkerung–, meist jungen Menschen, wahrgenommen werden kann. Er führt, wie hörbarer Lärm, zu den allgemein bekannten Auswirkungen von Lärm wie Stress, Kopf-schmerzen oder Konzentrationsschwäche.
Sie verschweigen in Ihrem Antrag, dass es Hunderte weitere Quellen für Infraschall in unserer Umwelt gibt. Fast jede Straße in Deutschland ist lauter als ein Windrad, sowohl hörbar als auch im Infraschallbereich. Infraschall wird übrigens auch von Klimaanlagen, von Zügen, von Pumpen, von Hochdruckreinigern und von Druckern erzeugt; selbst der natürliche Wind und das Wellenbrechen an Küsten erzeugen Infraschall.
Dass Sie als Autofahrerpartei nichts gegen den Infraschall von Autos machen wollen, ist mir schon klar. Oder wollen Sie das demnächst vielleicht auch noch verbieten?
(Dr. Stefan Dreher, AfD: Solche dummen Bemerkungen!)
Darüber können wir reden, aber ich denke nicht, dass es Ihr Ansinnen ist. Das haben Sie auch gerade gezeigt.
Jede Art der Energieerzeugung hat gewisse Nachteile und Auswirkungen auf die Umwelt. Doch gerade bei den erneuerbaren Energien sind es die, die am gesellschaftlich verträglichsten sind, und es werden auch vor Ort, zum Beispiel bei der Windkraft, Emissionsgrenzwerte vorgegeben. Diese werden auch in Sachsen eingehalten.
Die Weiterentwicklung dieser recht neuen Technologie zur Stromerzeugung geht auch immer noch weiter. Die Wärmeemissionen von neuen Anlagen sind heute erheblich geringer als die von alten Anlagen, und das bei erheblich mehr Leistung.
Damit komme ich schon zu meinem zweiten Punkt. Ihr Antrag hilft den von Ihnen betroffenen Menschen nicht. Die alten Anlagen, die lauter sind als neue, durch leistungsstärkere und leisere zu ersetzen, das sogenannte Repowering umzusetzen, ist nicht möglich. Sie können nicht ersetzt werden, weil Sie den Ausbau von weiteren Windanlagen stoppen. Dass die alten Anlagen weiterlaufen können, stört Sie scheinbar nicht. Sie gehen auf die Betroffenen nicht ein. In Ihrem Antrag steht das aber nicht. Sie wollen ein Moratorium für neue Anlagen. Wenn Sie konsequent sein wollen, dann müssten Sie den Stopp für alle Anlagen fordern, wenn denn der Infraschall so gefährlich ist.
Ihr Antrag will schlicht und einfach die Modernisierung von Windparks in Sachsen verhindern und trifft damit eine ganze Wirtschaftsbranche mit über 5000 Beschäftigten allein in Sachsen.
Drittens. Was wir brauchen –darüber sollten Sie sich eigentlich aufregen –, ist eine bessere Bürgerbeteiligung bei der Planung von Windkraftanlagen. Liebe AfD, anstatt hier mit einem –Pardon! –dämlichen Antrag herzukommen und
(Dr.Stefan Dreher, AfD: Das ist Ihr Beitrag!)
der Staatsregierung verbieten zu wollen, Windenergieanlagen zu bauen, sollten Sie lieber der Staatsregierung die Leviten lesen, was das Thema Bürgerbeteiligung vor Ort angeht. Dort gibt es erheblichen Nachholbedarf. Meine Fraktion wird dazu nach der Sommerpause einen entsprechenden Antrag einbringen, in dem es darum geht, dass die Bürgerinnen und Bürger nicht nur informiert werden, sondern auch bei der Entscheidungsfindung eingebunden werden, wo und wie Anlagen gebaut werden. Es soll auch die Möglichkeit geschaffen werden, sich finanziell, zum Beispiel als Kommune, als Privatperson, als Genossenschaft oder als Verein, an einer solchen Anlage zu beteiligen.
Ich freue mich auf diese Debatte nach der Sommerpause. Sie wird sicherlich gewinnbringend für alle Beteiligten. Aber mit Hysterie und Panik, wie sie von Ihnen verbreitet wird, wird das nichts. Daher werden wir Ihren Antrag selbstverständlich ablehnen.
Danke schön.
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