Windenergie ausbauen, Bürgerinnen, Bürger und Gemeinden stärker beteiligen!

In der zweiten Beratung des von meiner Fraktion eingebrachten Gesetzentwurfs zur Stärkung der Windenergie im Freistaat Sachsen habe ich die Dringlichkeit dieses Vorhabens noch einmal erläutert. Des Weiteren fanden die Anmerkungen der Sachverständigen Berücksichtigung, die zuvor in einer Expertenanhörung den Gesetzentwurf bewerten konnten.

Im Anschluss an die Reden der Fraktionen zu dem Gesetzesentwurf wurde im Landtag darüber abgestimmt. Mit der Mehrheit von CDU und SPD, aber auch den Stimmen der AfD, wurde der Gesetzentwurf abgelehnt.

Marco Böhme, DIE LINKE:

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen kann die sächsischen nationalen und internationalen Klimaschutzziele nur erreichen, wenn wir die Windenergie stärker nutzen. Der Wind ist in der Gesamtkostenbetrachtung der günstigste Energieträger und zudem derjenige mit dem größten Ausbaupotenzial. Sachsenliegt nicht nur in der Mitte von Deutschland mehr oder weniger, auch das Windpotenzial liegt in Sachsen im mittleren Bereich.

(André Barth, AfD: Der Mann kann keine Geografie!)

Hier gibt es keine Schwachwinde. Es lohnt sich also, hier zu investieren und diese Form der erneuerbaren Energien auszubauen. Und dass auch wir da dringend etwas tun müssen, ist nicht nur Verpflichtung, um die von der Bundesregierung geforderten Ausbauquoten für erneuerbare Energien zu erfüllen, sondern auch notwendig, um die Auswirkungen des Klimawandels durch entsprechen-de CO2-Einsparung zu begrenzen. Wir stecken nämlich mittendrin und spüren schon heute, dass es zu immer mehr Wetterextremereignissen kommt und es längere Kälte- und Wärmeperioden gibt, die unserer Vegetation und letztendlich uns Menschen das Leben schwer machen. Und das ist erst der Anfang.

Wir waren schon auf dem richtigen Weg. Viele Tausend Windenergieanlagen sind in den letzten Jahren in Deutschland entstanden, doch der Ausbau in Sachsen stockt bzw. ist völlig zum Stillstand gekommen. Dagegen wollen wir etwas tun, und das ist auch dringend nötig.

(Beifall bei den LINKEN)

Dazu kommt ein enormer Frust der Bevölkerung, die in der Vergangenheit nicht ordentlich am Anlagenbau beteiligt wurde und vor allem nichts davon hatte oder hat, wenn ein Windrad in der Nähe gebaut wurde. Um diese beiden Probleme zu lösen, haben wir Ihnen das Gesetz zur Stärkung der Windenergienutzung im Freistaat Sachsenheute zur Abstimmung vorgelegt. Es enthält zwei Artikel, welche jeweils die beiden beschriebenen Probleme, also zu wenig Beteiligung und zu geringer Ausbau der Anlagen, zu lösen versucht.

Zu diesem Gesetz gab es am 6. Dezember2017 im Wirtschaftsausschuss eine öffentliche Anhörung, die eine sehr intensive Debatte hervorgebracht hat. Wir haben im Anschluss einen Änderungsantrag zu diesem Gesetzentwurf vorgelegt, der auch in den Ausschüssen behandelt wurde und heute vorliegt.

Zum Inhalt des Gesetzes an sich: Artikel1 sieht zusammengefasst vor, dass die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgerbei der Planung von Windenergieanlagen zu verbessern ist und dabei ein neues Instrument zur finanziellen Teilhabe an diesen Anlagen zu schaffen ist, die es erlaubt, dass Kommunen und Bürger Miteigentümer von Windenergieanlagen werden können. Der Wind gehört schließlich allen und die Energiewende auch in Bürgerhand.

(Beifall bei den LINKEN)

In Artikel 2 geht es um die Bürgerbeteiligung, die wir verbessern wollen. Dazu wollen wir das Landesplanungs-gesetz ändern. Es soll eine Ombudsperson Ansprechpartner für die Bürger sein, und zwar bevor ein Planungsentwurf in der jeweiligen Region erstellt wird. Bürgerinnen und Bürgerkönnen im Laufe des Verfahrensfortschritts zunehmend nicht mehr über das Ob entscheiden, sondern in der Regel nur noch über das Wie des Vorhabens. Mit zunehmender Konkretisierung der Planung nimmt das Ausmaß der individuellen Einflussmöglichkeiten immer weiter ab, die Betroffenheit steigt aber. Allein das zu ändern, halten wir für elementar. Hinzu kommt, dass die Wissensdichte zwischen planaufstellenden Behörden und den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern sehr unter-schiedlich ist, was wir mit einem Bürgerbeauftragten, der Dinge erklären kann, ändern wollen.

Das Ganze soll in drei Schritten geschehen:

Als Erstes soll es eine umfassende Information über ein Vorhaben an die Bevölkerung geben, ähnlich wie es heute schon bei Lärmaktionsplänen der Fall ist. Es soll nicht nur eine Auslegung der Planung geben, sondern einen öffentlichen Termin mit Planungsträgern und auch den Investoren.

Im zweiten Schritt soll es eine Planungszelle, oder nennen Sie es meinetwegen auch Bürgerworkshop, geben. Dabei soll es eine Zufallsstichprobe einer repräsentativen Gruppe der Bevölkerung geben, die zusammen mit dem Bürgerbeauftragten ein Bürgergutachten zur Frage der Eignung der jeweiligen Windenergieanlagen erstellt. Das können Fragen zum Standort sein, damit dort Mindestanforderungen gegeben sind.

Im dritten Schritt soll dieses Bürgergutachten den politischen und demokratisch legitimierten Entscheidungsträgern vorgelegt werden, die dann über das Vorhaben abstimmen. Damit der Bau von Windenergieanlagen endlich für die Bürgerinnen und Bürgertransparent wird, können diese Kriterien einfordern, etwa im Vergleich zur Lage zu anderen Standorten oder zu der Frage von Abschaltzeiten, wenn sogenannte Schattenwürfe kommen und das die Bürger stört, oder auch, wenn Tiere zu bestimmten Jahreszeiten gefährdet werden. All das ist ein Paradigmenwechsel, den wir bei der Planung von Windenergieanlagen dringend brauchen.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir wollen außerdem, dass der Landesentwicklungsplan durch den Landtag beschlossen wird, also mit Zustimmung des Landtages. Wir fordern, dass dieser aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Umsetzung und zur Sicherung der räumlichen Erfordernisse des Klimaschutzes und zur Anpassung an den Klimawandel mit entsprechenden Gesetzen geändert werden kann. Da es die Erfordernisse des Klimaschutzes verlangen, fossile Energieträger zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen, wollen wir dafür entsprechende Flächen bereitstellen. Wir fordern daher mindestens 2% der Landesfläche als Vorranggebiete zur Nutzung der Wind-energie, um überhaupt wieder von einem Aufbau von Windenergieanlagen in Sachsenreden zu können. Weiter-hinwollen wir die Windenergie als raumbedeutsame Planung in das Landesplanungsgesetz aufnehmen und einen eigenen Absatz einfügen, in dem auf die wirtschaftliche Beteiligung laut dem Sächsischen Windenergiebeteiligungsgesetz eingegangen wird. Auch darauf möchte ich jetzt zu sprechen kommen.

Wir fordern nämlich nicht nur eine bessere Beteiligung bei der Planung und dem Bau von Windenergieanlagen, wir wollen auch, dass die Menschen und die Kommunen vor Ort etwas von diesen Anlagen haben. Kaum ein Anwohner begrüßt es, wenn an den Ortsrand ein Windrad gebaut wird, weil er nichts davon hat. Im Zweifel hat er eher Nachteile davon. Selbst wenn er die Energiewende richtig findet und unterstützt, will er das Windrad nicht vor seiner Haustür haben. Wir alle kennen diese Diskussion. Deswegen wollen wir den Menschen neben der planerischen Beteiligung auch eine finanzielle Beteiligung mitgeben. Allen Menschen in Gemeinden, in denen im Umkreis von zwei Kilometern ein Windrad gebaut wird, soll die Option gewährt werden, sich mit bis zu 10% am Investitionsvolumen des Windprojektes einzukaufen. Dasselbe soll auch für die Gemeinden gelten.

Herr Präsident, damit bringe ich auch gleich den Änderungsantrag ein, der allen vorliegt. Wir hatten ursprünglich vorgesehen, dass wir einen Fünf-Kilometer-Radius zum Windrad haben. Wir schlagen aber nun nach der Anhörung eine Änderung auf zwei Kilometer vor, weil wir der Meinung sind, nur den wirklich Betroffenen zu helfen; denn am Ende haben die mehr vom Kuchen und ein Mehr vom Gewinn, und das finden wir besser.

Wir wollen auch allen beteiligten Gemeinden die Option auf eine zehnprozentige Beteiligung geben. Sollten sie es nicht können oder sollten sie es nicht wollen, dann können sie immer noch fordern, dass sie einen finanziellen Ausgleich bekommen, in diesem Fall 1% der jeweils erzielten Erlöse der Windenergieanlage. Ursprünglich wollten wir 2%, also mehr Gewinnbeteiligung für die Kommunen zur Verfügung stellen, doch die Anhörung und vor allem die zeitliche Entwicklung seit der Gesetzeserstellung haben gezeigt, dass die Windbauern mittlerweile unter enormem finanziellem Druck stehen.

Das hat nichts mit der Senkung der Erneuerbare-Energien-Umlage zu tun; denn die Anlagen werden ja immer wirtschaftlicher. Nein, die Ausschreibungen sind das Problem, an die sich alle Windenergieanlagenbetreiber heute in Deutschland halten müssen. Diese zwingen die Betreiber, so günstige Angebote wie möglich abzugeben und dabei teilweise nicht wirtschaftliche Preise anzugeben, um überhaupt Anlagen in Deutschland bauen zu können. Natürlich schaffen wir mit diesem Gesetz einen Wettbewerbsnachteil für Sachsen. Das ist mir völlig klar. Ich gebe Ihnen recht mit Ihrer Kritik. Sachsen wäre das einzige Land neben Mecklenburg-Vorpommern, das solche Gesetze hat. Deswegen wäre es trotzdem das Beste, wenn ein solches Gesetz in ganz Deutschland gelten würde. Wir sind hier aber nun einmal nicht im Bundestag.

Ja, unser Gesetz ist auch nicht unbedingt das freundlichste für die Investoren. Das stimmt. Das ist aber auch nicht das Ziel. Das Ziel dieses Gesetzes ist es, dass die Bürgerinnen und Bürger und die Kommunen in Sachsen das Recht bekommen, aktiv mitreden zu können, wenn Windenergieanlagen gebaut werden.

(Staatsminister Martin Dulig: Ich denke, wir wollen Bürgerwindenergie!)

Aufgrund des Marktdrucks wollen wir den Gemeinden nur noch 1% Ausgleichsabgabe geben und nicht mehr 2%.

Unser Gesetz soll natürlich auch für alle neuen Windenergieanlagen gelten. Wir wollen also nicht mehr die sogenannten Bürgerenergieanlagen von der Beteiligungs-pflicht verschonen, wie es im ursprünglichen Gesetzentwurf stand, sondern diese durch den Änderungsantrag, der Ihnen vorliegt, wieder einbeziehen.

Wir hatten, wie gesagt, ursprünglich vor, diese auszunehmen, aber es ist leider so, dass die Mehrheit der Bürger-energieanlagen keine richtigen Bürgerenergieanlagen sind. Es hat sich schon seit ein paar Jahren gezeigt, dass oft Konzerne dahinter stehen, die einen gesetzlich nötigen Bruchteil an Bürgerinnen und Bürgern beteiligt haben und sich dann „Bürgerenergieanlage“ nennen dürfen. Daher wollen wir diese wieder in unseren Beteiligungsprozess vor Ort mit einbeziehen und damit allen die gleichen Rechte und Pflichten geben.

Zusammengefasst: Wir sind davon überzeugt, dass trotz der nötigen Aufwendungen, die Investoren durch unser Gesetz leisten müssen –auch ohne unser Gesetz werden auch derzeit schon keine neuen Anlagen gebaut –, in Zukunft wieder Anlagen gebaut werden können, aber eben dann mit den Bürgerinnen gemeinsam und auch so, dass sie finanziell etwas davon haben.

(Staatsminister Martin Dulig: Sie wissen schon, dass es ein Ausschreibungsmodell ist!)

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

 

Nachdem die anderen Fraktionen an der Reihe waren, konnte ich in einer zweiten Rede noch einmal auf deren Kritikpunkte eingehen:

Marco Böhme, DIE LINKE:

Ja, Herr Präsident. Ich würde gern auf meine Vorrednerinnen und Vorrednerreagieren. Um es einmal klarzustellen: Hier wird keiner gezwungen, kein Bürger, keine Kommune, irgendetwas zu kaufen. Es wird lediglich die Möglichkeit geschaffen, dahin gehend etwas zu tun.

Ich frage mich gerade bei CDU und SPD, warum Sie so scharf dagegen springen. Was haben Sie in den letzten vier Jahren dieser Legislatur getan, damit es auch nur einem Windbauer, einer Windbauerin oder einem Projektierer hier besser geht? Was hat sich in Sachsen geändert? –Das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass wir faktisch einen Ausbaustopp haben, dass keine neuen Windenergieanlagen in Sachsen gebaut werden können. Das ist das Resul-tat aus vier Jahren Regierung.

Zu den einzelnen Rednern: Herr Rohwer, Sie haben gesagt, dass, seitdem es das Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern gibt, das ein anderes ist als das, welches wir Ihnen vorgelegt haben, aber mit Bürgerbeteiligung und auch finanzieller Beteiligung ähnlich aufgeteilt ist, keine Windenergieanlagen mehr geschaffen wurden. Das ist vollkommener Quatsch. Allein im letzten Halbjahr 2017 sind 99 Megawatt entstanden. Das waren 33Anlagen. In Sachsen waren es übrigens gerade einmal 31Megawatt und zehn Anlagen, und das war nur Repowering.

Auch Ihre Behauptung, alle Sachverständigen hätten den Gesetzentwurf abgelehnt –ich habe hier das Protokoll der Sachverständigenanhörung und werde jetzt darauf eingehen, dass es eben nicht so ist. Vier Leute waren klar dafür. Herr Maslaton hat zwar nicht konkret zu unserem Gesetz-entwurf gesprochen, aber er hat Ihre Energiepolitik genüsslich auseinandergenommen, wozu viele verschiedene Zitate passen.

(Staatsminister Martin Dulig: Sagen Sie bitte, was er zu dem Gesetzentwurf gesagt hat! Er klagt dagegen!)

Ich komme auch zu dem Gesetzentwurf. Zunächst sagte er bei der Sachverständigenanhörung: „Sie brauchen sich über Windenergie in Sachsen keine Sorgen mehr zu machen. Ob Sie den Entwurf haben oder nicht“ –also in dem Fall der Gesetzentwurf –„ist völlig egal. Es passiert nämlich nichts mehr in Sachsen“, sagte er.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Herr Böhme, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Marco Böhme, DIE LINKE: Ich bringe das Zitat zu Ende.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Bitte.

Marco Böhme, DIE LINKE: „Wir brauchen nicht mehr über Akzeptanz zu reden. Sachsen ist faktisch tot. Ich sage das einmal ganz detailiert. Wir sind im Flächenstaat diejenigen, die keine Anlagen mehr haben. Das ist ganz simpel.“ –Zitat von Herrn Maslaton.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Jetzt gestatten Sie die Zwischenfrage. Bitte, Herr Vieweg.

Jörg Vieweg, SPD: Ja, Herr Böhme, eine Zwischenfrage von mir, weil Sie gerade betont haben, Herr Maslaton habe Ihren Gesetzentwurf gelobt und etwas Gutes an Ihrem Gesetzentwurf gefunden. Wissen Sie, dass Herr Maslaton die Windenergiebranche vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt, was die Klage gegen Ihr Vorbildgesetz aus Mecklenburg-Vorpommernbetrifft? Wissen Sie das, und wie bewerten Sie das?

Marco Böhme, DIE LINKE: Ja, Herr Vieweg, das weiß ich. Ich habe auch nicht gesagt, dass Herr Maslaton unseren Gesetzentwurf gelobt hat, sondern viele andere, und dass Herr Maslaton nicht auf unseren Gesetzentwurf eingegangen ist, sondern bei der Anhörung einzig und allein Ihre beiden Regierungskoalitionsfraktionen kritisiert hat, was ich gerade zitiert habe. Zur Verfassungs-rechtlichkeit, also ob es rechtlich möglich ist oder nicht, komme ich gleich. Das wurde auch angesprochen.

Herr Vieweg, ich danke Ihnen, dass Sie bei der Anhörung am Anfang einen Auszug ähnlich wie heute gemacht, also ein Loblied auf die Windenergie gesungen haben.

(Gunter Wild, fraktionslos, steht am Mikrofon.)

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Herr Böhme, lassen Sie sich nicht irritieren.

Marco Böhme, DIE LINKE: Gut. Dann nehme ich vielleicht die Anfrage gar nicht an, falls Sie das gleich sagen werden.

(Lachen bei den LINKEN)

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Bringen Sie mich nicht in die Situation, dass ich Sie auf die Ordnung hinweise. Ich wollte bitte nur dazu beitragen, dass Sie Ihren Satz zu Ende sagen können.

Marco Böhme, DIE LINKE: Gut. Ich wollte Herrn Vieweg nur danken, dass er ein Loblied auf die Windenergie gebracht hat, auch heute wieder, und würde dann gleich wieder zur Sachverständigenanhörung kommen.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Und jetzt gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Marco Böhme, DIE LINKE: Gerne.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Ach, jetzt. Bitte sehr.

Gunter Wild, fraktionslos: Vielen Dank, Herr Präsident! Herzlichen Dank, Herr Böhme. In Ihrem Gesetzentwurf bezeichnen Sie das finanzielle Risiko Anteilseigner bei einer Beteiligung an dem Vorhaben als gering. Des Weiteren schreiben Sie in Ihrem Gesetzentwurf: „So können höhere Erträge für Anteilseigner erworben und finanzielle Risiken begrenzt werden.“ Jetzt meine Frage: Warum weisen Sie mit keinem einzigen Wort, mit keinem einzigen Satz oder Zwischenton in Ihrem Gesetzentwurf darauf hin, dass für die Einlagen ein Totalverlustrisiko entstehen kann, nicht Nachschusspflicht, sondern ein Totalverlustrisiko der Einlagen? Darauf muss immer hingewiesen werden, wenn man so eine Anlage verkaufen will.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Herr Böhme, machen Sie das nicht?

Marco Böhme, DIE LINKE: Weil es nicht die Ombudsperson ist, die wir hier fordern. Diese hat eben genau die Aufgabe, die Bevölkerung. bzw. die Bürgerinnen und Bürger, die Gutachterinnen und Gutachter gemeinsam in einer Planungszeit über die Vor- und Nachteile einer Investition bei Windenergieanlagen aufzuklären. Natürlich ist jede Investition, egal ob bei einem Windrad oder bei einem Bauernhof oder bei sonst irgendetwas oder bei einem Aktiengeschäft, das Sie privat machen, immer mit einem Risiko verbunden. Noch einmal: Wir zwingen keinen Bürger, sich dort finanziell zu beteiligen. Wir erschaffen lediglich die Möglichkeit für Menschen, die das Interesse haben, sich dort zu beteiligen, dass sie das auch können, und zwar verpflichtend. Das hat etwas mit Vergesellschaftung zu tun. Die Gemeinden, die das nicht machen wollen oder nicht können, bekommen dann eine Ausgleichsabgabe, damit zumindest die Kommunen, in denen das Windrad steht oder in deren Nähe es steht, auch finanziell etwas davon haben.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Herr Böhme, gestatten Sie noch eine weitere Zwischenfrage?

Marco Böhme, DIE LINKE: Gerne.

Gunter Wild, fraktionslos: Eine kurze Nachfrage.

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Einen ganz kleinen Moment. Die Frage war gestellt. Es wird erlaubt. Jetzt haben Sie das Wort.

Gunter Wild, fraktionslos: Vielen Dank. Sie bezeichnen explizit das Risiko als gering. Erklären Sie mir doch einmal, warum Sie in Ihrem Antrag das Risiko der Beteiligung als gering bezeichnen. 

  1. Vizepräsident Horst Wehner: Herr Böhme.

Marco Böhme, DIE LINKE: Das ist kein Antrag, das ist ein Gesetz.

(Lachen bei den LINKEN)

Weil ich das so einschätze, weil wir das so einschätzen, weil es auch die Gesetzesschreiberinnen und Gesetzes-schreiber von Mecklenburg-Vorpommern so eingeschätzt haben.

(Gunter Wild, fraktionslos: Also abgeschrieben!)

Die konkreten Einschätzungen der Anlagen machen nicht wir als Gesetzgeber, sondern die Ombudspersonen bzw. Bürgergutachterinnen und Bürgergutachter.

(Gunter Wild, fraktionslos: Also Procon und andere sind vollkommen an Ihnen vorbeigegangen!)

–Das ist nicht an mir vorbeigegangen. Auch andere Firmen sind in vielen Fällen in Schwierigkeiten gekommen. Aber das hat mit dem konkreten Gesetz hier nichts zu tun. Ich mache weiter, Herr Präsident.

Zu Herrn Vieweg –da war ich stehengeblieben. Sie haben auch gesagt, dass es keine positiven Signale von der Sachverständigenanhörung gegeben hätte. Ich zitiere einmal Ihren Sachverständigen –ich nehme an, dass es Ihrer war –, den Geschäftsführer von der eins energie Chemnitz. Als es um die Frage ging, ob das Gesetz wirkungsvoll und gut sei, hat er geantwortet, dass er seit 2012 in Sachsenkeinen Zubau an Windenergieanlagen mehr hat. Das hatten wir gerade schon bei Herrn Maslaton gehört. Er sagte weiterhin: „Was wir alle gemeinsam gelernt haben, ist, dass in Deutschland, in der Republik insgesamt eine breite Mehrheit für die Energiewende besteht. Allerdings stellen wir fest, wenn die Energiewende vor der eigenen Haustür stattfindet, kommt überwiegend Gegenwind auf unsere Projekte zu, und wir müssen mit Widerstand aus der Bevölkerung rechnen. Wir müssen die Inakzeptanz hinnehmen und akzeptieren und damit umzugehen versuchen.“ Und er sagt weiterhin: „Unter diesen Randbedingungen halten wir die Idee aus dem Artikel1, die Betroffenen zu Beteiligten zu machen, für einen sehr guten Ansatz.“ –Das war sein Zitat.

(Staatsminister Martin Dulig: Dann nehmen Sie doch mal das Zitat ernst!)

Er bezieht sich explizit auf Artikel 1. Der Artikel 1 in diesem Gesetz ist die finanzielle Beteiligung.

Es geht weiter: Sie haben verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, Herr Vieweg. Dazu haben wir auch Zitate von Sachverständigen, die ich Ihnen gern anbringen möchte. Es ging um die Verfassungsmäßigkeit.

Frau Prof. Dr. Schlacke –sie ist Umweltplanungsrechtlerin der Uni Münster –hat bezüglich des formalen Verfassungskomitees geschrieben: „Hier kann man meines Erachtens relativ rasch sämtliche Zweifel beseitigen. Wir haben ein Bündel an Kompetenztiteln, die dem Land zur Verfügung stehen. Meines Erachtens kann der Landesgesetzgeber dieses sächsische Beteiligungsgesetz zum einen auf die dem EEG zugrunde liegende Sachkompetenz Energiewirtschaft stützen; denn diese bringt zum Aus-druck –und deutlicher kann man es nicht machen –, dass der Bundesgesetzgeber dies über Bürgergesellschaften, Energiegesellschaften nicht abschließend geregelt hat, sondern gerade eine Öffnungsklausel für die Länder geschaffen hat, um darüber hinauszugehen. Das heißt, wir haben hier keinen Verstoß gegen Artikel31 Grundgesetz, weil der Bund diese Materie abschließend geregelt hat, sondern die Länder können hier darüber hinausgehend davon abweichen.“

Es gibt noch das Zitat von Frau Knothe und die Nachfrage von Herrn Heidan damals, der das anscheinend nicht verstanden hat,

(Frank Heidan, CDU: Vorsicht!)

Als sie explizit gesagt hat, dass den Kommunen, den Gemeinden und den Bürgerinnen und Bürgern Rechte gegeben und nicht Rechte genommen werden.

Zum Thema Berufsfreiheit –weil Sie das auch mehr oder weniger angesprochen haben –sagte Frau Prof. Dr. Schlacke, dass es schwerwiegender sein könnte, zum Thema Verfassungskonformität der Berufsfreiheit zu gehen. Dort sagte sie aber weiterhin, dass es bedeute, es brauche hinreichende Gründe des Gemeinwohls, um dieses Sächsische Windenergiebeteiligungsgesetz zu begründen und bezüglich der Eingriffe in die Berufsfreiheit zu rechtfertigen. Sie sagte weiter, das werde mit dem Klimaschutz gemacht, der über dem Begriff Umwelt-schutz auch in unserer Verfassung steht, nämlich in Artikel 20a des Grundgesetzes. Wir haben eine Staatszielbestimmung, die besagt, dass die Lebensgrundlagen der Menschen geschützt werden müssen. Dazu zählt der Klimaschutz. Auch dahingehend kann man verfassungs-rechtlich nicht von Bedenken sprechen.

Drittens. Herr Vieweg, Sie haben auch das Zwei-Prozent-Ziel angegriffen. Warum wir jetzt von 0,3% –eigentlich sind es nur 0,1% –Landesfläche ausgehen, auf der in Sachsen Windenergie gebaut wird, dass das eine Versechsfachung der Zahlen wäre. Dort hat auch Ihr Sachverständiger Roland Wahner von eins energie gesagt, er wolle damit beginnen, dass er seit drei Jahren Geschäfts-führer der eins energie ist: „Als ich hierher gekommen bin, hatten wir einen Aufsichtsratsbeschluss, der dahingehend war, dass die eins energieüber 100 Millionen Euro für erneuerbare Energieprojekte investieren soll. Ich habe in den drei Jahren nichts in erneuerbare Energien investiert, weil wir in Sachsenkeine Flächen haben, auf die wir Windenergieanlagen bauen können. Wir begrüßen jede Initiative, die das Ziel hat, Flächen auszuweisen, die grundsätzlich mit Windenergieanlagen bebaubar sind. Ob die Leitplanke 2% oder 1,5% ist, ist letztlich nicht maßgebend. Am Ende ist das Ziel entscheidend. Das, was wir jetzt haben, nämlich 0,1%, ist eigentlich unerträglich. Wenn wir alle gemeinsam die Energiewende wollen, muss hier etwas passieren.“ Ihr Sachverständiger hat das gesagt.

Zu Herrn Hippold: Sie sagten, dass Sie bei einer Begenung mit den Fraktionsvorsitzenden Menschen bemerkt haben, die eigentlich keine finanzielle Beteiligung möchten, weil sie so frustriert sind, da sie generell so schlecht beteiligt wurden. Darin gebe ich Ihnen recht. Das ist auch ein Problem. Das wollen wir mit der Planungszelle und der Ombudsperson im Grundsatz ändern. Das ist der erste Schritt, den wir tun, und danach, wenn es eine bessere Beteiligung gibt, den Menschen die Möglichkeit eröffnen, sich auch finanziell zu beteiligen.

Zu Ihrem Antrag, den Sie vor einigen Monaten eingereicht haben und in dem Sie das Siegel ähnlich wie Thüringen fordern: Da bin ich voll bei Ihnen und stimme dem auch zu. Das ist auch eine Möglichkeit, Beteiligung zu verbessern. Dass wir das heute hier nicht gemeinsam gemacht haben, hängt mit dem Juristischen Dienst zusammen, der uns davon abgeraten hat und die Auffassung vertritt, dass ein Gesetz und ein Antrag nicht gemeinsam beschlossen werden können. Außerdem schreiben Sie in Ihrem Antrag, dass bis zum 30.Juni, also bis nächsten Monat, schon das Siegel geschaffen werden soll. Das finde ich sehr kurzfristig. Ich finde, da hätten Sie im Ausschuss jederzeit den Antrag ziehen können.

Alles in allem zu Ende gesagt: Ich würde mich freuen, wenn Sie hier mit uns gemeinsam dafür stimmen. Wir stimmen auch artikelweise ab, um die Windenergie wieder voranzubringen und den Menschen etwas davon zu geben.

(Beifall bei den LINKEN)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.