Bürger_innen und Gemeinden sollen von der Energiewende profitieren. Mehr Einbindung in der Standortplanung und finanzielle Anreize für Anwohner_innen schaffen!

Am 12. April 2017 fand die erste Beratung des von unserer Fraktion DIE LINKE eingebrachten Gesetzentwurfs zur Stärkung der Windenergienutzung im Freistaat Sachsen (Drucksache 6/9197) statt. Das Gesetz sieht vor, dass Bürgerinnen und Bürger sowie Gemeinden von Windrädern in ihrer Nähe finanziell profitieren und in der vorherigen Planung des Anlagenstandorts besser eingebunden werden sollen. Im Anschluss an diese erste Beratung fand eine Anhörung von Sachverständigen zum Gesetzentwurf statt. Hier meine erste Rede zum Gesetzentwurf:

Meine Damen und Herren!

Wir haben vor knapp einem Jahr der Staatsregierung und Ihnen im Landtag einen Antrag vorgelegt, mit dem die Staatsregierung aufgefordert werden sollte, einen Gesetzentwurf zur finanziellen Beteiligung an Windenergieanlagen vorzulegen. Leider wurde dieser Antrag im Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen von SPD, CDU und AfD abgelehnt. Dies hat mich und meine Fraktion jedoch nicht davon abgehalten, einen eigenen Gesetzentwurf zu schreiben. Dieser liegt Ihnen nun vor. Dessen wesentlicher Inhalt besteht darin, dass den Bürgerinnen und Bürgern die Beteiligung an neuen Windenergieanlagen, die in der Umgebung errichtet werden sollen, zwingend anzubieten ist. Unser Gesetzentwurf orientiert sich an dem bestehenden Recht in Dänemark, wo seit Jahren die Einwohnerinnen und Einwohner Entschädigungen erhalten, wenn Windenergieanlagen gebaut werden. Er orientiert sich außerdem an einem Gesetz, das seit einem Jahr in Mecklenburg-Vorpommern gilt, wo Einwohnerinnen und Einwohnern eine finanzielle Beteiligung an Windenergieanlagen ermöglicht wird. Dort regieren weder GRÜNE noch LINKE. Dennoch haben diese dort zugestimmt. Das Gesetz wurde vor einem Jahr mit den Stimmen von SPD und CDU beschlossen.

Daher bitte ich Sie eindringlich, sich den vorliegenden Gesetzentwurf genau anzuschauen und zu überdenken, ob Sie sich mit einer Fundamentalablehnung von Gesetzentwürfen der Opposition einen Gefallen tun. Doch worum geht es uns konkret? Wir möchten zum einen das Landesplanungsgesetz ändern und zum anderen ein neues Gesetz einführen, das eine finanzielle Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern und Gemeinden an neuen Windenergieanlagen ermöglicht. Es ist paradox, dass im strukturschwachen Osten eine so große Ablehnung von Windenergieanlagen vorhanden ist, und das, obwohl mit diesen Anlagen Milliardengewinne erzielt wurden und noch erzielt werden könnten. Das Problem, das die Leute haben, ist, dass die Leute eben nichts davon haben, wenn eine Windenergieanlage in ihrem Ort gebaut wird. Genau das sollte geändert werden. In den Orten wird gesagt: „Sieh mal! Damit verdienen sich andere eine goldene Nase!“ In der Tat sind fast alle Windenergieanlagenbauer nicht vor Ort bzw. diejenigen, die Windenergieanlagen errichten, haben ihren Firmensitz nicht vor Ort, also nicht dort, wie die Anlagen entstehen. Das heißt, dass die Umsätze und die Steuern abwandern, die Windräder aber bleiben bei den Menschen, und genau das muss sich ändern.

Beifall bei den LINKEN)

Vorbild sind sogenannte Bürgerwindparks, die von der Einwohnerschaft geplant, gebaut und finanziert werden. Genau dieses Modell wollen wir ein Stück weit für alle Windenergieanlagen. Wir wollen Bürgerwindparks für alle, wenn man es so will. Denn die Energiewende gehört in Bürgerhand, zumindest anteilmäßig.

(Vereinzelt Beifall bei den LINKEN)

Schon heute können sich Bürgerinnen und Bürger zu Genossenschaften zusammenschließen und ein Bürgerwindrad finanzieren. Das war auch die Begründung, warum Sie damals unseren Antrag entsprechend abgelehnt haben. Das Problem ist nur – und das haben Sie damals nicht beachtet –: Laut einer Kleinen Anfrage von mir gibt es in Sachsen über 800 Windenergieanlagen, aber nur zwei – eine in Riesa und eine im Landkreis Zwickau –, an denen sich Bürgerinnen und Bürger finanziell beteiligen konnten.

Doch woran liegt das? An zwei Gründen: Erstens. Es fehlt den Menschen schlicht an Kapital vor Ort, um eine eigene Windenergieanlage zu planen, zu bauen und zu finanzieren. Zweitens gibt es keine Möglichkeit, wo sich Bürgerinnen und Bürger bei einem privaten Investor verpflichtend finanziell beteiligen können. An dem ersten Problem kann unser Gesetz nicht viel ändern, wir verbieten aber nicht, dass sich Menschen zu Genossenschaften zusammentun und ein Windrad bauen. Das zweite Problem wollen wir allerdings mit unserem Gesetz beheben. Wir wollen, dass jeder Investor verpflichtet wird, mindestens 20 % seines Investitionsvolumens zum Verkauf anzubieten. Dabei sollen 10 % an die Bürgerinnen und Bürger vor Ort gehen und 10 % an die betreffenden Gemeinden. Damit wollen wir Energieeinlagen, die neu gebaut werden – und es werden zum Glück nur noch Anlagen für erneuerbare Energien gebaut –, vergesellschaften. Damit wollen wir den Stromsektor zumindest ein Stück weit wieder in öffentliche Hand führen. Zumindest für einen Teil wollen wir das umsetzen. Ganz genau geregelt ist das in den §§ 9, 10, 11 und 12 im Artikel 1 unseres neuen Gesetzes. Dort geht es im § 9 darum, wer überhaupt kaufberechtigt ist. Das sind zum einen die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, die im Umkreis von 5 Kilometer zu einer geplanten Windenergieanlage wohnen. Das gilt für alle Wohnungen einer Gemeinde, die in diesem Radius liegen. Es muss nicht jedes einzelne Haus abgemessen werden, sondern nur die Grenze der Gemeinde. Das schafft außerdem eine größere Anzahl von Kaufberechtigten. Zum anderen sollen die Gemeinden selber kaufberechtigt sein, auch wieder im 5-Kilometer-Radius, und diese haben noch die Möglichkeit, ihr Kaufrecht an kommunale Eigenbetriebe abzugeben, wenn sie das denn wollen. Wollen oder können Gemeinden sich nicht finanziell beteiligen, wird der Investor verpflichtet, eine Ausgleichsabgabe zu zahlen. Dies regelt § 10, der Ihnen vorliegt. Dort können die Gemeinden nach drei Monaten entscheiden, ob sie entweder einen Anteilskauf tätigen, dann bekommen sie bis zu 10 % der Windenergieanlage und können jährlich von der Rendite profitieren, oder sie entscheiden sich gegen den Anteilskauf. Dann bekommen sie eine Ausgleichsabgabe vom Investor, die 2 % der Erlöse beträgt. Egal, wie sich die Gemeinden entscheiden, das erhaltene Geld muss zwingend in Klima- und Umweltschutzmaßnahmen vor Ort verwendet werden und darf nicht in den allgemeinen Haushalt fließen.

Noch einmal zum Thema Anteilskauf. Entscheiden sich die Gemeinden dafür, können sie vier Monate lang Anteile zeichnen. Das gilt auch für die Bürgerinnen und Bürger. Das regelt § 11. Dabei kommt es zu einem Zuteilungsverfahren, wo jeweils die Bürgerinnen und Bürger und die Gemeinden in einem rundenbasierten Verfahren Anteile zeichnen können. Sollten die Bürgerinnen und Bürger ihre 10 % nicht vollkommen ausschöpfen, dann können die Gemeinden den Anteil übernehmen. Auch das ist dort geregelt. Zuvor muss aber der Investor eine öffentliche Informationsveranstaltung durchgeführt haben, wo der Kauf und die Regeln erläutert werden. Das Ganze muss nicht nur im Gemeindeblatt oder der Homepage der Gemeinde veröffentlicht werden, sondern auch in regionalen Tageszeitungen und anderen Anzeigen. Dort sind ausführliche Informationen zur wirtschaftlichen Leistung, den Kosten und auch den Risiken anzugeben.

Zum Schluss noch kurz zum Artikel 2 unseres Gesetzes. Dort geht es um Ergänzungen zum Landesplanungsgesetz und damit auch zum Landesentwicklungsplan. Im Landesplanungsgesetz wollen wir in den § 1 im Abschnitt b einen längeren Satz einfügen, der zusammengefasst die Möglichkeit der Beteiligung nach unserem Gesetz erwähnt. Außerdem wollen wir in Artikel 2 Abs. 2, dass bei Landesplanung zukünftig Vorranggebiete für Windenergieanlagen sowie dabei 2 % der Landesfläche und nicht nur 1 % festgesetzt werden. Weiterhin geht es um mehr Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger bei Planungen. Bisher sind die Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger sehr unzureichend. Die Öffentlichkeit wird meist erst einbezogen, wenn der Planungsentwurf bereits erstellt ist. Die Mitsprache beschränkt sich auf schriftliche Einwände und Erörterungstermine, an denen man teilnehmen kann. Das reicht unserer Meinung nach nicht. Deswegen wollen wir eine ehrliche Debatte, wo alle Bedenken und Hinweise gemeinsam betrachtet und bewertet werden können. Dazu sind Planungen frühzeitig transparent zu machen. Das soll folgendermaßen ablaufen: In einem ersten Schritt, ähnlich wie bei Lärmaktionsplänen, soll ein öffentlicher Termin mit Planungsträger und Projektgesellschaft gefunden werden, und in einem zweiten Schritt soll im Rahmen einer Planungszelle per Zufallsstichprobe eine repräsentative Gruppe der Bevölkerung gefunden werden, die wiederum ein Bürgergutachten erstellt zur Frage der Eignung des Windenergieanlagenstandorts und zur Beteiligungsmöglichkeit.

Jetzt ist meine Zeit um und ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss und bei der Sachverständigenanhörung. Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

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