Das vorhandene Geld endlich in Strukturen investieren!

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Bei der Generalldebatte um den Haushalt habe ich den sehr langsamen Ausbau des ÖPNV´s ausführlich angesprochen. Dabei habe ich noch einmal die Bedeutung einer guten Anbindung hervor gehoben, sowie gute Beispiele aus anderen europäischen Städten. Die Regierungsfraktion freut sich über die größeren Investitionen. Allerdings ist das, im Verhältnis zu den Steuereinnahmen, eher kümmerlich. Auch beim Thema Breitbandausbau will man lieber zu viel sparen und weniger investieren.

Marco Böhme, DIE LINKE: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat gestern bei der Einbringung des Doppelhaushaltes bestimmt zehnmal davon gesprochen, dass es nun endlich einen attraktiven ÖPNV in Sachsen geben wird. Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! Ich glaube nicht, dass es so kommt, denn ich sehe es beim besten Willen nicht in diesem Doppelhaushalt. Natürlich gibt es mehr Geld für den ÖPNV – wie für fast alle öffentlichen Bereiche in diesem Freistaat; wir haben aber auch so viele Steuereinnahmen wie noch nie –, aber das, was Sie im Bereich ÖPNV machen, ist am Ende nur Kleckern statt Klotzen. Das ist ein zentrales Problem, das wir identifiziert haben, meine Damen und Herren. Deshalb ist auch der Bereich des ÖPNV einer der fünf Schwerpunktthemen meiner Fraktion für diesen Doppelhaushalt. Wir brauchen wirkliche Investitionen und Innovationen, damit sich am System etwas ändert. Wir brauchen übergreifende Ziele, zum Beispiel, dass jeder Mensch in Sachsen auch ohne eigenes Auto mobil sein kann, nicht abgehängt ist, der ländliche Raum attraktiver und der ÖPNV in den Großstädten wieder bezahlbar wird oder auch, dass die Treibhausgasemissionen endlich wieder sinken und nicht wie jedes Jahr immer weiter steigen. Dazu gehören auch eine bessere Bürgerbeteiligung bei der Planung und vieles mehr. Alles das wären Ziele und Visionen für die Zukunft, doch von der Staatsregierung und den regierungstragenden Fraktionen kommt dazu nichts. Es wird nur verwaltet und gekleckert. Das ist erschreckend, meine Damen und Herren. Um die Probleme zu lösen, wurde eine ÖPNV-Strategiekommission gegründet, die ein sehr gutes Instrument war und noch ist, um den Bestand zu untersuchen, die Probleme zu identifizieren und anschließend Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Das ist passiert. Nun muss man die Vorschläge auch aufgreifen und diese hier im Landtag speziell bei der Haushaltsdebatte mit Geld untersetzen. Im Regierungsentwurf finden wir drei neue Positionen, zum Beispiel das Bildungsticket mit 23 Millionen Euro im nächsten bzw. 51 Millionen Euro im übernächsten Jahr. Dann finden wir den Posten „Mittel für die Harmonisierung der Tarifverbände“, und wir finden Mittel für die landesweiten Plus- bzw. Takt-Busse. Das sind alles Forderungen, die auch die ÖPNV-Strategiekommission erhoben hat und die wir unterstützen. Die letzten beiden Punkte allerdings sind ohne Geld versehen und gegenseitig deckungsfähig. Das heißt, dass für die Maßnahmen „Harmonisierung für die Tarifverbände“ und „PlusBusse“ am Ende Geld vom Bildungsticket abgezogen wird. Das kann das Ganze nur noch ad absurdum führen. Das kann nicht das Ziel der Übung sein. Wir brauchen ein Bildungsticket für Sachsen – für die Schülerinnen und Schüler, für die Azubis und auch für die Freiwilligendienstleistenden. Dazu muss man eine Schippe Geld in die Hand nehmen, das dann wiederum nicht in anderen Töpfen versickern darf. Ich verstehe Ihre Knausrigkeit nicht. Sie könnten sich damit am Ende auch den Streit mit den CDU-Landräten sparen, liebe SPD. Sie haben es nämlich selbst in der Hand, genauso wie für die beiden anderen Posten aus der ÖPNV-Strategiekommission. Deshalb möchten wir die Mittel für das Bildungsticket erhöhen, den Posten für die Harmonisierung der Tarifverbände und für die PlusBusse mit eigenen Mitteln finanziell ausstatten, damit es auch dort in diesem Freistaat endlich vorangeht. Wir brauchen generell eine bessere Finanzausstattung der ÖPNV-Zweckverbände, und zwar zum einen durch eine höhere Mittelweitergabe der Bundesmittel, also der Regionalisierungsmittel. Zum anderen muss der Freistaat endlich mehr eigenes Geld für Finanzierungen in die Hand nehmen, zum Beispiel für Innnovation.

Wir möchten, dass der Staat die Infrastruktur finanziert und die Kommunen den Betrieb. Dazu haben Sie von uns Änderungsanträge im Wirtschaftsausschuss erhalten, doch diese haben Sie wiederum abgelehnt. Sie haben auch Anträge von uns erhalten, bei denen es um ein Tarifmoratorium geht. Wir haben es satt, dass die Fahrpreise in Sachsen jedes Jahr steigen, und zwar mehr als die Inflation und mehr als die Löhne. In Leipzig zahlt man mittlerweile 2,70 Euro für eine einfache Fahrkarte bzw. über 80,00 Euro für eine Monatskarte. Daher haben wir ein Tarifmoratorium gefordert, das weitere Erhöhungen der Ticketpreise verbietet. Damit die Verkehrsverbände die Kostensteigerung am Ende auch ausgleichen können, war ein entsprechender neuer Haushaltstitel vorgesehen. Doch auch diesen haben Sie abgelehnt. Ein anderes Thema ist die Mobilität für Menschen mit wenig Einkommen. In Leipzig und Dresden gibt es zum Beispiel seit einigen Jahren Sozialtickets, die die Kommunen selbstständig eingeführt haben. Wenn die SPD aus dem Knick kommen würde, würde es dieses auch endlich in Chemnitz geben.  Damit die Städte die Einnahmenausfälle der Verkehrsverbünde nicht allein zahlen müssen und mehr Kommunen motiviert werden, Sozialtickets einzuführen, haben wir gefordert, dass der Freistaat diese Kommunen finanziell unterstützt und entlastet. Doch auch das haben Sie abgelehnt, was wiederum bedeutet, dass sich ein signifikanter Bevölkerungsanteil in Sachsen Mobilität und damit Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht mehr leisten kann. Das muss sich auch dringend ändern. Mittelfristig möchten wir die umweltfreundliche Mobilität, also den ÖPNV, nicht nur günstiger, sondern langfristig auch entgeltfrei gestalten. Dazu lege ich Ihnen im Anschluss noch einen Antrag für ein entsprechendes Modellprojekt in Sachsen vor. Vorbilder dafür sind europäische Länder wie Estland oder Luxemburg. In Estland gibt es in der Hauptstad Tallin schon seit vielen Jahren einen kostenfreien ÖPNV. Die Menschen werden dort entlastet, die Innenstadt floriert und die Lebensqualität ist erheblich gestiegen, weil dort nur noch wenige Autos die Stadt verstopfen. Und auch Luxemburg hat vor einigen Tagen angekündigt, den ÖPNV für alle Menschen kostenfrei zu gestalten. Was also in West- und auch in Osteuropa möglich ist, muss auch hier möglich sein. Deshalb schlagen wir ein Modellprojekt für einen entgeltfreien ÖPNV in einem sächsischen Mittelzentrum vor. Ich gehe fest davon aus, dass Sie diesem Vorschlag nachher auch zustimmen werden.

Im Haushalt des Wirtschaftsministeriums haben wir als Fraktion den Schwerpunkt auf den ÖPNV gelegt – ich sagte es bereits. Aber es gibt natürlich auch noch andere Bereiche, bei denen wir dringenden Handlungsbedarf sehen, zum Beispiel beim Breitbandausbau im Internet. Dort feiern Sie gerade, dass es Rekordsummen vom Bund gibt und dass es jetzt noch einfacher verteilt werden kann. Das Problem ist aber: Die Rekordsummen sind nur deshalb zustande gekommen, weil es einen enormen Nachholbedarf in Sachsen gibt. Die Rekordsummen von heute sind nichts anderes als die Versäumnisse von gestern. Es gibt daher keinen Grund zu feiern, sondern vielmehr ist darauf achtzugeben, dass wir nicht den Anschluss beim Breitbandausbau verlieren. Sie fordern den Ausbau der Leitungen. Das Problem bei den Kommunen sind die Folgekosten bei eigenen Netzen. Auf denen bleiben sie hängen, wenn sie von kapitalträchtigen Wettbewerbern plattgemacht werden. Da müssen wir auch nachsteuern. Weil immer wieder der Wirtschaftsstandort Sachsen so gepriesen wird, verweise ich am Ende meines Redebeitrages auf unseren Entschließungsantrag von vor ein paar Wochen zu unserer Großen Anfrage „Wirtschaftsstandort Sachsen“. Obwohl Sie uns inhaltlich recht gegeben haben, dass eine einfachere Förderung von mittelständischen Unternehmen notwendig sei, haben Sie am Ende alle unsere Vorschläge abgelehnt. Auch im Haushalt finden wir dazu keine passenden Instrumente. Das ist letztendlich eine vertane Chance, und Sie sind verantwortlich, dass es in diesem Bereich nicht weiter vorangeht. Zusammengefasst können wir daher nur sagen, dass wir diesen Haushalt ablehnen, weil Innovationen und übergreifende Ziele fehlen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN und der Abg. Katja Meier, GRÜNE)

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