Dringlicher Antrag: Unverzügliche Erarbeitung und Umsetzung eines „Sächsischen Klimaschutz-Aktionsplanes“ (Drs.-Nr. 6/3589)

Der Landtag möge beschließen:

Die Staatsregierung wird ersucht,

dem Landtag ausgehend von dem auf dem UN-Klimagipfel in Paris am 12. Dezember 2015 von 195 Staaten der Welt vereinbarten Pariser Weltklimaabkommen und dessen Zielsetzungen bis zum Endes des ersten Quartals 2016 einen „Sächsischen Klimaschutz-Aktionsplan“ vorzulegen, mit dem binnen kürzester Frist die Umsetzung zusätzlicher, ambitionierter Klimaschutzmaßnahmen im Freistaat Sachsen in Gang gesetzt und dazu insbesondere die nachfolgenden Schritte und Vorhaben für einen aktiven Klimaschutz in Sachsen realisiert werden sollen:

1. Initiative des Freistaates Sachsen gegenüber dem Bund und im Bundesrat

a. für bundeseinheitliche Regelungen zum Klimaschutz im Rahmen eines Klimaschutzgesetzes, das u. a. länderspezifische Klimaschutzprogramme und Klimaschutzziele, deren Umsetzung und Kontrolle rechtlich normiert und den Klimaschutz als Aufgabe der Länder bestimmt sowie den Ländern die erforderlichen sachlichen, personellen und weiteren rechtlichen Rahmenbedingungen schafft und diese Aufgabenerledigung auskömmlich aus Bundesmitteln finanziert,

b. für ein den schrittweisen Ausstieg aus dem Abbau und der energetischen Nutzung von Braun- und Steinkohle bis zum Jahre 2040 verbindlich regelndes Bundesgesetz, mit dem die bundesdeutschen Klimaschutz- und Treibhausgasminderungsziele schnellstmöglich umgesetzt werden;

2. die Schaffung neuer oder Anpassung bestehender landesspezifischer, verbindlicher Rahmenbedingungen und Planungen in Sachsen, mit denen ein Braunkohleausstieg bis 2040 realisiert werden soll;

3. die zeitnahe Realisierung von bestehenden Möglichkeiten, die weitere Ausfuhr von Braunkohle – im Falle der zwischenzeitlichen Beendigung der Braunkohleverstromung oder Veräußerung im Mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohlerevier durch die derzeitigen bergbautreibenden Unternehmen MIBRAG und Vattenfall – EU-konform auszuschließen;

4. die Initiierung und Auflage eines Forschungsprogrammes für die Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft hin zu neuen nachhaltigen und vor allem klimafreundlichen Strukturen, insbesondere in den von Braunkohleverstromung und -abbau geprägten Regionen Sachsens;

5. die Einleitung eines gemeinsamen, moderierten Leitbildprozesses von Trägern öffentlicher Belange, zivilgesellschaftlichen Akteuren und der ortsansässigen Bevölkerung zur Skizzierung möglicher zukünftiger Entwicklungspfade der Lausitz vor dem Hintergrund internationaler Klimaschutzbestrebungen und eines Ausstieges aus der Braunkohleförderung und -verstromung als beispielgebendes Pilotprojekt für andere sächsische Regionen;

6. die Auflage eines „Sächsischen Klimaschutzfonds“, der sich aus zukünftigen Abgaben der Braunkohle-Energiewirtschaft in Sachsen speist, zur Unterstützung der sächsischen Regionen, die in besonderem Maße vom Strukturwandel durch die Umsetzung des Braunkohleausstiegsgesetzes betroffen sind;

7. die Aufnahme zusätzlicher Förderschwerpunkte für den Rad- und Fußverkehr, sowie den Öffentlichen Personennahverkehr in die Förderrichtlinie Klimaschutz – RL Klima/2014;

8. die Vorlage eines Klimaschutzberichtes der Staatsregierung zu kurz-, mittel- und langfristigen Klimaschutzzielen des Freistaates Sachsen vor dem Hintergrund des neuen Weltklimavertrages und die Skizzierung der zukünftigen Klimaschutzstrategien in den Bereichen Wohnen, Ernährung, Konsum, Mobilität und Bildung in Sachsen.

Es wird beantragt, den Antrag für dringlich zu erklären.

Begründung:

Mit dem in Paris am 12. Dezember 2015 von 195 Staaten dieser Welt verabschiedeten neuen und einzigen Weltklimavertrag haben die Vertragsstaaten erstmalig eigene Beiträge im Kampf gegen die Erderwärmung zugesagt, um diese auf deutlich unter zwei Grad, möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Damit hat dieses Klimaschutzabkommen eine Tragweite erreicht, die auch für den Freistaat Sachsen kein weiteres Ab- und Zuwarten auf die Initiativen anderer Bundesländer, Staaten oder sonstiger Akteure zulässt. Vielmehr ist jede Institution für sich gefordert, den Vertrag selbst zu bewerten, Ziele für den eigenen Verantwortungsbereich abzuleiten und sowohl konkrete Schritte bzw. Treibhausgas-Minderungsmaßnahmen in kürzester Frist zu ergreifen, als auch mittel- bis langfristig ausgerichtete Strategien mit zusätzlichen Maßnahmen zu skizzieren.

Nur durch diese mannigfaltigen Klimaschutz-Initiativen können die notwendigen parlamentarischen und gesellschaftlichen Debatten für die Umsetzung des neuen Klimavertrages angestoßen werden. Dabei bedarf es sowohl eines kurzfristigen Aktionsplanes als auch langfristig angelegter, tragfähiger Strategien bzw. neuer gesetzlichen Rahmenbedingungen und bundeseinheitlicher gesetzlicher Regelungen des Klimaschutzes.

Aufgrund seiner Braunkohle-Wirtschaft trägt Sachsen derzeit vergleichsweise viel zur Erderwärmung bei. Vor allem ein Ausstieg aus der Förderung und energetischen Nutzung der Braunkohle kann diese derzeitigen immensen Treibhausgasemissionen Sachsens deutlich senken.

Eine konzertierte Kohle-Ausstiegsstrategie für die gesamte Bundesrepublik ist vor dem Hintergrund eines gemeinsamen Binnenstrom-Sektors besonders praktikabel.

Bestimmte Regionen, allen voran die Lausitz, sind durch den Abbau und die Verstromung der Braunkohle stark strukturell geprägt. Ein Ausstieg aus der Braunkohle birgt hier drohende Arbeitsplatzverluste und nachteilige Folgen für die weitere Strukturentwicklung in diesen Regionen. Um dem entgegenzuwirken, müssen auf der einen Seite konkrete neue Strukturen in ihrem Aufbau gefördert werden. Zum anderen bedarf es neuer Erkenntnisse, Perspektiven und kreativer Prozesse vor Ort.

Dazu sind wissenschaftliche Forschungen ebenso unerlässlich, wie die unmittelbare Beteiligung der lokalen Akteure und der betroffenen Bevölkerung.

Die Finanzierung dieser notwendigen Maßnahmen soll nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE durch Auflage eines entsprechenden Klimaschutz-Fonds realisiert werden. Sowohl eine Förderung bzw. Unterstützung des Strukturwandels als auch die Praktikabilität eines Strukturwandel- oder Klimaschutzfonds sind in der Anhörung des Ausschusses für Umwelt- und Landwirtschaft am 4. September 2015 bereits grundlegend erörtert worden.

Die Förderrichtlinie Klima 2014 des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft deckt im Vergleich zu den Klimaschutz-Förderrichtlinien des Bundes weniger Bereiche ab. Unter anderem wird der Mobilitätssektor vernachlässigt. Da dieser Sektor aber nahezu jede vierte Tonne Treibhausgasemissionen verursacht, bedarf es hier einer deutlichen Nachbesserung und insbesondere eines weiteren zentralen Förderschwerpunktes „Investive und Nichtinvestive Maßnahmen zur Förderung klimafreundlicher Mobilität im Fuß- und Radverkehr, sowie des Öffentlichen Personennahverkehrs“.

Begründung der Dringlichkeit:

Nachdem sich die 195 Teilnehmerstaaten der Pariser UNO-Konferenz am 12. November 2015 auf ein neues weltweites Klimaschutzabkommen mit weitreichenden Klimaschutzzielen geeinigt haben, steht der Landtag in der politischen Verantwortung sich mit den dazu in und für den Freistaat Sachsen zu leistenden aktiven Beiträgen und Maßnahmen des aktiven Klimaschutzes in öffentlicher Debatte zu befassen und die Staatsregierung aufzufordern, die in und von Sachsen zur Realisierung dieser Klimaschutzziele erforderlichen Maßnahmen und Schritte schnellstmöglich einzuleiten.

Dies gilt umso mehr, als Artikel 10 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen dem Land die Pflicht auferlegt, die Umwelt, insbesondere den Boden, die Luft und das Wasser in Verantwortung für kommende Generationen als Lebensgrundlage zu schützen. Nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE ist es vor dem Hintergrund des von allen Staaten dieser Welt geschlossen Klimavertrages und dessen Zielsetzungen dringend erforderlich, den mit dem vorgelegten Antrag begehrten „Sächsischen Klimaschutz-Aktionsplan“ unverzüglich zu initiieren, zu erarbeiten und umzusetzen.

Die Staatsregierung ist aktuell in einem Verhandlungsprozess zum Weiterbetrieb der sächsischen Braunkohletagebaue involviert. Eile ist daher auch geboten, da in den nächsten Wochen die Weichen bei der kohlenstoffintensiven Stromwirtschaft in Sachsen für mehrere Jahrzehnte gestellt werden. Es droht ein Verharren der Treibhausgasemissionen Sachsens auf hohem Niveau. Bei einer Ratifizierung des Klimaabkommens durch Deutschland und möglicher späterer gesetzlicher Eingriffe drohen den Energie- bzw. Bergbauunternehmen zudem Planungsunsicherheiten. Deshalb bedarf es jetzt einer neuen Zielvereinbarung auf Grundlage des Weltklimavertrages im Rahmen des geforderten „Sächsischen Klimaschutz-Aktionsplanes“.

Hierzu bedarf es der unverzüglichen Beschlussfassung über das Antragsbegehren durch den Landtag, die nur in der bevorstehenden Dezembersitzung des Landtages rechtzeitig erreicht werden kann. Damit ist der Antrag dringlich im Sinne des § 53 Absatz 3 der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages.

 

Die Stellungnahme der Sächsischen Staatsregierung zu den Antrag findet ihr hier: AS_6_3589_Sofortige Umsetzung neues Klimaschutzgesetz.

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