Nun offiziell: Ich bin staatlich geprüfter Terrorist

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Die Debatte um die Proteste von Ende Gelände zu Pfingsten 2016 in der Lausitz haben im Landtag ein heftiges Redegefecht hervorgebracht.

Der wirtschaftspolitische Sprecher Frank Heidan aus dem Vogtland nutzte die Debatte, um mit allen linken und LINKEN final abzurechnen. Er bezeichnete mich und meine Fraktion als Terroristen und Krawallbrüder („Im Kriegsfall würde man sagen, es sind Partisanen; im Friedensfall, sage ich Ihnen, sind es Terroristen, die Gleisanlagen besetzen, die Maschinen stürmen! (…) Es sind Terroristen, dabei bleibe ich“).

Meine Fraktion und ich lassen uns jedoch nicht mit Terroristen gleichsetzen. Terroristen sind Menschen, die Gewalt anwenden und auch den Tod von Menschen in Kauf nehmen. Eine solche Unterstellung ist Ehrverletzenden, Verleumderisch und Beleidigend. Ich habe daher Anzeige gegen den Abgeordneten Heidan gestellt.

Das Verfahren wurde allerdings eingestellt. Herr Heidan genießt wie andere Abgeordnete Indemnität, das bedeutet, dass man strafrechtlich nicht belangt werden kann, was man im Landtag sagt. Ausgenommen davon: Beleidigungen und Verleumdungen. Genau aus diesem Grund haben wir auch die Anzeige erstattet.

Doch Herr Heidan hat über seinen Anwalt mitteilen lassen, dass er diese Aussagen „nicht besseren Wissens“ getätigt hat, daher strafrechtlich nicht belangt werden kann. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn jemand etwas (absurdes) annimmt und es dann nicht besseren Wissens erklärt, kann man alles sagen. Auf die Rückfrage der Staatsanwaltschaft, woher er denn dieses Wissen erhalten haben, antwortete sein Anwalt wiederum, dass Herr Heidan als Abgeordneter seine Quellen nicht offen legen muss. Damit begnügte sich die Staatsanwaltschaft und stellte das Verfahren ein. Ein ungeheuerlicher Vorgang, welcher letztlich bedeutet, dass man alles und jeden beileidigen und verleumden darf.

Wir werden dies nicht auf uns Sitzen lassen und erwägen ein Klageerzwingungsverfahren. Ausgang noch offen.

 

Die komplette Landtagsdebatte vom 26. Mai 2016 könnt ihr hier nachlesen [stenografisches Protokoll]:

1. Aktuelle Debatte Mit der Braunkohle als Brückentechnologie den Strukturwandel gestalten – die Lausitz braucht Zukunft und keine Gewalttäter Antrag der Fraktionen CDU und SPD

Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen der CDU und der SPD das Wort. Für die Fraktion der CDU ergreift Herr Kollege Rohwer das Wort.

Lars Rohwer, CDU: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am Pfingstwochenende hatte die Lausitz Besuch, und größtenteils war der Besuch nicht erwünscht und auch nicht erwartet worden.

(Alexander Krauß, CDU: Nicht eingeladen!)

– Genau. Nicht eingeladen kann man auch sagen. Hunderte Teilnehmer besetzten im Rahmen eines Klimacamps widerrechtlich den Tagebau Welzow-Süd. Am nächsten Tag verschafften sich 300 Personen gewaltsam Zugang zum Kraftwerk Schwarze Pumpe, beschädigten dort Anlagen, hinterließen Schmierereien und unter anderem auch viel Müll. All das hat nach unserer Auffassung nichts mit Protest zu tun, und darüber soll in dieser Debatte diskutiert werden. Aber vielleicht zuerst zum Inhaltlichen. Ich bin heute Morgen vom Katholikentag in Leipzig nach Dresden gekommen. Auf der Fahrt konnte ich wunderbar beobachten, wie die Sonne scheint und der Wind weht. Es war nämlich nicht so. Also haben wir heute einen relativ geringen Anteil an erneuerbaren Energien bei der Energieproduktion. Auf dieser Fahrt habe ich darüber nachgedacht, ob wir mittlerweile ausreichend Energiespeicher haben, um eine solche Flaute der erneuerbaren Energien zu überbrücken. Wie Sie wissen, haben wir diese leider nicht. Deshalb brauchen wir nach unserer festen Überzeugung die Braunkohle weiter für die Erzeugung von Energie als Brückentechnologie, bis wir endlich entsprechende Energiespeicher haben. Die Forschung dazu ist intensiviert worden, was aus meiner Sicht völlig richtig ist, damit wir nicht nur knapp eine Stunde Speicherkapazität in den Netzen haben, sondern zu 14 Tagen Kapazität kommen. Dann können wir darüber diskutieren, ob wir nach dem Ausstieg aus der Kernenergie auch aus der Braunkohle aussteigen. Den jetzigen Zeitpunkt dieser Diskussion halten wir für unverantwortlich. Nun haben die Teilnehmer des Klimacamps von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch gemacht, und sie nennen das zivilen Ungehorsam. Was aber passiert ist, ist aus unserer Sicht eine vorsätzlich verübte Straftat.

(Beifall bei der CDU, der AfD und des Staatsministers Martin Dulig)

Sie nennen sich Klimaaktivisten, ich nenne sie Klimarandalierer.

(Beifall bei der CDU)

Sie nennen sich parlamentarische Beobachter, ich nenne sie einfach politische Scharfmacher.

(Oh-Rufe bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Warum? Die Randalierer wussten genau, was sie tun müssen, als sie zum Beispiel ins Kraftwerk eindrangen und gezielt die Trafoboxen des Kraftwerkes suchten, um dort die Brandschutzvorrichtungen auszulösen. Da habe ich keine parlamentarischen Beobachter gesehen, die das verhindern wollten, die da vermitteln wollten,

(Widerspruch bei den LINKEN und den GRÜNEN)

sondern ich habe parlamentarische Beobachter gesehen – und das ist eindeutig in Videos zu erkennen –, die geklatscht haben. Stimmt‘s, Frau Kagelmann? Es war doch in dem einen Video von „Compact“ gut zu sehen, wie Sie Beifall geklatscht haben.

(Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Wissen Sie, wo das war?)

– Ja, Sie haben nicht vermittelt. Man beobachtet und vermittelt, damit es eben nicht zu Gewaltexzessen kommt.

(Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Oder der Kollege Böhme. Er hat es noch viel schärfer hinbekommen. Er setzt sich in eine Kohleverladestation und macht mal eine Shisha an in einem Bereich, wo absoluter Brandschutz herrscht, wo genau dies verboten ist.

(Christian Piwarz, CDU: Was hat er denn dort zu suchen gehabt?)

Herr Kollege Böhme, das hat nichts mit Protest oder mit Coolness zu tun. Das halte ich für verantwortungslos, nicht nur für die Anwesenden vor Ort, sondern für die ganze Region.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD‘)

Sie haben sich damit aus unserer Sicht für die weitere Debatte disqualifiziert, es sei denn, Sie entschuldigen sich für diesen Ausrutscher

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Ein Glück, dass Sie das nicht zu entscheiden haben!)

Sie haben wahrscheinlich noch nicht begriffen, worum es in der Energiepolitik geht.

(Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Sie haben es noch nicht begriffen!)

Es geht um die Sicherung des Industriestandorts Deutschland und um die Sicherung dessen, dass immer genügend Energie für die Industrie zur Verfügung steht. Darüber wollen wir in der weiteren Debatte diskutieren. Meine Kollegen werden darauf sicherlich noch weiter eingehen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Für die einbringende Fraktion hatte Kollege Rohwer das Wort. Jetzt kommt für die ebenfalls einbringende SPD-Fraktion Herr Kollege Baum ans Rednerpult. Thomas Baum, SPD: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir, die Lausitzerinnen und Lausitzer, stehen mit überwältigender Mehrheit zur Kohle.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wir stehen zu unserer Region. Wir kämpfen nicht dagegen, sondern wir wollen einen langsamen und wirtschaftlich sinnvollen Strukturwandel, der abrupte Strukturbrüche vermeidet. (Beifall bei der SPD und der CDU)

Wie der von „Ende Gelände“ angekündigte friedliche Protest aussah, darüber konnte sich zu Pfingsten jeder selbst ein Bild machen.

(Zurufe von den LINKEN: Waren Sie da?)

Der sogenannte Aktionskonsens der Veranstalter vom Pfingstwochenende in der Lausitz beinhaltete unter anderem – ich zitiere –: „Wir werden uns ruhig und besonnen verhalten. Von uns wird keine Eskalation ausgehen. Wir gefährden keine Menschen. Wir werden keine Infrastruktur zerstören oder beschädigen.“ Liebe Kolleginnen und Kollegen, dagegen stehen folgende Fakten, die nach dem Pfingstwochenende bleiben: Wir haben ungefähr 2 000 Kohlegegner gezählt, in etwa. Es wurden circa 300 kriminelle, teils maskierte Gewalttäter mitgezählt.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aha! Wer hat denn gezählt?)

Insgesamt gibt es 343 Ermittlungsverfahren, 130 vorläufige Festnahmen und 38 Anzeigen wegen Sachbeschädigung. Festgestellt wurden zerstörte oder stark beschädigte Anlagen der Beleuchtung und der Leit- und Sicherungstechnik – Gesamtschaden: mehrere Hunderttausend Euro. Am schlimmsten ist für mich aber die Tatsache zu bewerten, dass – wohlgemerkt an mehreren Stellen! – Gleismanipulationen an der Kohlebahn erfolgten mit fest angeschraubten Klemmschuhen oder Gleiskrallen. Infolgedessen war am Dienstag früh eine Lok entgleist. Eine weitere Gleismanipulation erfolgte auf der Kohlebahnbrücke über die Bundesstraße 97. Eine Zugentgleisung an dieser Stelle hätte wohl ganz sicher zum Absturz der Lok oder des Zuges auf die Bundesstraße geführt. Menschen wären in diesem Fall wohl auch zu Schaden gekommen. Es war großes Glück, dass dieser Anschlag auf den Bahnverkehr rechtzeitig entdeckt und somit verhindert werden konnte.

(Christian Piwarz, CDU: Mit denen haben sie sich gemein gemacht!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ja, das war ein Anschlag. Das war in meinen Augen verbrecherisches Handeln,

(Beifall bei der SPD, der CDU und der AfD)

da die Schädigung von Leib und Leben der Vattenfall Mitarbeiter bewusst in Kauf genommen wurde. Nichts an dieser Gewaltorgie war gut, oder, wie ein selbst ernannter parlamentarischer Beobachter der Fraktion DIE LINKE am Samstagabend auf Facebook schrieb: Alles richtig gemacht.

(Christian Piwarz, CDU: Unerträglich!)

Die Bilder und Informationen über diese teils anarchischen Zuständen haben etwas erreicht, liebe Kolleginnen und Kollegen, was die Politik kaum geschafft hätte: Die Region steht noch mehr, noch fester über Partei- und Landesgrenzen hinweg zusammen.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der AfD)

Die Region, die Menschen, die dort leben, eint der Wunsch, dass der unstrittige Ausstieg aus der Braunkohleverstromung mit Augenmaß und Vernunft erfolgen muss. Natürlich müssen Deutschland und auch die Kohleregionen und damit auch das Lausitzer Revier unstrittigerweise einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Das tut die Lausitz aber wie kaum eine andere Region schon seit dem Jahr 1990.

(Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Ja, ja!)

Ja, es ist so!

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Es steht doch außer Frage, dass wir eine Energiewende brauchen, um die Erderwärmung infolge des weltweiten Anstiegs der Treibhausgase zu minimieren, und dass wir die Ziele von Paris auch umsetzen wollen und für nachfolgende Generationen auch umsetzen müssen. Dabei dürfen wir die Menschen in den Regionen, die das betrifft, aber nicht vergessen. Jedes Braunkohleausstiegsszenario bedingt zwingend ein strukturpolitisches Einstiegsszenario in alternative Industrie- und Wirtschaftskreisläufe. Dafür müssen umfangreiche Finanzmittel bereitgestellt werden, insbesondere vom Bund. Es geht darum, dass die Braunkohleverstromung mindestens noch bis zum Jahr 2040 eine Brückentechnologie bleiben muss, eine Brückentechnologie in doppeltem Sinne, nämlich einerseits, um bezahlbaren Strom zu generieren, und andererseits für die wirtschaftlich gesicherte Zukunft der Lausitz. Dafür stehe ich, und dafür steht auch meine Fraktion. Unser Respekt und unser Dank gelten den eingesetzten Polizistinnen und Polizisten. Unsere Solidarität gehört den Beschäftigten von Vattenfall.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der AfD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Redezeit, Herr Kollege.

Thomas Baum, SPD: Auch ich werde in dieser Angelegenheit immer laut bleiben, für die Zukunft des Lausitzer Reviers. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Kollege Baum hatte gerade für die SPD-Fraktion das Wort. Wir gehen jetzt weiter in der Rednerliste. Die Reihenfolge lautet DIE LINKE, AfD, GRÜNE und Staatsregierung, wenn gewünscht, und, ich bin ganz sicher, danach treten wir in eine neue Runde ein. Als Nächste spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Kagelmann.

(Christian Piwarz, CDU: Jetzt bin ich gespannt!)

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, mir fällt es schon recht schwer,

(Christian Piwarz, CDU: Glaube ich!)

ruhig zu bleiben angesichts solch unqualifizierter Angriffe

(Christian Piwarz, CDU: Eine Entschuldigung wäre vielleicht besser!)

und angesichts der Kriminalisierung einer dringend notwendigen Klimaschutzbewegung, die in der Lausitz aktiv geworden ist.

(Beifall bei den LINKEN – Alexander Krauß, CDU: Das sind Kriminelle!)

Herr Rohwer, ich kann Ihnen gern sagen, was Sie gesehen haben wollen. Ich stand in Welzow ziemlich weit weg vom Tagebau und ziemlich weit weg von irgendwelchen Baggern und habe dort

(Christian Piwarz, CDU: Getroffene Hunde bellen, Frau Kagelmann!)

der Eröffnung durch die ehemalige CDU-Landtagsabgeordnete Frau Monika Schulz-Höpfner gelauscht

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Aber die ist aus Brandenburg!)

– aus Brandenburg –, die ausdrücklich den Organisatoren am Pfingstwochenende dankte. Das will ich einmal dazusagen.

(Christian Piwarz, CDU: Kommen Sie sich nicht ein bisschen komisch vor angesichts der Bilder?)

Vielleicht haben Sie gerade diesen Applaus in dem Videobeitrag sehen können.

(Christian Piwarz, CDU: Unerträglich! – Weitere Zurufe von der CDU – Alexander Krauß, CDU, steht am Saalmikrofon.)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Kollegin Kagelmann? Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Vom Cheflobbyisten natürlich immer.

(Lachen bei der CDU – Zuruf von der CDU: Neidisch!)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Bitte, Kollege Krauß.

Alexander Krauß, CDU: Frau Kollegin Kagelmann, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten und dann zu sagen, das ist ein Lobbyist für Arbeitnehmerinteressen, das Kompliment nehme ich gern an. Frau Kollegin Kagelmann, ist es richtig, dass Sie LAUtonomia besucht und damit illegal ein Gelände betreten haben, wo Sie nicht hingehören? – Das ist die erste Frage. Die zweite Frage, die sich daran anschließt: Teilen Sie die Meinung von LAUtonomia dort, von denen Sie sagen, der Mut der Leute dort, dieser Autonomen, beeindruckt Sie? Das haben Sie der „Sächsischen Zeitung“ gesagt. LAUtonomia schreibt auf seiner Internetseite: „Man muss gegen die dortigen Mitarbeiter“ – Vattenfall-Mitarbeiter – „vorgehen. Die kommen doch in der Regel mit ihrem Auto zum Arbeitsplatz, also abfackeln. Oder denen unauffällig nach Hause folgen und dann einen Besuch abstatten.“ (Christian Piwarz, CDU: Mit denen machen Sie sich gemein!) Mit diesen Kriminellen haben Sie sich gemein gemacht. Ich hätte erwartet, dass Sie sich jetzt als Erstes entschuldigen. (Beifall bei der CDU und der AfD)

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Sehr geehrter Herr Krauß! Zunächst einmal habe ich mich jetzt auf den Titel der Debatte konzentriert, die Sie angemeldet haben. Ich kann aber auch gern noch etwas zu den jungen Leuten von LAUtonomia sagen.

(Christian Piwarz, CDU: Junge Leute sind das jetzt!)

Ich muss Sie erschüttern: Ich habe sie nicht nur das erste Mal aufgesucht. Ich habe sie sogar das zweite Mal aufgesucht.

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist unglaublich!)

– Ja, es ist unglaublich.

(Steve Ittershagen, CDU: Es ist unerträglich!)

Ich möchte mit Ihnen auch nicht in einen Rechtsstreit eintreten. Als ich in der Zeitung erfuhr, dass junge Leute

(Alexander Krauß, CDU: Das sind Kriminelle!)

übrigens nicht Maschinen beschädigen oder Leute bedrohen, sondern auf Bäumen am Tagebaurand sitzen,

(Christian Piwarz, CDU: Ja! Und Autos abfackeln!)

habe ich mich gefragt,

(Christian Piwarz, CDU: Das ist unerträglich, Frau Kagelmann! Wo leben Sie denn eigentlich?! – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Nicht auf Bäumen, im Gegensatz zu euch! – Christian Piwarz, CDU: Kommen Sie einmal von Ihrer Barrikade wieder herunter! – Weitere Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

habe ich mich gefragt, Herr Krauß, was sind das für junge Menschen, die von ziemlich weit her kommen, die eine große Sorge mitbringen, die sich um ihre Zukunft sorgen,

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

die unter anderem durch die klimaschädlichste Energiegewinnungsform kaputt gemacht wird. Diese jungen Leute wollte ich kennenlernen. Ich habe sie dann auch kennengelernt. Ich unterschreibe nicht jedes Wort, was auf deren Internetseite steht.

(Unruhe)

Ich bin auch nicht für deren Internetseite verantwortlich.

(Starke Unruhe – Glocke des Präsidenten – Christian Piwarz, CDU: Sie machen sich mit denen gemein!)

Aber das Engagement junger Leute für den Klimaschutz – das unterstreiche ich, und dafür stehe ich!

(Beifall bei den LINKEN – Christian Piwarz, CDU: Der Zweck heiligt die Mittel bei Ihnen! – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren! Was wir in der Lausitz am Wochenende gesehen haben, ist nichts weiter als eine Systemauseinandersetzung, –

(Starke Unruhe – Beifall bei den LINKEN)

– nämlich eine Systemauseinandersetzung zwischen dem fossilen Energiesystem mit seinen ausgebauten Strukturen, mit seinem Einfluss auf Politik und Wirtschaft und dem aufstrebenden solaren Energiesystem.

(Starke Unruhe)

Nach Jahren – – Das ist heute eine fruchtbare Debatte mit Ihnen! Super!

(Glocke des Präsidenten)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Ich bitte darum, dass wir die Argumente weiter austauschen. Frau Kollegin Kagelmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage an Mikrofon 6?

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Aber selbstverständlich.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Machen wir gleich erst einmal die Zwischenfrage.

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Gern.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Bitte, Kollege Rohwer.

Lars Rohwer, CDU: Frau Kollegin Kagelmann, vielen Dank. Ich wollte Sie fragen, nachdem Sie gerade von einer Systemauseinandersetzung gesprochen haben, ob Sie jetzt ins letzte Jahrtausend zurückgefallen sind, in dem es die Maschinenstürmerei und die Vernichtung von „kapitalistischen Produktionsmitteln“ gab?

(Starke Unruhe – Beifall bei der CDU)

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Herr Rohwer, Sie wissen ja: Als Linke habe ich es nicht so mit dem Kapitalismus.

(Frank Heidan, CDU: Sie haben es gerade mit dem Kapitalismus!)

Aber ich gebe Ihnen recht: Ich habe es auch nicht so mit der Maschinenstürmerei.

(Zurufe von der CDU)

Deshalb stand ich auch in Welzow bei einer angemeldeten „Campact“-Kundgebung und war eben nicht im Tagebau. Das ist der Unterschied. Trotzdem bleibe ich dabei: Es handelt sich hier um eine Systemauseinandersetzung – kein gesellschaftliches System, sondern ein Energiesystem. Je deutlicher der Niedergang dieses fossilen Energiesystems ist, desto härter werden die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen –

(Frank Heidan, CDU: Haben Sie von Niedergang gesprochen? – Starke Unruhe)

– und desto lauter Ihre Zwischenrufe. Als ich mit etwa 30 Jahren zum ersten Mal an einem Tagebaurand stand, nämlich in Nochten, just dort, wo die junge Baggerfahrerin, 25, jung und hübsch, die vor zwei Tagen – man könnte eine PR-Kampagne vermuten –, in der Zeitung groß abgebildet, ihren Bagger steuert –, als ich an diesem Tagebaurand stand, ist mir bewusst geworden, dass hier etwas ganz gewaltig schiefläuft und dass wir so schnell wie möglich aus dieser klimaschädlichen Energiegewinnungsform aussteigen müssen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Dort habe ich mir nämlich die Frage nach der ethischen Dimension von Gewalt gestellt: der Gewalt gegen Natur, der Gewalt gegen Umwelt, der Gewalt gegen kommende Generationen.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Es kann durchaus möglich sein, dass diese Gewalt der Auslöser für andere Gewalt ist, die ich nicht ausdrücklich unterstütze.

(Starke Unruhe)

Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie viele Klimaberichte Sie noch brauchen. Der 5. hat eindeutig gesagt, dass wir uns schneller bewegen müssen. Noch einmal etwas zum Strukturwandel, Herr Baum:

(Thomas Baum, SPD: Sehr gerne!)

In meiner Wahrnehmung haben wir in der Lausitz seit 20 Jahren keinen Strukturwandel. Wir haben einen harten Strukturbruch hinter uns, der ganze Industriezweige plattgemacht hat. Ich erinnere nur an die Glasindustrie.

(Zurufe von der CDU)

Wir laufen Gefahr, in den nächsten Strukturbruch hineinzulaufen, weil Sie nicht anerkennen, dass Strukturwandel Zeit und Geld braucht!

(Starke Unruhe)

Wo ist denn Ihr klares Bekenntnis zu einem Strukturwandelfonds, den wir Ihnen vorgeschlagen haben? Die „Denkfabrik Agora“ rechnet uns vor, dass wir 250 Millionen Euro brauchen für die Kohlereviere. 250 Millionen Euro jährlich, die von den Ländern und vom Bund aufgebracht werden müssen! Wann wollen Sie denn mal anfangen mit Ihrem Strukturwandel?

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Was wollen Sie denn den Leuten in Weißwasser einmal sagen, wie das weitergeht mit den Ewigkeitslasten, mit der Trinkwasserversorgung, –

Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Redezeit!

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: – mit der Verockerung, mit Sulfat?

Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Redezeit geht zu Ende.

Kathrin Kagelmann, DIE LINKE: Bekennen Sie sich hier klar und kriminalisieren Sie keine Umweltbewegung!

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Alexander Krauß, CDU, steht am Mikrofon.)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war Frau Kagelmann für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt sehe ich am Mikrofon 5 eine Kurzintervention, die sich auf den gerade gehörten Redebeitrag bezieht. Bitte, Herr Kollege Krauß.

Alexander Krauß, CDU: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nach dem Wortbeitrag der LINKEN feststellen, dass sich diese Fraktion nicht von der Gewalt gegen Sachen, auch gegen Menschen distanziert hat. Das war die Botschaft des jetzigen Beitrages.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war die Kurzintervention von Kollegen Krauß. Möchten Sie reagieren, Frau Kagelmann?

(Christian Piwarz, CDU: Das ist beredtes Schweigen jetzt! – Zurufe von der CDU – Unruhe)

Das ist nicht der Fall. Wir gehen jetzt weiter in der Rednerrunde. Für die AfD-Fraktion hat Herr Kollege Urban das Wort.

Jörg Urban, AfD: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Auf Initiative von CDU und SPD diskutieren wir heute wieder über die Braunkohleverstromung in der Lausitz, heute vor dem Hintergrund der gewaltsamen Proteste von sogenannten Klimaaktivisten am Pfingstwochenende. Ja, es ist notwendig, dass wir auch vom Landtag aus ein geschlossenes Signal aussenden an diese Aktivisten, dass wir die Braunkohleverstromung als Brückentechnologie wollen, unabhängig davon, wie weit diese Brücke in die Zukunft reichen muss. Ohne die Braunkohle wären wir heute wegen nicht vorhandener bezahlbarer industrieller Speicherkapazitäten für Elektrizität von Importen von Rohstoffen oder von Importen von Strom abhängig. Das können wir nicht wollen. Selbst ein Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2045 würde unsere Volkswirtschaft nach einer aktuellen Studie mit zusätzlichen 71 Milliarden Euro belasten, ohne dass dabei europaweit in erheblichem Mengen CO2 eingespart würde. Ja, auch das goldene Kalb der Klimaschädlichkeit von CO2 steht inzwischen auf immer wackligeren Füßen. Immer wieder weisen Studien darauf hin, dass die Modellierung des CO2-Einflusses auf das Weltklima in hohem Maße ungenau und deshalb eben nicht geeignet ist, um derart tief greifende energiepolitische Entscheidungen wie den Ausstieg aus der Kohleverstromung zu rechtfertigen

(Beifall bei der AfD – Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Ehemals belächelte Studien, die belegen, dass die erhöhten CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre auch zu einem größeren Pflanzenwachstum und zu größeren Ernten führen, sind durch eine aktuelle Studie eindeutig belegt worden.

(Zuruf: Genau, Eindeutig!)

Eine internationale Forschergruppe unter der Leitung von Shilong Piao von der Universität Peking wies im letzten Jahr nach, dass die Erde in den letzten 30 Jahren deutlich grüner geworden ist –

(Zurufe von den GRÜNEN und den LINKEN)

– und das auch in der immer wieder zitierten Sahel-Zone in Nordafrika. Auch dort sind viele Gebiete mit einer erhöhten Vegetationsdichte beobachtet worden und das trotz der Übernutzung. Aber nicht nur das. Diese Forschergruppe wies auch nach, dass das erhöhte Pflanzenwachstum nicht auf Wassereinflüsse zurückzuführen ist, sondern zum größten Teil auf den Einfluss von CO2 in der Atmosphäre.

(Zuruf der Abg. Petra Zais, GRÜNE)

Dieser positive Effekt wurde auf 96 % der Vegetationsfläche der Erde beobachtet. Die Bundespolitik aber scheut sich nicht, dreistellige Milliardenbeträge auszugeben, um in unserem kleinen Deutschland den CO2-Ausstoß etwas zu reduzieren während es weltweit an Geldern fehlt für den Naturschutz, für den Trinkwasserschutz, für die Bekämpfung von Hunger oder auch für die Katastrophenhilfe. Das ist ein eklatantes Missverhältnis.

(Beifall bei der AfD)

Die Meinungsfreiheit und die Demonstrationsfreiheit sind sehr kostbare Güter unserer Demokratie, jedoch nur unter der Prämisse, dass sie gewaltfrei bleiben und dass keine Meinung einem anderen aufgezwungen wird. Wenn jedoch bewusst die Stromversorgung einer ganzen Region gefährdet wird, wenn bewusst schwere Beeinträchtigungen der Versorgungsinfrastruktur in Kauf genommen werden, wenn massiver Hausfriedensbruch und bewusste Sachbeschädigungen begangen werden, dann sind das weder friedliche Proteste, noch kann man das beschönigend als zivilen Ungehorsam bezeichnen.

(Beifall bei der AfD)

Noch am Tag nach der Besetzung des Tagebaus, das wurde schon angesprochen, wurden Einrichtungen gefunden, die dazu dienen sollten, Züge entgleisen zu lassen und damit direkt Menschenleben zu gefährden. Diese Straftaten auf dem Betriebsgelände von Vattenfall fanden unter der Akzeptanz und zu großen Teilen auch unter der Befürwortung des Bündnisses „Ende Gelände“ statt und wurden im Internet als Heldentaten gefeiert. Zu diesem Bündnis, das möchte ich hier sagen, gehören auch die Bundesverbände und einige Landesverbände der grünen und der linken Parteijugend.

(Zurufe von den LINKEN)

Diese angeblichen Heldentaten, die in Wahrheit nichts anderes als Kriminalität sind, dürfen in unserer Gesellschaft nicht immer wieder beschönigt werden.

(Beifall bei der AfD)

Ansonsten wird der gewaltsame Protest in der politischen Auseinandersetzung zur Normalität. Meine Damen und Herren, das kann niemand von Ihnen ernsthaft wollen. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war Kollege Urban für die AfD-Fraktion. Für die Fraktion GRÜNE spricht nun Kollege Dr. Lippold.

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin über die Art der Debatte sehr verwundert. Sie erzählen uns, insbesondere die CDU in diesem Haus, immer wieder und wieder, wie wichtig es ist, bei den Pegida-Aufmärschen und fremdenfeindlichen Demonstrationen zwischen ein paar rechtsextremen Figuren und einem Gros von Menschen zu unterscheiden, deren Sorgen die Politik ernst zunehmen habe.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Nun liefern Sie hier Beispiele einer völlig undifferenzierten Betrachtung ab, die einfach absurd sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Meine Damen und Herren, diejenigen, die Grenzen und vereinbarten Konsens in nicht tolerierbarer Weise überschritten haben, sehen sich mit Ermittlungsverfahren und vielleicht auch mit einer Strafverfolgung konfrontiert. Das ist gut und richtig. Es ist deshalb gut, weil nur so sauber und ohne ideologische Aufgeregtheit und Vorverurteilungen geklärt werden kann, ob und – wenn ja – welche Straftaten von wem begangen wurden.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Ja.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Bitte, Herr Urban.

Jörg Urban, AfD: Sehr geehrter Herr Lippold, ist Ihnen bewusst, dass im Umfeld von Pegida-Demonstrationen die Straftaten überwiegend von linken Gegendemonstranten und nicht von den Teilnehmern der Pegida-Demonstration ausgehen?

(Heiterkeit)

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Das ist mir nicht bewusst, Herr Urban.

(Beifall bei der AfD und den LINKEN)

Jörg Urban, AfD: Das habe ich mir gedacht.

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Genau diese rechtsstaatliche Vorgehensweise ist die sinnvolle Vorgehensweise im Rechtsstaat. Sie verlangen faktisch, dass diejenigen, die friedlich demonstrieren, diejenigen kontrollieren, die das nicht tun, und sich dann auch noch in die Kollektivhaftung nehmen lassen. Das ist mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, das wissen Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Vor allem, aber nicht nur wegen der Rechtsstaatlichkeit lehnten und lehnen wir solche Grenzüberschreitungen Einzelner ab.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Ja.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Bitte, Kollege Krauß.

Alexander Krauß, CDU: Herr Kollege Lippold, weil wir gerade bei dem Thema Differenzierungen sind, möchte ich dazu etwas sagen: Ihr Parteivorsitzender Herr Kasek hat der Gewerkschaft IG BCE vorgeworfen, dass sie bei den Geschehnissen in der Lausitz gemeinsam mit Neonazis Menschen angegriffen hätten.

(Zuruf der Abg. Susanne Schaper, DIE LINKE – Zuruf des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Er hat unter anderem auch Folgendes über Twitter geschrieben: „Was euch mit Neonazis eint, mit denen ihr gestern friedliche Demonstranten angegriffen habt? Ihr seid Ewiggestrige.“ Sehen Sie es als eine Differenzierung an, wenn anständige Bergarbeiter und Bergleute gemeinsam in einen Topf mit Neonazis geworfen werden?

(Beifall des Abg. Jörg Urban, AfD – Unruhe im Plenum)

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Fakt ist, dass die IG BCE nicht abgestritten hat, dass dort offensichtlich Neonazis mit IG BCE-Fahnen unterwegs waren. Sie haben aber gesagt, dass die IG BCE-Fahnen vielleicht gestohlen wurden. Ansonsten nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass wir Punkte, die wir in unserer Partei zu klären haben, nicht im Plenum klären.

(Christian Piwarz, CDU: Der war gut!)

Das klären wir innerhalb unserer Partei.

(Beifall bei den GRÜNEN – Staatsminister Martin Dulig: Herr Lippold, dann klären Sie das in Ihrer Partei! – Zurufe und Unruhe im Plenum)

– Sie können davon ausgehen. Solche Grenzüberschreitungen sind nicht notwendig, weil eine breite gesellschaftliche Mehrheit für einen entschlosseneren Klimaschutz und einen möglichst raschen Abschied von der Kohle steht. Selbst in den Revieren ist vielen Entscheidungsträgern klar – viel klarer als manchem hier im Landtag –, dass die Ära zu Ende geht und der Blick nach vorn gerichtet werden muss.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Man muss diese Menschen nicht zum Jagen tragen. Man muss mit ihnen reden und gemeinsame Konzepte für die Zukunft erarbeiten. Das haben wir vor diesem Wochenende getan.  Das werden wir auch weiterhin tun.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wir erleben in diesen Tagen einen durchsichtigen Versuch zur Spaltung derer, die mehr Klima- und Umweltschutz möchten. Das geschieht nach demselben Schema, wie es mit der Antiatombewegung versucht wurde. Dort ist es krachend gescheitert. Ich denke gar nicht daran, in Ihrer lehrbuchmäßigen FramingStrategie die gewünschte Rolle zu spielen und mich von den Tausenden Menschen zu distanzieren, die um die Erhaltung der Lebensgrundlagen der nächsten Generationen ernsthaft besorgt sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Deshalb sind wir zu Demonstrationen und friedlichem Protest in die Reviere gefahren. Wenn Sie nicht endlich anfangen, sich über die Ursachen Gedanken zu machen, dann fällt Ihnen die undifferenzierte Stigmatisierung dieser Menschen selbst auf die Füße.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Begreifen Sie endlich, dass diese Bewegung so lange nicht kleiner wird, wie die Ursachen für ihre Entstehung nicht erfolgreich in einem gesellschaftlichen Konsens aufgelöst worden sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei den LINKEN)

Der Konflikt wird sich in einem Konsens auflösen oder weiter zuspitzen, bevor er aufgelöst werden kann. Wir haben am Pfingstwochenende den ersten Schritt in die Richtung einer Zuspitzung erlebt. Nicht wir, sondern Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, haben es in der Hand, wie weit er sich noch zuspitzt.

(Unruhe im Plenum – Christian Piwarz, CDU: Jetzt ist es aber einmal genug! Wer war denn dort unterwegs?!)

Mit der Art, wie Sie hier tausende Menschen pauschal diskreditieren, haben Sie sicherlich wesentlich mehr Menschen auf die Straße und Tagebaukanten gebracht, als wir das in unserer Partei mit einem Demonstrationsaufruf je geschafft hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Das ist vielleicht auch Ihre größte klimapolitische Leistung in dieser Wahlperiode. In Sachen Klimaschutz und Kohleausstieg sind Ihre Hauptgegner doch nicht die Landtagsabgeordneten der GRÜNEN und LINKEN. Falls Sie auf falsche Ideen kommen, wir geben uns schon große Mühe.

(Heiterkeit bei den LINKEN)

So viel Ehre gebührt uns jedoch nicht. Ihr Hauptgegner ist die Realität. Es ist die Realität einer Energiewende, mit der am letzten Wochenende 90 % der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien erfolgte. Nur wenige Prozent Grundlast bleiben für den fossilen Kraftwerkspark übrig. Das Geschäftsmodell der unflexiblen Grundlastkraftwerke ist vorbei. Es kommt auch nicht wieder zurück. Lassen Sie uns endlich daran arbeiten, den gesteuerten Ausstieg aus der Braunkohle so zu gestalten, dass wir dabei ein neues Geschäftsmodell entwickeln können! Beschäftigen Sie sich endlich einmal mit den realen Problemen der Braunkohle, anstatt immer wieder die Gebetsmühle mit dem Brückentechnologiemantra zu drehen, die schon quietscht.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Redezeit ist zu Ende.

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Danke sehr.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Wir haben die erste Runde in dieser 1. Aktuellen Debatte absolviert. Bevor wir in die nächste Runde eintreten, gibt es erneut eine Kurzintervention durch Herrn Kollegen Krauß am Mikrofon 5.

(Zurufe)

Alexander Krauß, CDU: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte wieder feststellen, dass sich der Kollege von den GRÜNEN nicht von der Gewalt distanziert hat.

(Zurufe von den GRÜNEN und den LINKEN)

Entschuldigung, hören Sie bitte zu, was Ihre Kollegen in Brandenburg getan haben! Sie können von Ihren Kollegen in Brandenburg lernen. Sie haben deutlich gesagt, dass das, was die Leute dort getan haben, gemeingefährlich war. Es ging um die Anschläge, von denen Lars Rohwer gesprochen hat. Die Gleise wurden manipuliert. Das war Terrorismus.

(Zurufe von den LINKEN)

Es wurde das Wort „gemeingefährlich“ verwendet. Das hätte ich mir aus Ihrem Mund ebenfalls gewünscht. Ich hätte mir ebenso gewünscht, dass Sie sagen, dass es in keiner Weise zu rechtfertigen ist, wenn es zu Gewalt kommt.

(Zurufe und Unruhe im Plenum – Glocke des Präsidenten)

Sie haben die Gewalt gerechtfertigt. Sie haben gesagt, weil die Umstände so sind, seid ihr daran schuld, dass es zu solchen Ausschreitungen kommt. Das war Ihre Argumentation. Das finde ich unredlich. Gewalt ist nie zulässig.

(Beifall bei der CDU und der AfD – Zurufe)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Kurzintervention des Herrn Kollegen Krauß bezog sich auf den Redebeitrag von Herrn Kollegen Dr. Lippold. Er reagiert auf diese Kurzintervention.

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Es ist erstaunlich, dass Sie sich auf meinen Redebeitrag beziehen. Wahrscheinlich haben Sie Ihre Kurzintervention schon lange fertiggestellt und nicht zugehört. Selbstverständlich ging es hier um Aufrufe zu friedlichen Demonstrationen. Nur darüber habe ich hier gesprochen. Herr Kollege Krauß, distanzieren kann man sich nur von etwas, dem man nahe gestanden und zu dem man selbst aufgerufen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Das haben wir nie getan.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Wir beginnen mit der zweiten Rednerrunde. Erneut ergreift für die einbringende Fraktion der CDU ein Kollege das Wort. Das ist Herr Kollege Hirche, der gerade zum Redepult schreitet.

(Unruhe)

Frank Hirche, CDU: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als ich als ehemaliger Bergmann und nicht nur als einer, der an der Bergbaukante stand, sondern der im Bergbau gearbeitet hat, die gewaltsamen Ausschreitungen in meiner Heimat verfolgt habe, war ich traurig, schockiert und auch wütend. Denn wieder einmal wurde meine Heimat, meine Region von außen verunglimpft, ihr Schaden zugefügt, das Leben der Menschen bedroht sowie – was noch viel schlimmer ist – Ängste geschürt. Es wurde verunsichert, und es fand eine Demonstration auf brandenburgischem Boden statt, an der sich sächsische Landtagsabgeordnete beteiligt und damit diesem Parlament einen Bärendienst erwiesen haben.

(Beifall bei der CDU)

Es wurde Hass geschürt, welcher – strategisch geplant – durch nichts zu rechtfertigen ist, welcher zukünftig zu unterbinden sowie – das sage ich einmal ganz deutlich – zu bekämpfen ist,

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

um auch unseren Glauben an den Rechtsstaat weiter zu sichern. Damit solche Formen aber nicht mehr vorkommen, sind zukünftig solche Aktionen im Keim zu ersticken, damit es keine weiteren Ausschreitungen gibt. Das heißt nicht – dies richte ich an die Adresse der LINKEN –, dass ich etwas dagegen habe, wenn für eine Sache auf die Straße gegangen wird; denn einst waren es auch wir von der CDU – es waren ja größtenteils Menschen der CDU sowie freiheitsliebende Menschen, die auf die Straße gegangen sind –, damit so etwas überhaupt möglich ist.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von den LINKEN)

Liebe Kollegen der LINKEN, ich habe lange überlegt, worin die Ursachen dieser Ausschreitungen liegen könnten.

(Unruhe im Saal)

Wir müssen das hier nicht im Stil von Hilde Benjamin weiterverfolgen, sondern wir machen das so, dass ich jetzt dran bin.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Frank Heidan, CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, ich habe lange überlegt: Worin liegen die Ursachen? Ist es Unvernunft? Ist es der Wille, einer Region zu schaden? Ist es ein Aufbegehren – eigentlich haben Sie es mir schon bestätigt – gegen unseren Staat, gegen unsere Wirtschaft? Oder ist es sogar fehlende Lebenserfahrung? Oder ist es einfach – das sage ich Ihnen ganz deutlich, Herr Böhme – fehlende menschliche Reife?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Sarah Buddeberg und Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Oder ist es ein Überschreiten von Hemmschwellen, die es so nicht geben kann? Diese sind nicht nur in der Lausitz nicht tolerierbar. Vor allen Dingen ist es auch ein Angriff auf Privateigentum, das wir schützen sollen und nicht vernichten! Was wäre denn zum Beispiel für ein Aufschrei durchs Land gegangen – ich habe die Bilder gesehen, wo sogenannte Aktivisten auf der Bandanlage gesessen haben –, wenn diese Bandanlage in Betrieb gegangen wäre? Es hätte Tote und Verletzte gegeben, und Sie wären die ersten gewesen, die nach dem Staat geschrien hätten, der seine Bürger nicht schützt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich persönlich habe viele Jahre im Bergbau gearbeitet. Ich habe sehen müssen, wie Kinder ihre Väter verloren haben. Ich habe sehen müssen – damit komme ich auf Sie, Herr Böhme, zu sprechen, wo ich Ihnen politische und moralische Unreife vorgeworfen habe – –

(Sarah Buddeberg, DIE LINKE: Sie haben „menschliche Unreife“ gesagt!)

– Danke für die Korrektur, Frau Kollegin. Ich habe gesehen, wie im Tagebau Scheibe eine Bandanlage durch Funken abgebrannt ist.

(Weitere Zurufe der Abg. Sarah Buddeberg, DIE LINKE)

– Seien Sie doch einmal ruhig; Sie können sich nachher zu Wort melden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich habe auch gesehen – das war keine Erfindung des Kapitalismus, sondern des Sozialismus; ich habe nämlich zu DDR-Zeiten dort gearbeitet –, wie Menschen um ihr Leben gerannt sind. Solche Dinge möchte ich in der Lausitz nicht sehen, und ich möchte sie auch nicht in meiner Region sehen. Schreiben Sie sich das bitte hinter die Ohren!

(Beifall bei der CDU)

Kommen wir jetzt zu einem anderen Punkt, der auch angesprochen wurde und der Ihnen sicherlich am Herzen liegt: Vattenfall hat lange überlegt, ob das Kraftwerk Schwarze Pumpe abgeschaltet werden soll. Für mich als Bürger der Stadt Hoyerswerda ist das eine Katastrophe, denn das hiesige Klinikum lebt von Vattenfall und der Fernwärme, die dort produziert wird. Hätten Sie das moralische Gesicht gehabt, den Patienten zu zeigen, dass wir keine Energie und keine Fernwärme mehr haben? Sie hätten es nicht gemacht; Sie hätten es wieder auf den Staat geschoben, denn Sie selbst sind ja nie schuld.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Deshalb – darin gebe ich meinen Vorrednern recht – muss ein solches Handeln bestraft werden, und Sie sollten sich schämen,

(Zuruf des Abg. Mirko Schultze, DIE LINKE)

meiner Heimat und den Menschen in meiner Heimat so etwas angetan zu haben. Sie sollten aber auch den Mut haben, zu den Menschen in meiner Heimat zu gehen. Sie sollten den Mut haben, zu Betriebsversammlungen der IG BCE zu gehen. Sie sollten den Mut haben, auf Veranstaltungen in Hoyerswerda zu sprechen und dazu Stellung zu nehmen.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Frank Hirche, CDU: Abschließend möchte ich Ihnen noch einen Ausspruch Ihrer beliebten Rosa Luxemburg mit auf den Weg geben: „Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Stimmt!)

Sie hatte damit recht, und hier sind wir einer Meinung. Sie hatte nur nicht eingeräumt, dass es Leute wie Sie gibt, die diesen Spruch mit Füßen treten. Danke.

(Beifall bei der CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Als Nächster spricht Kollege Homann für die einbringende SPD-Fraktion.

Henning Homann, SPD: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Energiewende ist eine der zentralen politischen Herausforderungen unserer Zeit. Denn es geht um eine große wirtschaftliche Bedeutung. Gerade in einem Industrieland hat die Frage von Energiekosten eine zentrale Bedeutung. Sie ist genauso von ökologischer Bedeutung, denn die Herausforderung unserer Zeit besteht darin, unsere wirtschaftliche Fähigkeit mit dem Anspruch einer ökologischen Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Es gibt eine große soziale Bedeutung, weil es darum geht, Strom und Energie für alle Menschen bezahlbar zu machen. Es geht natürlich auch um eine regionalpolitische Herausforderung, denn in Sachsen geht es um nicht weniger als rund 8 000 Arbeitsplätze in der Lausitz. Natürlich ist ein solches Thema auch Gegenstand harter politischer Debatten in diesem Land. Wir müssen aber diesen Strukturwandel, der vor uns liegt und der im Übrigen von niemandem infrage gestellt wird – außer vielleicht von den Atomkraftbefürwortern – im Dialog mit den Menschen organisieren. Dialog bedeutet nicht Hausfriedensbrüche, Sachbeschädigung, Werksstürmungen, entgleiste Züge und Bedrohungen – das sind Straftaten. Das muss man so deutlich sagen. Dessen werden sich die Polizei und die Staatsanwaltschaft annehmen. Ich denke auch – Herr Krauß hat darauf hingewiesen –, dass wir nicht zulassen dürfen, dass dieser Dialog von Neonazis übernommen wird. Ich glaube, wir alle verurteilen es auch an dieser Stelle, wenn ein Protestcamp – egal von wem – von Neonazis angegriffen wird. Ich glaube aber auch, dass wir in der gesamten Debatte zusehen müssen, dass wir keine Fehler wiederholen. Wenn wir in Sachsen in den letzten Jahren eines gelernt haben, dann ist es der Fakt, dass uns Schwarz-Weiß-Debatten in diesem Land nicht weiterhelfen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Valentin Lippmann, GRÜNE: Dann sagen Sie das einmal Ihrem Koalitionspartner!)

– Ich rede nicht für den Koalitionspartner; ich rede für mich, Herr Kollege.

(Valentin Lippmann, GRÜNE: Dann sollten Sie einmal mit ihm reden!)

Ich glaube, es macht keinen Sinn und es bringt nichts. Wir tun den Gewalt- und Straftätern, die in der Lausitz unterwegs waren, einen Gefallen, wenn wir alle 2 000 Demonstrierenden mit diesen 300 Gewalttätern in einen Sack stecken. Ich denke, wir tun diesen Menschen einen Gefallen, wenn wir die Naturfreunde-Jugend oder den BUND in einer Reihe mit diesen nennen, nur weil sie damals einen friedlichen Aufruf unterschrieben haben, der dann von einigen Leuten instrumentalisiert und zu Gewalt missbraucht wurde. Ich glaube, wir dürfen diesen Fehler nicht machen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt den LINKEN)

Genauso infam finde ich es, an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen der IG BCE zu unterstellen, sie würden gemeinsame Sache mit Neonazis machen. Das sind die Kolleginnen und Kollegen, die seit über zehn Jahren in Sachsen mit uns gemeinsam den Kampf gegen rechts aufgenommen haben. Das ist genauso infam!

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie uns nicht, wie in den vergangenen Monaten so oft, allzu schnell Stempel verteilen. Lassen Sie uns nicht in das Schwarz-Weiß-Schema hineinfallen, sondern mit einer klaren Haltung gegenüber der Ablehnung von Gewalt und Kriminalität, aber auch mit zwei klaren Signalen aus dem heutigen Tag hinausgehen. Das ist zu merken. Wir senden ein klares Signal an die Kolleginnen und Kollegen, an die Kumpel in der Lausitz, die dort täglich ihre Arbeit tun, ihren Beitrag leisten, die ihre Familien ernähren und die bereit sind, sich dem Strukturwandel zu stellen. Das, meine ich, haben wir heute getan. Aber lassen Sie uns auch zu einem friedlichen Dialog über die Lausitz einladen. So wie ich die Lausitzerinnen und Lausitzer kennengelernt habe, sind das bodenständige Leute, die ihre Heimat mögen, die gern da bleiben wollen, die wissen, dass sich die Lausitz verändern wird und verändern muss, die aber vor allem eines wollen, und darauf haben sie ein Recht: das ist Sicherheit. Sie möchten in ihrer Region bleiben können.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Es ist eine Aufgabe der Politik, ihnen diese Sicherheit zu geben. Lassen Sie uns alle, die ein Interesse an einem friedlichen Dialog über die Lausitz haben, einladen. Das ist, meine ich, eine wichtige Botschaft für heute. Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt der CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Für die einbringende SPD-Fraktion sprach Herr Kollege Homann.

Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Herr Kollege Böhme.

Marco Böhme, DIE LINKE: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Rohwer und Herr Hirche, die Quintessenz Ihrer Reden war – zumindest habe ich das so wahrgenommen –, dass Sie sich – Entschuldigung! – einen Scheiß für die Zukunft der kommenden Generationen, für diesen Planeten und für die nächsten 50 Jahre interessieren. Sie erfüllen genau damit das Klischee des Politikers, der nicht länger als bis zur nächsten Legislaturperiode, geschweige denn an kommende Generationen, denken kann.

(Beifall bei den LINKEN – Alexander Krauß, CDU: Zum Glück haben wir solche Weltverbesserer wie Sie!)

Ich mache mir große Sorgen um die Zukunft, nicht nur wegen des Rechtsrucks in Europa und hier im Lande, sondern auch, wenn es um eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten geht. Der Klimawandel schreitet immer weiter fort, scheinbar unaufhaltsam, und Sie sitzen hier in den Sesseln und diskriminieren Leute, die sich um die Zukunft Gedanken machen, die um eine lebenswerte Zukunft streiten.

(Zurufe von der CDU)

Und Herr Hirche, ich lasse mir doch von Ihnen nichts über Moral oder moralische Wertigkeiten erzählen, von Ihnen, die Leute an die Wand stellen lassen wollen und die Todesstrafe wieder fordern. Ich lasse mir doch von Ihnen nichts über Moral erzählen! Wo kommen wir denn da hin!?

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Eigentlich wollte ich die Rede mit einem Zitat beginnen, ich bringe es jetzt: „Es ist unser Wunsch, dass die jungen Menschen endlich einmal den Betonköpfen erklären, dass die Braunkohle in der Erde bleiben muss. Die am Wochenende laufenden Aktionen des Protestbündnisses unterstütze ich. Der Ungehorsam geht eigentlich von den Verfechtern der Braunkohle und von der Landesregierung aus.“ Wissen Sie, wer das gesagt hat? Der CDU-Fraktionsvorsitzende aus Welzow, Günter Jurischka.

(Beifall bei den LINKEN und bei den GRÜNEN)

Sie, Herr Heidan, haben in einer Pressemitteilung mir, den GRÜNEN und dann sicherlich auch dem Fraktionsvorsitzenden aus Welzow vorgeworfen: „Wer so etwas unterstützt und zu solchen Protesten aufruft, untergräbt das Vertrauen in die Demokratie.“

(Alexander Krauß, CDU: Damit hat er recht!)

Genau, meinen Sie. – Dann fangen Sie erst einmal in Ihren eigenen Reihen an, dies zu kritisieren, und zweitens ist es genau unsere demokratische Rolle, sich politisch zu positionieren und nicht einfach nur ständig zu verwalten, wie Sie es tun.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

Es ist unser Job, sich politisch zu positionieren. Ich bin genauso legitimiert wie Ihr Fraktionsvorsitzender in Welzow, dazu etwas zu sagen, und das habe ich auch getan.

(Alexander Krauß, CDU: Sie sind nicht legitimiert, Recht zu brechen!)

– Ich habe kein Recht gebrochen. Ich kann Ihnen sagen, was ich gemacht habe. Ich habe Menschen bei verschiedenen Demonstrationen und Aktionen begleitet, die sich um die Zukunft der Lausitz kümmern, die einen Strukturwandel möchten und die sich einen Kopf um die Zukunft machen. Das Bündnis „Ende Gelände“ hat bei mehreren Plenen und Aufrufen sowie im Camp selber den Aktionskonsens, den vorhin Herr Baum vorgelesen hat, bekräftigt und an seine Mitglieder weitergegeben. Darin heißt es unter anderem: „Wir werden uns ruhig und besonnen verhalten …“ Wir haben das vorhin schon gehört. Dort heißt es auch: „Unsere Aktionen richten sich nicht gegen ArbeiterInnen oder die Polizei.“ Genau diesen Aufruf habe ich unterstützt.

(Alexander Krauß, CDU: Sie haben sich aber gegen diesen gerichtet und haben dabei Gewalt angewendet!)

Ich habe dabei nichts Verwerfliches getan, und 4 000 Leute haben das auch unterstützt. Ich lasse mir von Ihnen nicht vorwerfen, zu Gewalt aufgerufen oder diese unterstützt zu haben. Denselben Aufruf gab es im letzten Jahr auch schon im Rheinland, im Tagebau Garzweiler. Dort haben auch mehrere tausend Menschen den Tagebau für mehrere Tage blockiert, und es gab keine Ausschreitungen.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Das ist friedlich abgelaufen, die Leute haben friedlich den Tagebau nach den Protestaktionen wieder verlassen. Es brauchte keine CDU in irgendeinem Landtag, die dazu irgendein Tohuwabohu gemacht hat.

(Beifall bei den LINKEN – Alexander Krauß, CDU: Sie waren nicht friedlich, sie waren gewalttätig!)

In dieser Republik haben sich schon viele tausend Menschen vor Züge gekettet oder Gleise blockiert, um etwas zu zeigen, und zwar friedlich zu zeigen. Das war die Antiatombewegung. Heute haben wir ein Atomausstiegsgesetz, das auch Ihre Partei auf Bundesebene unterstützt, womit Sie sich heute auch brüsten. Ich meine, in 20 bis 30 Jahren werden wir einen Kohleausstieg haben, dann werden Sie auch die Kohleproteste anders sehen.

(Alexander Krauß, CDU: Sie können sich zu Hause anketten, aber nicht auf Gleisen!)

Protest zeigt Wirkung.

(Beifall bei den LINKEN)

Dem neuen Investor von Vattenfall muss klar sein: Wer in die Braunkohle investiert, der investiert auch in den Protest. Der Protest wird weiter wachsen, er wird nicht zurückgehen. Herr Lippold hat das schon gesagt. Sie wollen mit dieser Gewaltdebatte einfach nur davon ablenken, dass Sie bei dem Thema Strukturwandel vollkommen versagt haben.

(Beifall bei den LINKEN – Zurufe von der CDU)

Sie haben alle unsere Anträge dazu in dieser und den letzten Legislaturperioden abgelehnt, sie wahrscheinlich noch nicht einmal gelesen, worin wir gefordert haben, dass es Umbrüche und neue Strukturen braucht, dass man sich zu einem klaren Ausstiegsszenario bekennen muss.

(Ines Springer, CDU: Wir sind gegen Gewalt, nicht gegen Proteste! – Oh! bei den LINKEN)

– Ich bin auch gegen Gewalt. Ich habe mich auch nicht daran beteiligt. Ich war in keinem Kraftwerk, ich habe nichts zerstört.

(Zurufe von der CDU)

Ich habe den Aufruf, den Herr Baum vorhin zitiert hat, unterstützt und die Demonstration begleitet, mehr nicht. Das ist auch ein demokratisches Recht, und das lasse ich mir von Ihnen nicht kaputtreden. Vielen Dank.

(Beifall bei den LINKEN)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war Herr Böhme für die Fraktion DIE LINKE. Jetzt geht es weiter mit der AfD. Gibt es dort Redebedarf? – Gibt es Redebedarf bei den GRÜNEN? – Das ist nicht der Fall. Dann können wir jetzt eine dritte Rederunde eröffnen. Das Wort ergreift Herr Heidan für die einbringende CDU-Fraktion.

Frank Heidan, CDU: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin froh und dankbar, dass wir diese Debatte hier im Hohen Haus führen und auch endlich einmal die Unterschiede hier aufzeigen.

(Zuruf von den LINKEN: Das haben wir schon seit Jahren gemacht!)

Ich habe festgestellt, Frau Kagelmann, dass bei Ihnen das Sprichwort sehr gut zutrifft: „Wer schreit, hat meistens unrecht.“

(Zurufe von den LINKEN und den GRÜNEN)

Sie haben hier herumgeschrien wie ehemalige Richter an deutschen Gerichten, die ich hier lieber nicht beim Namen nennen will. Sie können sich aussuchen, von welcher Seite, von Braun oder von Rot. So haben Sie sich hier vorn am Pult benommen. Das hat schon gesessen, meine Damen und Herren.

(Zurufe von den LINKEN und von der CDU)

Können Sie sich einmal etwas beruhigen, meine Damen und Herren von den LINKEN?

Präsident Dr. Matthias Rößler: Fahren Sie fort, Kollege Heidan.

(Zurufe von den LINKEN – Glocke des Präsidenten)

Bei der vorangegangenen Debatte ist mir aufgefallen, dass hier ziemlich viel gerechtfertigt wird. Ich habe am Dienstag nach Pfingsten mit Dr. Zeiß schon früh um halb sieben telefoniert, er hat mir berichtet, was an dem Wochenende los war. Die Arbeiter waren verunsichert, sodass sie nicht mehr auf Arbeit gehen wollten, sie sagten: „Wir lassen uns von diesen Gewalttätern nicht einschüchtern.“ Sie hatten Angst, auf Arbeit zu gehen. Das muss man sich einmal vorstellen und auf der Zunge zergehen lassen!

(Zuruf des Abg. Klaus Bartl, DIE LINKE)

– Das kommt noch, Herr Bartl, trösten Sie sich! Wenn sich ein linker Abgeordneter wie Herr Marco Böhme hier vorn hinstellt und sage, es sei eine neue Dimension des Protests gegen die Braunkohle, dem Investor müsse klar sein, wer die Kohle kauft, kauft den Protest mit, dann ist das ein eklatanter Angriff auf Privateigentum.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Lachen bei den LINKEN)

Das war ein Aufruf zu noch mehr Gewalt. Herr Böhme, ich fordere Sie auf: Lassen Sie Ihre Immunität aufheben und zeigen Sie sich selbst an! Sie haben die Straftaten mit zu verantworten!

(Zurufe von der CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Bitte, Herr Lippmann. Sie haben jetzt die Möglichkeit zur Zwischenfrage.

Valentin Lippmann, GRÜNE: Danke, Herr Präsident! Herr Heidan, ich schaue mir die Debatte jetzt gerade an. Ich bin über das Niveau sichtlich erschüttert und frage Sie daher: Die Abg. Springer hat gerade den Zwischenruf gemacht, man müsse zwischen Protest und Gewalt differenzieren. Warum haben Sie aus der Ableitung Protest gerade Gewalt gezogen, indem Sie unterstellt haben, dass die Aufforderung oder die Annahme von Herrn Böhme, es würde zu weiterem Protest kommen, zwingend Gewalt heißt?

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU – Weitere Zurufe von der CDU)

Frank Heidan, CDU: Herr Böhme hat hier deutlich gesagt, dass der Protest weitergeht. Er hat auch deutlich gesagt, dass das mit Gewalt weiterhin begleitet werden wird.

(Proteste von den LINKEN)

Er hat sich davon nicht distanziert.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Die Wahrheit siegt. Sie erzählen hier Unsinn, Herr Heidan! – Proteste von den LINKEN und den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

Ihre Aufgeregtheit zeigt mir, dass ich recht habe.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Kollege Heidan, Moment! Wer hier die Möglichkeit einer Zwischenfrage oder der Kurzintervention nutzt, denke ich, trägt zur Erhellung der Debatte bei. Aber entscheidend ist, dass es gelingt, in diesem Hohen Hause auch weiter Argumente auszutauschen. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass sich der Redner überhaupt klar verständlich machen kann.

(Sebastian Scheel, DIE LINKE: Die Möglichkeit des Zwischenrufes – –)

Ich bitte und ich appelliere an uns alle, dass wir trotz der Emotionalität, die in diesem Thema liegt, die Debatte mit unserer Geschäftsordnung und den dort vorhandenen Möglichkeiten weiterführen. Da sehe ich eine Zwischenfrage. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Frank Heidan, CDU: Selbstverständlich. Das verlängert meine Redezeit.

Nico Brünler, DIE LINKE: Wenn es zur Aufklärung dient, sollen Sie die zusätzlichen Minuten gern haben. Sie haben gefordert, dass sich mein Kollege Böhme von einem Aufruf zur Gewalt distanzieren soll. Nun kann man sich von Sachen, die man nicht gemacht hat, schlecht distanzieren. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie tatsächlich einmal zweifelsfrei, gern auch wortwörtlich als Zitat, belegen können, wo Kollege Böhme offen zur Gewalt aufgerufen hat. Damit meine ich jetzt nicht irgendwelche verschwommenen Interpretationen.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war Kollege Brünler mit seiner Zwischenfrage.

Frank Heidan, CDU: Herr Brünler, es existieren Bilder, es existieren Aufrufe, es existieren von Herrn Böhme eindeutige Aussagen, die zu dieser Gewalt aufgerufen

(Nico Brünler, DIE LINKE: Dann legen Sie die doch einmal vor!)

und sie nicht verhindert haben.

(Zurufe von den LINKEN)

Ich kann Ihnen durchaus auch weitere LINKEN-Aktivisten, wie Sie das bezeichnen, mit Namen nennen: Norbert Müller, Martina Renner, Sabine Leidig, Hubertus Zdebel, die massiv Gleisblockierungen gemacht haben.

(Juliane Nagel, DIE LINKE: Das sind Bundestagsabgeordnete!)

Was sind denn Gleisblockierungen, meine Damen und Herren von den LINKEN? Das sind Straftaten.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Das bleibt auch bei Straftaten. Das müsste Ihr Rechtsanwalt Bartl doch wissen.

(Beifall bei der CDU – Proteste bei den LINKEN)

Das ist nicht nur leichte Kriminalität. Das sind schwere Straftaten.

(Proteste bei den LINKEN)

Ich kann nur dem Innenminister von Brandenburg, Herr Karl-Heinz Schröter, SPD, recht geben, als er gesagt hat: „In der Lausitz wurden rote Linien überschritten.“ Die haben Sie überschritten, und dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU – Alexander Krauß, CDU: Richtig!)

Herr Gebhardt, Sie brauchen hier in diesem Haus gar nicht so zu grinsen. An Ihrer Stelle würde ich als Fraktionsvorsitzender zurücktreten.

(Beifall bei der CDU – Proteste bei den LINKEN – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Echt?)

Denn das, was die Krawallbrüder, ob jetzt Kagelmann, Böhme oder wie sie alle heißen, hier praktiziert haben, ist eines Fraktionsvorsitzenden der LINKEN in diesem Hohen Haus nicht mehr würdig. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Proteste bei den LINKEN – Enrico Stange, DIE LINKE: Unvermögen! – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Mehrheit schützt vor Dummheit nicht!)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war der Redner der CDU, Herr Kollege Heidan. Jetzt gibt es eine Kurzintervention an Mikrofon 3 durch Herrn Dr. Lippold.

Dr. Gerd Lippold, GRÜNE: Danke, Herr Präsident. – Es ist schon ziemlich absurd, was hier abgeht. Glauben Sie denn wirklich, Herr Kollege Heidan, Sie könnten Sachsen, indem Sie in der Lausitz eine Wagenburg aufbauen und die Geschehnisse jetzt dazu nutzen, die Wagen etwas enger zusammenzurücken, von nationalen und globalen Entwicklungspfaden abkoppeln?

(Zuruf von der CDU: Wer sagt das? – Steve Ittershagen, CDU: Das sagt kein Mensch!)

Wenn das Ihr Plan ist, dann berauben Sie sich nicht nur der Möglichkeit, in einer gesellschaftlichen Konsensfindung zum Ende der Kohle-Ära Teil der Lösung zu werden, sondern sie laufen darüber hinaus tatsächlich Gefahr, hier in Sachsen, ob nun in Rohne oder in Pödelwitz, Ihr Wackersdorf der Braunkohleindustrie zu erleben.

(Steve Ittershagen, CDU: Was für ein Schwachsinn, ehrlich!)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war die Kurzintervention. Jetzt kommt die Reaktion von Herrn Kollegen Heidan.

Frank Heidan, CDU: Herr Kollege, ich glaube, wir haben ausreichend Papiere vorgelegt und auch ausreichend Diskussionen hier in diesem Hohen Haus geführt, in denen wir eindeutig gesagt haben: Für uns ist die Braunkohle ein wichtiger Punkt in der Lausitz. Wir reden nicht vom Niedergang, wie das Frau Kagelmann vorhin hier getan hat, sondern wir reden von 7 000 direkt betroffenen Arbeitsplätzen und 15 000 indirekt betroffenen Arbeitsplätzen in der Lausitz. Wir haben als CDU gesagt: Für uns ist es eine Brückentechnologie, die zur Sicherung der Energieversorgung hier in unserem Land einen großen und wichtigen Beitrag leistet. Das haben wir gesagt. Wenn der technologische Fortschritt weiter voranschreitet und es ermöglicht, dass die Braunkohle nicht mehr verfeuert wird, sondern vielleicht für andere technologische Zwecke eingesetzt werden kann, dann werden wir das machen. Wir werden keine Maschinenstürmerei veranstalten, wie das DIE LINKEN hier gemacht haben. Sie lehnen ein Wirtschaftssystem ab. Das ist die Ursache für die Proteste. Das tolerieren Sie. Ich muss deutlich sagen: Ich sehe schon den Unterschied zwischen Ihrem Diskussionsbeitrag hier vorn und denen der LINKEN. DIE LINKEN sind Krawallbrüder, das sind Straftäter.

(Beifall bei der CDU – Proteste bei den LINKEN)

Im Kriegsfall würde man sagen, es sind Partisanen; im Friedensfall, sage ich Ihnen, sind es Terroristen, die Gleisanlagen besetzen, die Maschinen stürmen.

(Beifall bei der CDU – Proteste bei den LINKEN)

Es sind Terroristen, dabei bleibe ich. Sie haben massiv die Energieversorgung gefährdet. Dabei bleibt es.

(Beifall bei der CDU – Sebastian Scheel, DIE LINKE: Da klatschen Sie auch noch! – Alexander Krauß, CDU: Das ist Terrorismus, nichts anderes!)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war die Reaktion auf die Kurzintervention.

(Interne Wortwechsel zwischen Abgeordneten der LINKEN und der CDU – Glocke des Präsidenten)

Ich finde, wir sollten jetzt zu einer sachlichen Debatte zurückkehren, so gut das möglich ist. Vor allen Dingen sollten wir einander zuhören, miteinander diskutieren und auf die Argumente eingehen. Jetzt sehe ich an Mikrofon 3 erneut Herrn Lippmann. Bitte.

Valentin Lippmann, GRÜNE: Vielen Dank, Herr Präsident! – Auch wenn zwei Kurzinterventionen aus einer Fraktion zum selben Redebeitrag vielleicht unüblich sind, muss man hier doch ein paar Sachen klarstellen. Herr Heidan, Sie haben gerade eindeutig in Ihrem Redebeitrag bewiesen, dass es vielleicht sinnvoll gewesen wäre, zur Verbesserung und zum Substanziieren dieser Debatte erst einmal abzuwarten, was unter anderem die Ergebnisse der Landtagsbefassung in Brandenburg zu dem Thema sind, anstatt hier offensichtlich wie Blinde von der Farbe zu reden. Ich habe hier heute viele Zahlen bezüglich der Verfolgung von Straftaten gehört. Vielleicht hätten wir das tun sollen, was Sie zu Recht immer einigen Fraktionen im Haus vorwerfen, nämlich erst einmal abzuwarten, was die Justiz damit macht, bevor wir uns hier zu Richtern aufspielen, wie Sie es gerade getan haben.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Herr Heidan, mit Ihren Äußerungen – Herr Krauß, Sie können auch gern noch etwas sagen –

(Zuruf von den LINKEN: Lieber nicht!)

spielen Sie sich hier auf zu einer Art Straftribunal über Demonstrantinnen und Demonstranten. Das ist unredlich.

(Alexander Krauß, CDU: Das war Gewaltanwendung!)

Das ist nicht Aufgabe eines Parlaments, sondern Aufgabe eines Rechtsstaates.

(Zurufe von der CDU)

Ich kann es nicht mehr hören, Herr Heidan. Wenn sich die CDU die ganze Zeit hinstellt und den Rechtsstaat lobpreist – vollkommen zu Recht – und einen starken Rechtsstaat einfordert, dass Sie dann nicht abwarten, wie die Justiz mit den Gewalttaten, die es dort gegeben hat, umgeht, sondern Sie sich hier hinstellen und ein vollkommen undifferenziertes Gewäsch abgeben.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU – Glocke des Präsidenten)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Als eine Fraktion, die seit Monaten, seit über anderthalb Jahren hier mit der Trommel durch Sachsen rennt und deutlich zu machen versucht, dass man bei gesellschaftlichen Bewegungen nur ausreichend differenzieren müsse, haben Sie jetzt gerade bewiesen, dass das bei Ihnen eine Differenzierung nach Ideologie ist. Sie differenzieren immer dann nicht, wenn es Ihnen nicht in den Kram passt.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN)

Wenn Sie differenzieren würden, dann würden Sie zur Kenntnis nehmen, dass der übergroße Teil friedlich war und mit Gewalt nichts am Hut hat. Ich sage Ihnen, bevor der Vorwurf kommt: Gewalt kann nie ein Instrument der Durchsetzung von politischen Zielen sein.

(Zurufe von der CDU)

Das ist die Position der GRÜNEN. Ich finde, diese Pauschalisierung, die Sie hier vornehmen, ist schlicht unredlich und für ein Parlament unwürdig.

(Beifall bei den GRÜNEN und den LINKEN – Lachen der Abg. Dr. Frauke Petry, AfD)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war Herr Lippmann. Jetzt kann darauf reagiert werden. Ich wollte nur noch einmal darauf hinweisen, dass auch Kurzinterventionen und die Reaktion darauf natürlich ein gewisses Zeitlimit umfassen. – Bitte.

Frank Heidan, CDU: Herr Lippmann, genau das hat die Debatte bewirkt. Wir haben keinen Vorgriff auf juristische Entscheidungen gefordert, und ich kann mich an keinen Redebeitrag erinnern, dass das die Koalitionsfraktionen gefordert hätten. Wenn Sie meine persönliche Meinung hören wollen: Ich würde alle einsperren, die an dieser Stelle Gleisanlagen, Maschinen – –

(Beifall bei der CDU und der AfD)

– Ja, ich habe ja gesagt: Wenn Sie meinen – –

(Zurufe von der LINKEN)

Herr Präsident, das geht schon wieder von meiner Redezeit ab.

(Glocke des Präsidenten)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Kollege Heidan, lassen Sie das meine Sache sein.

(Zuruf von der LINKEN: Sie können es doch lesen, wenn es im Protokoll steht!)

Nun können Sie Ihre Reaktion auf die Kurzintervention fortsetzen; bitte.

Frank Heidan, CDU: Ich wiederhole: Meine persönliche Meinung ist: Ich würde es mit Gefängnisstrafe verurteilen, aber das hat die Justiz letztendlich zu entscheiden Darauf haben wir keinen Einfluss, und es ist außerdem Gewaltenteilung, und dabei bleibt es. Herr Lippmann, Sie hatten hier die Chance, sich deutlich von den Krawallbrüdern von links zu distanzieren. Das haben Sie vielleicht in Ansätzen getan, aber Sie haben Ihre Chance verpasst, sich hier deutlichst von diesen Gewaltexzessen, die zu Pfingsten in Welzow und in der Lausitz passiert sind, zu distanzieren. Das war diese Debatte schon wert, und deshalb werden wir das auch gern im Protokoll nachlesen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Valentin Lippmann, GRÜNE: Das schicke ich Ihnen, Herr Heidan! Den Ausschnitt schicke ich Ihnen!)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Wir könnten nun in der Rederunde noch eine Kurzintervention zulassen. Nur ein kurzer Hinweis: Die GRÜNEN und die CDU haben ihre Kurzintentionen verbraucht, aber

(Rico Gebhardt, DIE LINKE: Wir sind noch da!)

die Fraktion DIE LINKE hat noch Möglichkeiten. Bitte, Frau Dr. Pinka.

Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Wir haben sie uns für den Höhepunkt des Tages aufgehoben, für die Rede von Herrn Heidan. Wir sind keine Terroristen. Wir werden unseren Fraktionsvorsitzenden nicht zurückziehen. Aber ich sage Ihnen, was ich Ihnen anrate: Sie haben eine Debatte unter dem Titel „Mit der Braunkohle als Brückentechnologie den Strukturwandel gestalten …“ Ich hätte mir ja vorstellen können, dass der Arbeitskreisleiter Wirtschaft der CDU –

(Frank Heidan, CDU: Wenn Sie nicht weiterlesen, das sagt alles!)

– zumindest zu diesem Punkt etwas sagt. Es wäre besser, der Arbeitskreisleiter legt seine Führung nieder, denn dazu kam gar nichts. Das hätten Sie anderen überlassen können.

(Zustimmung von der LINKEN – Frank Heidan, CDU: Weiterlesen, Frau Dr. Pinka!)

Ich weiß nämlich nicht wirklich, was Sie unter Strukturwandel verstehen.

(Frank Heidan, CDU: Weiterlesen!)

Wenn Sie „Wandel“ sagen, dann ist das offensichtlich bei Ihnen so ein „Weiter so wie bisher“.

(Frank Heidan, CDU: Wenn Sie selektiv lesen!)

Aber wenn in diesem Zusammenhang die Brückentechnologie Braunkohle benutzt wird – was Sie mit Ihrem Debattentitel ja getan haben –, dann heißt das für mich: Das ist kein Wandel, den Sie hier angeben. Sie wollen so weitermachen wie bisher, und Sie wollen alles beim Alten belassen. Sie sind in sich gefangen, Sie kommen nicht einen Schritt vorwärts. Wir haben Ihnen Vorschläge gemacht, wir haben Ihnen ein Gesetz vorgelegt. Das werden wir gern noch einmal im nächsten Plenum auf die Tagesordnung setzen. Wir haben Anträge gestellt, Vattenfall-Verkaufsverhandlungen; ich kann mich erinnern, wir haben beim letzten Mal darüber diskutiert. Wir haben versucht, mit Ihnen über Klimaschutz und Entwicklungen zu diskutieren. – Alles lehnen Sie ab. Sie gehen immer denselben Weg vorwärts, aber die Leute in der Lausitz brauchen Planungssicherheit, sowohl die Menschen, die arbeiten, aber natürlich auch jene, die gern eine Änderung dieser Klimapolitik sehen wollen. Frau Hendricks kommt und sagt: Wir ändern etwas. Der Nächste kommt und sagt: Wir ändern nichts. Das sind der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister. Jetzt haben wir eine unheimliche Verunsicherung in der Lausitz geschaffen. Was tun die Menschen, wenn sie verunsichert sind? Sie gehen manchmal Wege, die sie dann nicht mehr im Griff haben. Das ist vielleicht auch passiert, deshalb denke ich:

– Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Zeit für die Kurzintervention, Frau Dr. Pinka, beträgt 3 Minuten!

Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Moment, ich bin gleich am Ende!

Präsident Dr. Matthias Rößler: Letzter Satz, bitte!

Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: – Wenn Sie nicht anfangen zu steuern, dann wird es tatsächlich in der Lausitz auch bei dieser Unruhe bleiben, davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei den LINKEN)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Gibt es eine Reaktion auf die Kurzintervention?

(Frank Heidan, CDU: Wir haben keine Möglichkeit mehr!)

Für die Reaktion immer. Das war die Kurzintervention, 3 Minuten Dauer, und jetzt ist die Reaktion möglich.

Frank Heidan, CDU: Frau Dr. Pinka, ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal in der Lausitz waren.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Tja? – Rico Gebhardt, DIE LINKE: Das ist noch nicht so lange her!)

Ich weiß auch nicht, ob Sie noch die Bilder von 1990, 1992 – egal, Anfang der 1990er-Jahre – gesehen haben, und ich weiß auch nicht, ob Sie nicht mitbekommen haben, was das Unternehmen Vattenfall allein in die Kohlekraftwerke gesteckt hat, um dort den CO2-Ausstoß zu verringern. Ich weiß auch nicht, ob Sie Ahnung haben, was dort technologisch passiert ist.

(Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Wenn diese Kraftwerke, die wir in der Lausitz und in SüdBrandenburg haben, in China oder weltweit woanders stünden, dann hätten wir schon viel mehr für das Klima getan, das will ich Ihnen ins Stammbuch schreiben. Wenn Sie das nicht bemerkt haben, dann tun Sie mir einfach leid, das will ich einmal deutlich sagen. Wenn Ihnen 7 000 – ich wiederhole: 7 000 – Arbeitsplätze, die in der Lausitz direkt mit der Braunkohle verbunden sind, und 15 000 indirekte nichts mehr wert sind und Sie den Menschen sagen, es sei ihr Niedergang, und es sei Wolfserwartungsland, wie Sie das teilweise hier in den Diskussionsbeiträgen gesagt haben: Das sind keine Alternativen.

(Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Ich?)

– Nicht Sie persönlich, Ihre Fraktion. Frau Dr. Pinka, ich weiß ja, dass Sie das nicht so sagen würden. Aber wenn Sie das hier so kommunizieren, dann ist das nicht richtig. Noch einmal, bitte: Sie haben die Möglichkeit, sich hier in der Diskussion klar und deutlich von diesen Gewalttaten zu distanzieren und die Verantwortung dafür zu übernehmen. Sie haben es nämlich nicht verhindert, Herr Böhme.

(Zuruf des Abg. Marco Böhme, DIE LINKE)

Sie waren dort und haben genüsslich eine Wasserpfeife geraucht. Das hat vorhin mein Kollege Frank Hirche deutlich gesagt, und es gibt auch Belege dafür. Sie sind verpflichtet als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland.

Präsident Dr. Matthias Rößler: Die Zeit für die Reaktion beträgt 2 Minuten, und sie ist zu Ende. – Vielen Dank.

Frank Heidan, CDU: Ja. Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Dr. Jana Pinka, DIE LINKE: Tosender Beifall! Unglaublich, Herr Heidan! – Beifall bei der CDU)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Wir gehen weiter in der Rednerrunde, so noch Redebedarf vorhanden ist. Gibt es bei der SPD-Fraktion noch Redebedarf in dieser Rednerrunde? – Das ist nicht der Fall. Gibt es aus einer Fraktion noch Bedarf? –

(Luise Neuhaus-Wartenberg, DIE LINKE: Vielleicht will Herr Heidan noch sprechen!)

Die Fraktion AfD? Herr Kollege Urban, bitte.

Jörg Urban, AfD: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! CDU und SPD haben heute eine Debatte zur Braunkohle als Brückentechnologie und zur Verurteilung der Gewaltdemonstrationen eingebracht. Aber sind es nicht auch CDU und SPD, die die Vision einer Klimaapokalypse durch CO2 ins Leben gerufen haben und aufrechterhalten? Sind es nicht CDU und SPD auf Bundesebene, die losgelöst von allen unseren europäischen und internationalen Partnern CO2- Einsparziele formulieren, die mit einer Verstromung von Kohle überhaupt nicht vereinbar sind? 50 % CO2-Ausstoßminimierung bis 2030, 90 % Einsparung bis 2050 – keiner unserer europäischen Partner möchte diesen Weg gehen. Sind es nicht auch die CDU und die SPD in Sachsen, die diese internationalen Alleingänge unserer Bundesregierung jetzt in das sächsische Energie- und Klimaprogramm schreiben wollen? Ist es nicht Frau Merkel von der CDU, die eine „globale Dekarbonisierung“ fordert oder ein „kohlenstofffreies Wirtschaften“, wie letztens auf dem 6. Petersberger Klimagipfel in Berlin oder auch im Vorfeld der Verhandlungen in Paris? Ist es denn keine Hysterie, wenn die Bundesregierung jetzt ein Programm auflegt, bei dem CO2 beim Schulessen gespart werden soll – in der gleichen Zeit, in der weltweit neue Kohlekraftwerke entstehen und ans Netz gehen? Genauso, wie die GRÜNEN in den 1980er-Jahren den Popanz vom deutschen Waldsterben vor sich hertrugen, um sich als Weltretter zu profilieren, so tragen sie heute den Popanz von der CO2-Klimakatastrophe vor sich her, um die Weltretter zu sein.

(Beifall bei der AfD – Dr. Frauke Petry, AfD: Genau! – Zuruf des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ich möchte jetzt nicht auf die Verantwortung von GRÜNEN und LINKEN eingehen, die undemokratische Gewalt verherrlichen, indem sie sagen: Alles richtig gemacht! Nein, die Regierungsparteien CDU und SPD sind selbst die treibenden Kräfte der deutschen Klimahysterie, und sie sind gleichzeitig gegen einen schnellen Ausstieg aus der Kohle und müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie nicht eine Mitverantwortung tragen, (Dr. Frauke Petry, AfD: Genau!) wenn am Ende verwirrte junge Menschen denken, sie müssten – zur Not auch gewaltsam und kriminell – die Erde vor dem drohenden Klimatod retten, den Sie an die Wand malen. Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Dr. Frauke Petry, AfD: Genau!)

Präsident Dr. Matthias Rößler: Das war ein Redebeitrag der Fraktion AfD. Ich sehe aus den Fraktionen heraus keinen Redebedarf mehr. Jetzt kann die Staatsregierung das Wort ergreifen. Es spricht Herr Staatsminister Dulig.

Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr: Ich gebe offen zu, dass ich von der Debatte etwas peinlich berührt bin; denn das war keine Sternstunde des Parlamentarismus.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich bitte auch darum, dass kein Beifall gegeben wird, weil ich Angst habe, dass die Falschen klatschen.

(Zuruf des Abg. Enrico Stange, DIE LINKE)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Pfingstwochenende hat niemand in der Lausitz gewonnen. An diesem Pfingstwochenende wurde es in der Lausitz nicht richtig gemacht. An dem Pfingstwochenende sind die Gräben eher größer geworden, als dass sie kleiner geworden wären. Das Pfingstwochenende hat denjenigen einen Bärendienst erwiesen, die etwas erreichen wollten.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will jetzt mit Ihnen keine energiepolitische Diskussion führen, auch wenn Sie diese gerne führen möchten.

(Dr. Frauke Petry, AfD: Nein, das glaube ich!)

Es geht um die Frage, ob der Zweck die Mittel heiligt. Ich sage jetzt ganz bewusst etwas, das vielleicht einige irritieren und manche wundern wird: Ja, ich finde es richtig, dass Menschen auch für den Braunkohleausstieg demonstrieren. Ja, ich finde es richtig, dass Menschen sich Gedanken machen und für andere Lösungen demonstrieren. Es ist das Wesen von Demokratie, sich für die Zukunft einzusetzen, zu interessieren und um Lösungen zu streiten. Deshalb ist es grundsätzlich richtig, dass Menschen friedlichen Protest auf die Straße bringen, selbst bei Themen, bei denen ich eine andere Meinung habe. Aber das ist das Wesen von Demokratie.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU und den LINKEN)

Selbst zu der Frage – die immer so als Argument gebracht wird –, inwieweit das ziviler Ungehorsam ist, sage ich: Okay, ziviler Ungehorsam bedeutet, dass bitte jeder seiner Verantwortung gerecht wird, wenn er einen solchen Schritt geht. Er muss zu seiner Verantwortung stehen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Aber dann ist auch klar, dass man, wenn man Regeln nicht einhält und Grenzen überschreitet, mit den Konsequenzen zu tun hat. Es muss auch klar sein: Das ist nicht beliebig. Ich möchte, dass wir hier klare Grenzen ziehen zu dem, was in keiner Weise tolerierbar ist. Ich möchte, dass wir Grenzen ziehen und uns nicht nur allgemein hinter der Aussage verstecken: Dann muss das Gericht klären, ob es tolerierbar ist oder nicht. Nein, ich möchte von Ihnen eine klare Haltung haben, wo die Grenze ist. Die Gewalt, die an jenem Wochenende ausgeübt wurde, ist eine Grenzüberschreitung, die den friedlichen Protest von Tausenden delegitimiert hat.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Nein, der Zweck heiligt nicht alle Mittel.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Patrick Schreiber, CDU)

Viele, die sich für einen schnelleren Braunkohleausstieg ausgesprochen haben, sind selbst verunsichert, weil sie selbstverständlich nicht in Mitleidenschaft gezogen werden wollen durch diejenigen, die mit völlig falschen Mitteln, mit Gewalt, mit Sachzerstörung vorgehen und in Kauf nehmen, dass Leib und Leben gefährdet wird. Dementsprechend wird eine ganze Bewegung kaputt gemacht. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich davon klarer abgrenzen. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich an Ihren Brandenburger Kollegen ein Beispiel genommen hätten. Die haben nämlich verstanden, dass die eigentlichen Interessen, die an diesem Wochenende formuliert worden sind, im Ergebnis nicht erreicht wurden. Ganz im Gegenteil: Die Ereignisse des Wochenendes haben das Gegenteil erreicht. Das hätte ich gern auch von Ihnen gehört; denn diese Differenzierung würde Ihnen selbst in der Argumentation bei der Durchsetzung Ihrer Ziele mehr helfen. Das haben Sie heute eindeutig versäumt, und diesen Vorwurf muss ich Ihnen in der Debatte machen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wenn ich höre, wie sich die Organisatoren des Bündnisses „Ende Gelände“ jetzt hinstellen und sagen, es mag nicht legal sein, aber es ist legitim, weil sie die Legitimität aus den Pariser Beschlüssen hervorrufen, dann ist auch das eine interessante Debatte. Denn: Ab wann wird es Selbstjustiz? Ab wann ist es die Frage, dass demokratische Prinzipien tatsächlich unterhöhlt werden sollen? Wir sind hier Vertreter der parlamentarischen Demokratie, und wir sollten selbst dazu beitragen, diese zu stärken und nicht zu unterhöhlen. Selbstjustiz ist kein Mittel in einer Demokratie!

(Beifall bei der SPD, der CDU und den GRÜNEN)

Es geht um den Prozess. Es geht nicht um Ja oder Nein, auch wenn die Gräben jetzt so tief geworden sind, dass Sie immer nur die Frage nach Ja oder Nein stellen wollen. Es geht um den Prozess, wie wir einen Strukturwandel, eine Energiewende so organisieren können, dass die Interessen unter einen Hut gebracht werden können. Es geht darum, dass eine Balance zwischen bezahlbarer Energie, den Arbeitsplätzen, die daran hängen, und den Interessen einer ganzen Region hergestellt wird. Das ist das Interesse, das wir in der Politik haben, und diese Verantwortung haben wir. Diesen Prozess müssen wir gestalten. Sie haben vielleicht andere Lösungsansätze. Dann streiten Sie um Mehrheiten vor Ort und in den Parlamenten. Wenn ich die Pressemitteilung der GRÜNEN „Die Menschen in der Lausitz wollen …“ lese – diesen Verallgemeinerungsanspruch, den Sie vor sich hertragen –, dann sage ich: Das teile ich nicht.

(Zurufe der Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE, und Rico Gebhardt, DIE LINKE)

Denn ansonsten hätten wir ja andere Mehrheitsverhältnisse oder Wahlergebnisse in der Region. Lassen Sie uns von daher den Prozess vernünftig organisieren und im positiven Sinne streiten. Gewalt gehört nicht dazu.

(Beifall des Abg. Valentin Lippmann, GRÜNE)

Ein Aspekt, der schon angesprochen wurde, hat mich persönlich so aufgeregt, dass ich ihn wiederholen will. Auch hier gilt wieder: Der Zweck heiligt alle Mittel – nein. Wenn man alle jene, die für Braunkohle sind, undifferenziert in die Neonazi-Ecke stellt, dann macht man genau das Gleiche, was man selbst jahrelang bekämpft hat, nämlich eine Relativierung.

(Ach! von der AfD)

Das ist eine Relativierung, die wirklich gefährlich ist. Die Aussage Ihres Landessprechers „Was euch mit Neonazis eint, mit denen ihr gestern friedliche Demonstranten angegriffen habt: Ihr seid Ewiggestrige“, diese Gleichsetzung, die in der Pressemitteilung wiederholt wurde, verhindert genau die Auseinandersetzung.

(Valentin Lippmann, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Und sie relativiert, wenn alle, die dort mit hineingerutscht sind, gleich Neonazis sind und keine Differenzierung bei den Protestformen gemacht wird. Ich finde die Pressemitteilung Ihres Landessprechers schon sehr bemerkenswert. Aber Sie haben ja nun gesagt, Sie werden sich innerparteilich auseinandersetzen. Das hoffe ich auch, weil Sie damit – um es noch einmal deutlich zu sagen – der Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsextremismus einen Bärendienst erwiesen haben. Präsident Dr. Matthias Rößler: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Staatsminister? Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr: Ja. Präsident Dr. Matthias Rößler: Bitte, Herr Lippmann. Valentin Lippmann, GRÜNE: Herr Staatsminister, ich nehme das so zur Kenntnis. Dazu hat Herr Lippold vorhin etwas gesagt, wozu ich auch stehe. Ich möchte Sie allerdings fragen: Ist Ihnen bekannt, dass a) der gegenständliche Tweet, um den es hier geht, relativ schnell gelöscht wurde und dass b) Herr Kasek sich gegenüber der IG BCE dafür entschuldigt hat? Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr: Das Problem war: Er hat den zwar Tweet gelöscht, ihn aber in der Pressemitteilung wiederholt. Dadurch hat das nicht nur die Öffentlichkeit erreicht, die einen Tweet gelesen hat, sondern es war die offizielle Pressemitteilung des Landessprechers der GRÜNEN. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie uns über den Strukturwandel in der Lausitz positiv streiten, aber mit guten Ergebnissen; denn die Leute in der Lausitz haben den Strukturwandel 25 Jahre lang auf dem Buckel. Sie haben ihn durch die Deindustrialisierung erlebt und mit Arbeitslosigkeit zuhauf bezahlt. Von daher reicht ihnen auch nicht die einfache Antwort aus, wenn keine Braunkohle mehr produziert wird, dann sei das der Strukturwandel. Es ist zynisch, Ihnen das als Antwort zu geben. Aber es ist unsere Verantwortung, diesen Prozess ordentlich zu organisieren. Wir haben Verantwortung für die Menschen in der Region. Wir haben Verantwortung dafür, dass unser Land auch in Zukunft ein erfolgreiches Land sein wird. Dazu gehört eine vernünftige Energiepolitik und eine vernünftige Strukturpolitik, aber dazu gehört in keiner Weise Gewalt. Vielen Dank. (Beifall bei der SPD und der CDU) Präsident Dr. Matthias Rößler: Herr Staatsminister Dulig sprach für die Staatsregierung. Da ich keinen weiteren Redebedarf feststellen kann, sind wir am Ende der 1. Aktuellen Debatte angekommen.

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