Strukturwandel ist mehr als Straßenbau – Kunst und Kultur in der Lausitz stärken!

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Zu einem Antrag der CDU- und SPD-Fraktionen zum Strukturwandel in der Lausitz (Drucksache 6/14436), der sich vor allem auf die Forderung nach neuen Straßenbauprojekten beschränkt, entgegene ich in meiner Rede mit einer LINKEN Vorstellung eines erfolgreichen Strukturwandels:

Marco Böhme, DIE LINKE: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich zunächst, dass unser Änderungsantrag mehr oder weniger übernommen wurde, um überhaupt zu erklären, an wen sich dieser Antrag richtet, nämlich an die Sächsische Staatsregierung, die handeln soll.

Ich habe vorhin gehört, dass über diesen Änderungsantrag gesagt wurde, er sei Kickifax, weil doch klar sei, an wen er sich richtet, nämlich an die Staatsregierung.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Ach ja!)

Darauf kann ich nur antworten:

(Frank Heidan, CDU: Beruhigen Sie sich einmal –meine Herren!)

–Sie scheint das sehr zu betreffen, dass Sie da nicht aufmerksam waren.

(Frank Heidan, CDU: Das geht alles von Ihrer Redezeit ab!)

–Ich habe genügend Redezeit.

Jeder weiß ja, könnte ich jetzt darauf antworten, dass Sie nur Anträge stellen, wenn es vorher mit Ihrer Staatsregierung abgesprochen wurde. Eine wirkliche Aufforderung ist das nicht.

(Carsten Hütter, AfD: Das liegt in der Natur der Dinge!)

–Das könnte aber auch anders sein. Das ist ein Problem in dem Parlament, dass es nur Anträge der Mehrheit gibt, wenn es vorher die Absegnung des Ministeriums gab.

(Frank Heidan, CDU: Können Sie mal zur Sache, zum Antrag sprechen!)

Das ist ein Problem, aber sei es drum.

Wir hatten selbst vor, ÖPNV-Maßnahmen in den Änderungsantrag aufzunehmen. Aber es macht keinen Sinn, Änderungsanträge zu stellen, weil sie von vornherein komplett abgeschmettert werden. Ich könnte das CDU-Wahlprogramm beantragen, und Sie würden es ablehnen.

(Dr. Stephan Meyer, CDU: Da bin ich skeptisch!)

Das ist ein Problem in dieser Demokratie. Aber genug dazu.

Ein Strukturwandel –darum geht es in diesem Antrag –verlangt mehr als Infrastruktur und vor allem mehr als nur Straßen. Aber natürlich gibt es gerade in der Lausitz ein massives Problem. Durch die Zersiedlung und die weiten Entfernungen, die auch durch die Tagebaue und Seen entstanden sind, braucht man eine sehr gute Straßenanbindung, die besonders wichtig ist. Damit kann es aber nicht enden.

Herr Baum, ich nehme an, dass der Antrag auch von Ihnen kommt. Sie waren auch in der ÖPNV-Strategiekommission. Da frage ich mich schon, warum Sie nur so oberflächlich in Punkt I.1 fordern, über alle in der Vergangenheit realisierten Straßenbauprojekte informiert zu werden. Warum denn nicht auch, wie es jetzt auch die GRÜNEN fordern, über die Verkehrsprojekte Bus, Bahn und Schienenlinien?

(Carsten Hütter, AfD: Und den Schiffsverkehr. Der Schiffsverkehr ist ganz wichtig!)

Warum fehlt das? Mir ist vollkommen unklar, warum Sie das nicht interessiert.

Das betrifft auch Ihr Anliegen in Punkt II, in dem Sie die Fahrzeiten nur für den PKW reduzieren wollen, als ob es in der Lausitz nur Menschen gibt, die ein Auto haben. Das ist doch absurd. Wenn man böswillig ist, könnte man daraus schließen, dass Ihnen die Konkurrenzfähigkeit des ÖPNV völlig egal ist.

(Thomas Baum, SPD: Das wollen wir doch!)

–Dann schreiben Sie es doch in den Antrag hinein. Das haben Sie vorher nicht gemacht.

(Zuruf des Abg. Thomas Baum, SPD)

Ihr Antrag heißt „Strukturwandel unterstützen“. Da gibt es noch viel mehr Dinge, die für einen funktionierenden Strukturwandel wichtig sind, damit dieser gelingen kann. Neben dem Verkehr geht es zum Beispiel um Industriepolitik. Wenn Sie den Menschen weiter vorgaukeln oder vorlügen, wie das Herr Heidan zum Beispiel macht, dass auch nach 2050 noch lange in dem Revier die Kohle abgebaut wird, dann lähmt das eine Region. Es verhindert Innovation und die Ansiedlung von Industriezweigen, die attraktive Standorte und Arbeitnehmer suchen.

Ein Strukturwandel braucht auch Geld. Wir schlagen dazu die vier Säulen vor, die auch die Agora Energiewende vorschlägt.

Die eine Säule ist, für Forschung und Hochschulen mehr Geld auszugeben und speziell in diese Region zu investieren, und zwar für schwerpunktmäßige Arbeit in der Lausitz.

Eine zweite Säule betrifft die Infrastruktur. Für den Straßenbereich haben wir das jetzt von Ihnen bekommen. Das betrifft aber auch alle anderen Mobilitätsarten.

Eine dritte Säule ist die Wirtschaft mit Sonderfördertöpfen und Arbeitsfinanzierungsmaßnahmen in den unzähligen Bereichen, in denen dringend Menschen gebraucht werden, beispielsweise im Umweltschutz, in den Schulen, in Sozialdiensten usw.

Die vierte Säule ist eigentlich die wichtigste und wird immer bei den Strukturwandeldiskussionen vergessen. Das ist die Zivilgesellschaft, die ein Anker für die Menschen in der Region ist. Es geht um Kunst und Kultur, aber nicht nur um Hochkultur, sondern auch um die vielen Menschen, die sich dort engagieren, um die freie Szene und um andere Initiativen, die sich in der Region einsetzen. Diese brauchen Unterstützung.

All das wäre mit dem Thema Strukturwandel in Verbindung zu bringen. Aber mit einem einfachen Antrag, den Sie hier niederschreiben, gelingt das nicht. Dafür brauchen wir ein Gesetz. Am Anfang der Legislatur hatten wir übrigens ein solches Gesetz vorgelegt. Das wurde von Ihnen abgelehnt. Deswegen können wir uns bei diesem doch sehr dünnen Antrag, in dem es um einzelne Straßenbauprojekte geht, was Sie als Strukturwandel bezeichnen, leider nur enthalten.

(Beifall bei den LINKEN und den GRÜNEN)

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