Zu meiner Kandidatur für den Fraktionsvorsitz

Am Dienstag den 16.11.21 wählt die Linksfraktion Sachsen einen neuen Fraktionsvorstand. Dazu habe ich auf dem am Wochenende stattfindenden Landesparteitag folgendes erklärt:

 

Lieber Rico,

Liebe Genoss*innen,

zunächst möchte ich dem neu gewählten Landesvorstand herzlich beglückwünschen und diesem alles Gute, viel Kraft und eine gute Zusammenarbeit auch mit unserer Landtagsfraktion wünschen!

Die anstehenden Kommunalwahlen sind die nächsten großen Herausforderungen, die auf uns alle zu kommt. Dann noch die Europawahl und letztlich dann die Landtagswahlen 2024.

Ich finde: Wir müssen davor keine Angst haben – wir müssen uns auch nicht verstecken. Und auf die Fraktion bezogen hat Rico ja nun sehr ausführlich dargestellt, dass wir uns als Landtagsfraktion zumindest was den Fleiß angeht, uns auch nicht verstecken müssen. Wir produzieren heute mit weniger Abgeordneten mehr Anträge und pro Kopf mehr Kleine Anfragen, als in der alten, fast doppelt so großen Fraktion. Wir haben es auch sehr gut drauf, auf den Schwachsinn der AfD zu reagieren – und decken auch immer wieder Ungereimtheiten der Kenia-Koalition auf. Also im Reagieren auf Andere sind wir meiner Meinung sehr gut.

Doch was ist eigentlich mit dem Agenda-Setting und öffentlichen Wirken unserer eigenen Themen? Da finde ich, läuft es im Großen und Ganzen nicht so rund. Wir können es uns nicht leisten, einfach so weiterzumachen wie vor der Landtagswahl, wir müssen unsere Potenziale heben! Ich finde, wir müssen in der Fraktion – die über enorme finanzielle wie auch personelle Ressourcen verfügt – besser werden: mehr Output erzeugen, mehr gesellschaftliche Debatten anstoßen, mehr in die Offensive gehen, mehr Wadenbeißen, lauter werden und auch mal über die Stränge schlagen. Das sind wir – als hochbezahlte Abgeordnete – mit einem riesigen Mitarbeiter*innenstab, den vielen Ehrenamtlichen in unserer Partei schuldig! Liebe Fraktionskolleginnen und Kollegen!

Denn genau das erwarten diese auch von uns. Ich habe daher meiner Fraktion ein 25-seitiges Papier vorgelegt, wo ich – auch mit kontroversen strukturellen, wie auch inhaltlichen Fragestellungen und konkreten Vorschlägen – dem neuen Fraktionsvorstand, auffordere, unsere eigenen Strukturen zu hinterfragen und vor allem zusammen mit der Partei, einen Fahrplan zu entwickeln, wohin die gemeinsame Reise gehen soll.

Ich möchte auch professionelle Hilfe von außen dazu holen. Neben unserer Stiftung oder dem Kommunalpolitischen Forum, auch befreundete Vereine und Agenturen, die uns von außen betrachten und uns den Spiegel vorhalten. Zum Beispiel zum öffentlichen Wirken, zur zukünftigen zentralen Themensetzung, zu möglichen kontroversen Forderungen, die uns wieder mehr ins Gespräch bringen und wie wir wieder besser mit den außerparlamentarischen Bündnissen als Fraktion zusammenarbeiten können.

Dazu schlage ich vor, dass wir endlich mal versuchen, mit einem noch gemeinsam zu findenden Schwerpunktthema (zum Beispiel eine staatliche Industriepolitik mit einer eigenen Landesverkehrsgesellschaft, die den Strukturwandel und die Daseinsvorsorge selbst in die Hand nimmt), die nächsten Monate und Jahre, dieses Parlament zu bespielen.

Aber: Auch das beste Auftreten unserer Landtagsfraktion oder die coolsten Aktionen unserer Partei, werden nicht viel helfen, wenn wir es nicht endlich schaffen, uns bundespolitisch zusammen zu reißen und die ewige Unentschlossenheit unserer Bundestagsfraktion und Bundespartei zu von den mir gestern genannten Themen zu überwinden – und endlich mal klare Entscheidungen zu treffen und offensiv nach außen mit einem klaren Profil zu agieren!

Und auch ein bloßes Austauschen unserer Führungsköpfe in der Landtagsfraktion, wird nicht automatisch dazu führen, dass wir plötzlich überall in den Medien positiv wahrgenommen werden und einen Aufbruch verkörpern.

Denn wir bleiben ja letztlich die gleichen 14 Leute in der Fraktion – und auch unser Platz als kleinste Oppositionsfraktion wird sich die kommenden 3 Jahre nicht ändern.

Und dann sagen viele: Dass wir spätestens 2024 mit neuen Köpfen auftreten müssen – und mit neuen Konzepten. Ich sage dazu: Ja, dass sollte spätestens dann der Fall sein. Und ich sagte gerade, dass ein bloßes austauschen der Führungsköpfe nicht automatisch zu einem dynamischeren Auftreten führt.

Aber: Es kann eine Voraussetzung dafür sein, einen neuen Schwung, einen Aufbruch, eine neue Agenda und ein verbessertes öffentliches Wirken zu erzeugen. Und das gemeinsam mit der Partei.

Ich denke: Nur so haben wir eine Chance. Wir müssen damit jetzt und nicht erst ein Jahr vor der Landtagswahl beginnen. Auch deswegen werde ich am Dienstag meiner Fraktion zur Verfügung stehen, wenn wir einen neuen Fraktionsvorstand wählen.

Und zwar nicht, weil ich finde, dass Rico einen schlechten Job gemacht hat. Im Gegenteil! Ich finde Rico hat es 2012 geschafft, aus einer doch eher zerstrittenen Landtagsfraktion eine Einheit zu bilden, die gemeinsam kämpft und gemeinsam agiert. Das war auch bitter nötig. Und dafür möchte ich dir Rico auch ausdrücklich danken! Ich finde aber trotzdem, dass uns ein Aufbruch nach außen (und wir wieder als die soziale Stimme bei den Menschen wahrgenommen werden) und nach Innen, nur gelingen kann, wenn wir nicht auch neue Wege ausprobieren – und das auch mit neuen Köpfen. Das Ganze aber gemeinsam und nicht im Streit. Daher ist meine Kandidatur auch als Angebot zu begreifen – und nicht als Kampfkandidatur, Liebe Genoss*innen.

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